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Deshalb hatte Russland so viel Interesse an den Wahlen

Drehkreuz Schwarzes Meer: In Rumänien baut die NATO das neue Ramstein

KLAUS KELLE
Eine amerikanische F-22A Raptor wartet auf der Mihail Kogalniceanu Air Base,auf die Freigabe zum Start.

Die Mihail Kog’lniceanu Air Base ist ein rumänischer Luftwaffenstützpunkt in der Nähe von Constanț, mit einer Viertelmillion Einwohner die viertgrößte Stadt des Landes. Am Schwarzen Meer gelegen wird sie in den kommenden Jahren voraussichtlich die wichtigste Basis des westlichen Verteidigungsbündnisses NATO außerhalb der USA sein. Und schon heute sind dort US-Soldaten auf der Basis stationiert mit ihren unübersehbaren Black Hawk-Hubschraubern.

Amerikaner und andere westliche Ausbilder schulen hier jetzt schon rund um die Uhr Piloten für Kampfjets aus amerikanischer Produktion. Rumänische Jetpiloten ebenso wie einige aus anderen NATO-Staaten, aber insbesondere die Piloten der ukrainischen Luftwaffe für ihren realen Kriegseinsatz gegen die russischen Invasoren am Himmel über der Ukraine. Auf der Luftwaffenbasis Fetești gibt es inzwischen ein Trainingszentrum für F-16-Piloten.

Im vergangenen Jahr begannen die Modernisierungsarbeiten und der Ausbau des Areals. Wenn es 2040 komplett ist, soll die Mihail Kog’lniceanu Air Base größer und bedeutender für die NATO als der Stützpunkt Ramstein in Frankfurt/M. sein, der bisher noch die amerikanische Drehscheibe in Europa für Militäroperationen ist.

Der rumänische Flugplatz wurde bereits im April 1951 gegründet, ab 1960 waren hier russische MIG-17-Kampfflugzeuge, ab 1972 die legendären MIG-21 stationiert. Damals gehörte Rumänien zum Warschauer Pakt – sogar als Gründungsmitglied.

Doch mit dem Zusammenbruch des russisch-sowjetischen Imperiums endete diese Mitgliedschaft 1991, als der Warschauer Pakt aufgelöst wurde. Rumänien strebte danach wie die meisten Osteuropäer zügig in EU und NATO, bloß weg von Moskau. So weit wie irgend möglich. Im Jahr 2004 erfolgte die militärische, 2007 dann die wirtschaftliche Integration in den Westen.

Erstmals in den Blick einer interessierten Öffentlichkeit geriet das Flugfeld durch eine Indiskretion im Jahr 2005. Da veröffentlichten Medien in den USA, aber auch in Europa, Berichte über ein vom Schweizer Geheimdienst abgefangenes Fax vom damaligen ägyptischen Außenminister Ahmed Aboul Gheit aus Kairo an die ägyptische Botschaft in London. Darin informierte Gheit seinen Chefdiplomaten in Großbritannien über geheime CIA-Flugzeuge wie eine Gulfstream mit der Kennung N379P, mit der mindestens 23 irakische und afghanische Al Kaida-Verdächtige auf genau diese Militärbasis Mihail Kogà in Rumänien zum Zweck von Verhören gebracht worden seien. Ähnliche Geheimgefängnisse, die die Amerikaner „Black Sites“ nennen, würden auch in Polen, der Ukraine, im Kosovo, Mazedonien und Bulgarien betrieben – außerhalb der amerikanischen Jurisdiktion. Politisch gewollt im Kampf gegen den Terror, den die Bush-Regierung nach den mörderischen Anschlägen vom 11. September 2001 zu führen begonnen hatte.

Terrorverdächtige in orangefarbenen Overalls mit verbundenen Augen, Haft und zweifellos auch Foltermethoden, ohne Rechtsanwälte, ohne Rotes Kreuz.

An diesem Ost entsteht nun das größte NATO-Drehkreuz in Europa

Und es erklärt das enorme russische Interesse und Moskaus aktive Einflussnahme auf einen wichtigen Wahlprozess. Denn am 24. November 2024, als der erste Wahlgang der rumänischen Präsidentschaftswahl ausgezählt war, lag überraschend Călin Georgescu mit 23 Prozent der Stimmen in Führung, ein parteiloser Kandidat, den zuvor kaum jemand in Rumänien gekannt hatte. Nach einer umgehenden Untersuchung der Sicherheitsdienste annullierte das rumänische Verfassungsgericht „Curtea Constituțională a României“ den ersten Wahlgang komplett und ordnete eine neue Wahl an.

Vor dem ersten Wahlgang hätten urplötzlich Tausende vorher völlig inaktive TikTok-Konten begonnen, Georgescus Wahlaussagen zu verbreiten. Offenkundig wurden die Algorithmen von TikTok so geschaltet, dass der prorussische Kandidat, der versprach, er werde Rumänien aus der EU und der NATO herauslösen, bei der Verbreitung massiv bevorzugt wurde.

Der rumänische Auslandsnachrichtendienst (Serviciul de Informații Externe, SIE) kam zu dem Ergebnis, dass Rumänien Ziel eines „aggressiven russischen hybriden Angriffs“ geworden sei, einschließlich Cyberattacken, Hacks, Lecks und Sabotage.

Doch zurück zur Mihail-Kogălniceanu-Basis in Constanta

Anders als ursprünglich geplant, sollen zukünftig bis zu 20.000 NATO-Soldaten hier fest stationiert werden. Ursprünglich hatte man nur 10.000 vorgesehen. Die Basis spielt bereits jetzt eine wichtige Rolle bei der Logistik für die ukrainischen Streitkräfte. Raketen, Munition und Panzer sollen hier gelagert sein und von hier aus auf sicheren Routen ins Nachbarland geliefert werden.

Investitionen von etwa 2,5 Milliarden Euro spülen Geld der NATO ins Land, und für Rumänen in der Region wird es viele gutbezahlte Arbeitsplätz geben – eine Win-Win-Situation.

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Klaus Kelle, Chefredakteur