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„Tun Sie nicht so, als hätte das mit Ihnen nichts zu tun!“

Selenskyjs ernüchternde Bilanz nach 80 Jahren UN: „Nichts garantiert Sicherheit außer Waffen und Freunde.“

RED
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj vor der UN-Vollversammlung

Vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) in New York hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine bemerkenswerte Rede gehalten. 80 Jahre UN feiern sie in diesen Tagen, ein Staatenbund, der Lehren aus dem verheerenden Zweiten Weltkrieg ziehen und ein globales, verbindliches Völkerrecht, manifestieren sollte.

Und nach diesen 80 Jahren kommt Selenskyj, der den Freiheitskampf seines Volkes seit mehr als dreieinhalb Jahren anführt, zu dem ernüchternden Schluss, dass die UN-Charta eben heute keine Sicherheit mehr garantieren könne. Selenskyj weiter: „Nichts garantiert Sicherheit außer Waffen und Freunde.“

Im Vorfeld, nach dem starken Auftritt des US-Präsidenten Donald Trump vor der Generalversammlung, dessen Neupositionierung zum Ukraine-Krieg und  dessen Aussagen, dass Kiew zusammen mit den westlichen Partnern die russische Invasionsarmee militärisch aus der Ukraine vertreiben könne, war allgemein erwartet worden, Selenskyj werde erneut vom Schrecken des Krieges in seiner Heimat, von zerstörten Städten, Hunderttausenden Toten und Zehntausenden nach Russland verschleppten Kindern berichten. Doch der Präsident – im dunklen Anzug – entschied sich anders.

In einer regelbasierten Welt müssten Länder wie seins nicht zu den Waffen greifen und auf Hilfe anderer angewiesen sein sollen. Viele Staaten hätten gar keine andere Wahl, als ihr Know How und ihr Geld in Waffen zu investieren: „Waffen entscheiden, wer überlebt.“

Dabei bezog sich Selenskyj nicht nur auf die Erfahrungen des eigenen Staates, sondern nannte Israel und Gaza, Somalia und den Sudan, auch Afghanistan. Das internationale Recht kollabiere in unserer Zeit, so sein bitteres Fazit. Hinzu komme, dass destruktive Kräfte zunähmen. Selenskyj nannte in dem Zusammenhang die Schüsse auf Donald Trump im Präsidentschaftswahlkampf und das Attentat jüngst auf Charlie Kirk.

Der Präsident beschrieb, wie heute „billige Drohnen Todeszonen erschaffen“. Irgendwann in naher Zukunft würden solche Maschinen völlig autonom kämpfen, ohne dass es dafür noch Menschen brauche. Selenskyj: „Russland jetzt aufzuhalten, ist günstiger, als sich zu fragen, wer als erster eine Drohne mit Nuklearkapazitäten bauen wird.“

Auch die Ukraine entwickelt und baut inzwischen einen Großteil der von ihr benötigten Waffen selbst im eigenen Land – teils in Kooperation mit deutschen Rüstungsunternehmen. In manchen Sparten könne die Ukraine inzwischen Partnerländern ihre Erfahrungen und Entwicklungen anbieten: „Sie müssen dieses Wettrüsten nicht von Null beginnen“, sagt er und resümierte, wie viele Länder bei der Generalversammlung sich im Krieg befinden, aus einem Krieg kommen, versuchen, einen Krieg aufzuhalten oder sich offen auf einen Krieg vorbereiten. Selenskyj an die Staatsführer: „Sie alle können nicht mehr so tun, als habe das mit Ihnen nichts zu tun!“

Die Welt müsse neue Formen der globalen Zusammenarbeit finden und international verbindliche Regeln, die dann aber auch durchzusetzen sind.

 

 

 

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Klaus Kelle, Chefredakteur