Es ist zum Verzweifeln, wie hilflos dieses Europa und Deutschland geworden sind
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
nein, es ist kein guter Morgen. Was gestern in Belarus durch den Diktator Alexander Lukaschenko angeordnet und exekutiert wurde, ist in Europa beispiellos. Ein Passagierflugzeug Boeing 737 der Ryanair wurde von einem MIG 29-Kampfflugzeug unter Drohung, das Zivilflugzeug andernfalls abzuschießen, zur Landung in Minsk gezwungen. Angeblich habe gegen die Ryanair-Maschine eine „Sicherheitsbedrohung“ bestanden.
Nach der erzwungenen Landung wurde einer der Passagiere – der Journalist und Blogger Roman Protassewitsch – auf dem Flughafen festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht worden. Protassewitsch gehört zu den bekanntesten Oppositionellen in Weißrussland. Ebenfalls festgenommen wurde dann noch eine weitere „Aktivistin“, eine russische Staatsbürgerin.
Es sei „absolut inakzeptabel, den Ryanair-Flug von Athen nach Vilnius zu zwingen, in Minsk zu landen“, schrieb EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf Twitter. Lukaschenkos Vorgehen müsse Konsequenzen haben. Ebenso äußerte sich Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Abend.
Was für Konsequenzen, das sagten sie nicht. Aber wir alle wissen, wie es jetzt weitergeht. Protassewitsch sitzt jetzt in irgendeiner düsteren Zelle, wahrscheinlich wird er „verhört“. Schlagen sie ihn? Foltern sie ihn? Absolut möglich, wer verfolgt hat, wie Lukaschenko nach seiner demokratischen Abwahl die Opposition unter Druck gesetzt und den demokratischen Protest auf den Straßen gnadenlos hat niederknüppeln lassen, der weiß, was für ein Regime das ist.
Sie werden jetzt Sanktionen beschließen, irgendwas belangloses, ein Exportverbot für Nutella nach Belarus oder sowas. Und drei, vier Buddies von Lukaschenko dürfen demnächst nicht mehr in die EU einreisen. Geschenkt! Koks und Nutten bekommt man auch dort, Bankkonten haben sie in Panama, die kommen schon zurecht. Protassewitsch hilft das nicht, und internationales Recht wird nicht durchzusetzen sein, weil Lukaschenko einen mächtigen Kumpel in der Nachbarschaft hat: Russlands Präsident Wladimir Putin.
Nach der Wahlniederlage und der gewaltsamen Machtergreifung Lukaschenkos, gratulierte der Kremlchef artig. Der Pate aus Minsk würdigte Russland als sein „Bruderland“. Und während Hunderttausende in Minsk und im ganzen Land auf den Straßen demonstrierten, berichteten russische Staatsmedien allen Ernstes über einen „überzeugenden Wahlsieg“ Lukaschenkos. Man kann sich seine Freunde nicht aussuchen, wenn sonst kaum einer mit einem spielen will. Und – sie erinnern sich – Nawalny wird in einem russischen Straflager gefangen gehalten, nachdem man vorher versucht hatte, den wichtigsten Oppositionellen Russlands mit einem Nervengift zu töten. Von der Krim und dem anhaltenden Krieg im Osten der Ukraine will ich gar nicht anfangen.
Die EU, der Westen, wir sind zahnlose Tiger geworden. Genauso wie Nord Stream 2 fertig gebaut wird, wird es auch für Belarus keine ernsthaften Konsequenzen geben. Dabei hätten wir viele Möglichkeiten, als erstes noch in dieser Nacht sämtlichen Flugverkehr in Lukaschenkos Staatsgefängnis auszusetzen. Morgen dann alle Handelsbeziehungen abzubrechen mit einem Ultimatum für die Freilassung des unversehrten Bloggers. Ich würde auch ein paar Computerviren als Liebesgrüße aus dem Westen schicken, aber nur, weil ich ja sowieso Rechtspopulist bin. Frau von der Leyen wird eher einen Krisenstab in Brüssel einberufen, paritätisch besetzt mit Mann und Frau, und die entscheidende Stimme bekommt ein Transgender. Das ist wichtiger in diesen Kreisen als das Schicksal von Roman Protassewitsch. So wie Frau von der Leyen als Verteidigungsministerion in Deutschland Kampfanzüge für schwangere Soldatinnen und Schminktische anschaffen ließ, aber Kampfflugzeuge nicht abheben und U-Boote der Marine nicht tauchen konnten.
Gestern haben wir die amateurhafte Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands in einem Beitrag kritisiert hier. Wie richtig diese Kritik ist, bekam die ganze Welt nur Stunden später vorgeführt. Wir sind zahnlose Tiger, unsere Staatschefs haben nicht den geringsten Plan, wie zu reagieren ist, wenn ein Lukaschenko solche ein Husarenstück durchzieht. Und Belarus ist ein kleiner Spieler. Was ist eigentlich, wenn es wirklich ernste Probleme mit China gibt? Und die werden kommen, das ist sicher. Und Herr Lukaschenko, der längst in Den Haag auf der Anklagebank sitzen sollte, zittert sicher schon vor dem Herbst, wenn Frau Weltenlenkerin Baerbock den Laden hier übernimmt. Es ist zum Verzweifeln.
Mit besten Grüßen,
Ihr Klaus Kelle
Neueste Früher Vogel
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