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Heute wird er auf seinem Grundstück begraben

Au revoir, Alain!

FABIEN MAURICE
Der große französische Schauspieler Alain Delin ist tot

Die Welt sagt Au revoir zu Alain Delon. Seit der Todesnachricht vom vergangenen Sonntag erinnern internationale Zeitungen und Zeitschriften an die Filme, Frauen und Affären des großen französischen Mimen, der aus seiner Nähe zu rechten Politikern wie Jean-Marie und Marine Le Pen nie einen Hehl machte. Ebenso wenig aus seiner Ablehnung der „Ehe für alle“. Homosexualität deutete der Macho als etwas, das „gegen die Natur“ sei.

Seiner Verehrung scheinen diese Ansichten keinen Abbruch zu tun. Seit Tagen pilgern Menschen zu seinem Anwesen in der Gemeinde Douchy-Montcorbon bei Paris, um mit Blumenniederlegungen ihre Anteilnahme auszudrücken. Der Mann aus einfachen Verhältnissen, der nach der Scheidung seiner Eltern bei einer Ersatzmutter aufwuchs und als Jugendlicher von mehreren katholischen Internaten flog, danach Metzger und Soldat wurde, bis ihn das Schicksal vor die Kamera lenkte, berührt die Menschen, wie es nur Kulturikonen vermögen. Tief, sehr tief.

Ob Romy Schneider, Nathalie Delon, Mireille Darc – stets wusste man, mit wem er gerade liiert war. Seine frühen Filme („Nur die Sonne war Zeuge“, „Der eiskalte Engel“, „Der Swimmingpool“) behielten ihren Glanz und Kult-Status, als die weiteren Film-Produktionen seichter und austauschbar wurden.

Alain Delon war längst eine Marke seiner selbst geworden

Gefährlich. Eigenwillig. Ein Symbol für eine Zeit, als die französische Kultur noch ein Leuchten besaß.

Mochte das einst makellos schöne Gesicht Delons im Laufe des Alterungsprozesses auch immer zerknitterter werden, es gab seinem Charisma nur eine neue Nuance. Männlicher, verletzlicher wirkte er. Erfahrener, vielleicht auch geläutert. Ein alter, vitaler Mann, der seine Einsamkeit und andere Wunden mit großer Hundeliebe zu stillen versuchte. 35 Vierbeiner sollen auf seinem Anwesen beerdigt sein. Früh faszinierten ihn, dessen stechende Augen so viele Frauen in den Bann zogen, die Augen der Hunde. Es waren wohl Treue und Loyalität, die sich in diesen widerspiegeln können. Werte, die Delon – nachdem ihn seine Eltern verraten hatten – brauchte.

Bei einer französischen Fernsehsendung scheute er nicht davor zurück, sich eine himmlische Begegnung mit den Eltern auszumalen. Dabei stellte Delon Gott als denjenigen dar, der ihn kennt. Der weiß, wie sehr er sein Leben lang darunter gelitten hat, dass die Ehe auseinanderbrach und beide ohne ihn neue Leben begannen.

Man braucht kein abgeschlossenes Psychologie-Studium, um zu erkennen, dass aus dieser Einsamkeit Delons Stärke wuchs, aber auch sein Nähe-Distanz-Problem gegenüber Frauen, die ihn unbedingt lieben wollten. Die er liebte. Auf seine manchmal rücksichtslose, niemals eiskalte Art und Weise.

Der Tod Romy Schneiders beschäftigte Delon bis ans Ende. Immer wieder besuchte er ihr Grab. Der Brief, den er ihr schrieb, gehört zu den berührendsten Abschiedsbriefen zwischen Mann und Frau, weil es kein Abschied ist, sondern ein Ankommen im Wesentlichen. „Mein Püppchen, ich schau Dich immer wieder an, immer wieder. Ich will Dich mit meinen Blicken verschlingen und Dir immer wieder sagen, dass Du nie so schön und ruhig warst. Ruhe Dich aus. Ich bin da.“

Nun ist Delon selbst tot. Am Samstagnachmittag wird er auf seinem Grundstück beerdigt. Nur ein kleiner Kreis von rund 40 Personen wird dabei sein – darunter der emeritierte Bischof von Gap, Jean-Michel Di Falco (82). Es war Delons ausdrücklicher Wunsch, katholisch bestattet zu werden. In Nähe seiner Hunde wird man ihn in die Erde lassen, wie er es wollte.

Dass ausgerechnet er, der als Junge von einem katholischen Internat zum nächsten flog, sich auf seinem Anwesen eine Kapelle bauen ließ, ist ein schönes und stimmiges Bild von Reife. Vielleicht sogar Vollendung. Trotz all der Brüche und Ambivalenzen in Delons Leben.

Doch die gehören dazu, wenn man es ernst meint mit seiner Existenz, seiner Leidenschaft und seinen Visionen. Jenseits einer bürgerlichen Durchschnitts-Performance im Paragraphen-Takt.

„Das Leben reizt mich nicht mehr“, soll Delon am Ende gesagt haben. Von der „aktuellen Ära“ habe er genug. „Ich sehe ständig wirklich abscheuliche Kreaturen. Alles ist falsch, alles wird auf den Kopf gestellt.“ Er könne diese Welt verlassen, ohne darüber traurig zu sein.

Au revoir, Alain. Ruhe Dich aus. Vielleicht wartet im Himmel eine große Liebe auf Dich.

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Klaus Kelle, Chefredakteur