Skip to main content

Hauptstadt-Speed-Dating in Zeiten von Corona

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

heute muss ich früh raus – erster Termin in der Hauptstadt um 12 Uhr, das sind mit dem Auto locker fünf Stunden auf der A 2 unterwegs. Davor noch schnell ein Blick auf die Nachrichtenlage auf dem PC, vielleicht noch kurz TheGermanZ irgendwas aktualisieren, damit Sie später was zu lesen haben beim ersten Kaffee – der Kunde (Leser) ist immer König.

Auch in Coronazeiten gibt es Termine, die nicht oder nur schwer telefonisch oder per Videokonferenz abzuwickeln sind. Wenn es um Vertraulichkeit geht, zum Beispiel. Oder, wenn man schon mal da ist, etwas zu unterschreiben zum Beispiel. Ich hab getaktet nacheinander fünf Termine – alle 1:1, also streng nach Vorschrift. Alle geschäftlich natürlich. Und die Mund-Nasen-Masken haben wir ja alle sowieso immer griffbereit. Ob ich irgendwann an einer AB-Tankstelle noch einen quietschgelben Gummianzug wie in „Outbreak“ erwerben werde, entscheide ich situativ.

Ich habe einen Termin mit einem Abgeordneten, einen mit einem Diplomaten, zwei mit Journalistenkollegen und einen mit einer Moderatorin, die ich – gefühlt – seit 100 Jahren kenne, die aber höchstens 30 sein kann, so frisch sie immer aussieht und drauf ist. Das Treffen mit dem Diplomaten ist leicht, mit Maske komme ich in die Botschaft. Der Abgeordnete hat vorgeschlagen, dass wir im Regierungsviertel ein wenig herumschlendern, frische Luft, Corona und so…vielleicht will er auch nicht mit einem gefährlichen Rechtspopulisten in der Öffentlichkeit gesehen werden. Wer weiß? Einen Kollegen treffe ich privat in seinem Haus 1:1 – erlaubt. Sicher werden wir 1,50 Meter Abstand einhalten. Der andere druckst herum, weil sein großer Medienkonzern leider, leider, überhaupt keine Besucher ins Haus lässt in diesen Zeiten. Also werden wir ebenso draußen rumlaufen wie meine frühere Kollegin und ich. Wir haben einen Stadtbezirk ins Auge gefasst, telefonieren uns dann zusammen und irgendwo werden wir vor einem Hauseingang schon herumstehen und über TheGermanZ quatschen können. Hoffentlich regnet es nicht, sonst gehen wir halt in einen Laden und kaufen so lange Lebensmittel und Klopapier, bis es wieder aufhört zu regnen – nacheinander natürlich.

Wir ziehen das durch, Recht und Gesetz sind unsere Freunde. Vorgestern, so hörte ich, war in Barcelona ein Popkonzert mit 5.000 Teilnehmern, die mächtig abgefeiert haben – behördlich genehmigt unter Einhaltung von Hygieneregeln und Schnelltests. Scheint zu klappen. In Berlin einen einzigen Kollegen in seinem Büro zu besuchen und einen Kaffee bei ihm zu trinken, das ist zu gefährlich.

Ich erzähle Ihnen morgen, wie es war und was ich erlebt habe. So lange ich nicht festgenommen und eingesperrt werde, komme ich klar.

Einen schönen Tag Ihnen allen!

Klaus Kelle

Spendenaufruf

+++ Haben Sie Interesse an politischen Analysen wie diesen?
+++ Dann unterstützen Sie unsere Arbeit
+++ Mit einer Spende über PayPal@TheGermanZ
oder einer Überweisung auf unser Konto DE03 6849 2200 0002 1947 75 +++


Klaus Kelle, Chefredakteur