Der ukrainische Angriff auf Putins „Residenz“ ist frei erfunden
Russische Behauptungen über einen „massiven ukrainischen Drohnenangriff auf die Privatresidenz von Wladimir Putin in der Region Nowgorod“ sind offenbar gezielt durch den Kreml in Umlauf gebrachte Falschmeldungen. Fake News.
91 Langstreckendrohnen sollen nach Aussage des russischen Außenministers Lawrow dabei tief in den russischen Luftraum eingedrungen sein, um das gesicherte Anwesen des Landes in Waldai anzugreifen. Doch in einer Zeit, in der fast jeder Bürger ein Smartphone besitzt und Satelliten im Minutentakt hochauflösende Bilder liefern, gibt es von diesem „Großangriff“ keine einzige Aufnahme.
Das renommierte Institute for the Study of War (ISW) kommt in seiner jüngsten Analyse zu einem vernichtenden Urteil. Es gebe keinerlei geolokalisierten Beweise für Flugabwehrmaßnahmen, Explosionen oder gar die typischen Rauchwolken, die nach einem Abschuss entstehen. Normalerweise prahlen russische Militärblogger auf Telegram mit Videos von brennenden Drohnenteilen – in diesem Fall herrscht in den sozialen Medien der Region Nowgorod jedoch gespenstische Stille.
Nicht nur das Fehlen visueller Beweise macht stutzig, auch die offizielle Kommunikation aus Moskau wirkt wie ein hastig zusammengeschustertes Drehbuch. Während Lawrow von über 90 Drohnen sprach, gab sein eigenes Verteidigungsministerium zeitgleich völlig andere Zahlen bekannt.
Noch auffälliger ist das Schweigen der lokalen Behörden. Wenn Trümmer von fast 100 Drohnen auf russisches Territorium stürzen, lassen sich Straßensperren, Feuerwehreinsätze und Warnungen an die Bevölkerung nicht vermeiden. Doch nichts dergleichen geschah. Die russische Flugabwehr müsste wahre Wunder vollbracht haben, um 91 Flugobjekte geräuschlos und spurlos „zu eliminieren“.
Dass dieser Vorfall ausgerechnet Ende Dezember 2025 konstruiert wird, ist sicher kein Zufall. Geopolitisch steht der Kreml unter Druck. In den USA bereitet sich das Team von Donald Trump auf eine neue diplomatische Offensive vor, und die Ukraine drängt auf echte Sicherheitsgarantien.
Indem Putin einen „Angriff auf sein Leben“ inszeniert, verfolgt er drei strategische Ziele. Moskau schafft sich eine moralische Rechtfertigung, um selbst Regierungsgebäude in Kiew anzugreifen oder die Intensität der Luftschläge gegen die ukrainische Infrastruktur massiv zu erhöhen. Wer behauptet, der Gegner wolle das Staatsoberhaupt ermorden, kann am nächsten Tag schwerlich am Verhandlungstisch Platz nehmen. Und: Das Narrativ des bedrohten Anführers soll die russische Bevölkerung hinter Putin vereinen, während die wirtschaftlichen Lasten des Krieges auch 2025 weiter steigen.
Sogar im Westen stößt die Kampagne inzwischen auf taube Ohren. Donald Trump, der für seinen direkten Draht zu Putin bekannt ist, äußerte sich ungewohnt skeptisch. Wenn selbst potenzielle Verbündete im Weißen Haus öffentlich anzweifeln, ob ein Angriff überhaupt stattgefunden hat, stößt die russische Propaganda-Maschine an ihre Grenzen. Präsident Wolodymyr Selenskyj brachte es auf den Punkt: Es ist die Verzweiflungstat eines Regimes, das keine militärischen Erfolge mehr vorzuweisen hat und sich daher in eine fiktive Opferrollen flüchtet.
Der „Angriff von Waldai“ wird als einer der plumpsten Versuche der psychologischen Kriegführung in die Geschichte des Ukraine-Konflikts eingehen. Er zeigt jedoch eine gefährliche Entwicklung: Wenn Fakten keine Rolle mehr spielen und selbst massive militärische Operationen frei erfunden werden, schwindet jede Basis für eine verlässliche Diplomatie.
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