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Medien und Journalismus: Viele wollen nur noch das wissen, was ihnen in den Kram passt

KLAUS KELLE

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

„Warum veröffentlichen Sie einen Beitrag mit Aussagen vom Bundesgesundheitsministr Karl Lauterbach“, schrieb mir während der Corona-Zeit einmal eine empörte Leserin. Ich antwortete: „Weil er Bundesgesundheitsminister ist und etwas zur aktuellen Corona-Lage gesagt hat.“

Ich finde, die Bevölkerung, die das interessiert – also nahezu alle – sollten das lesen dürfen, unabhängig davon, ob Lauterbach auch Unsinn geredet und falsche Maßnahmen ergriffen hat. Ganz falsche sogar, und SPD-Politiker ist er auch noch.

Aber, liebe Freunde, das ist unser Job

Die Öffentlichkeit über das zu informieren, was passiert, das ist die wichtigste, ja vornehmste Aufgabe eines Journalisten wie mich. Und oft schüttele ich den Kopf, weil viele Menschen heutzutage gar nicht mehr unabhängig und unaufgeregt informiert werden wollen, sondern bloß noch in ihrer eigenen Gedankenwelt irgendwie bestätigt werden, oder meinetwegen in ihrer Politblase.

Anderes Beispiel: Matthias Moosdorf, Bundestagsabgeordneter der AfD

Dem wirft die Staatsanwaltschaft vor, im Juni 2023 einen Parteikollegen in einer Bundestagsgarderobe mit Hackenschlag und Hitlergruß begrüßt zu haben. Und nun ermittelt man gegen den sächsischen Cellisten wegen des Verwendens von „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“. Das Gesetz sieht für sowas immerhin eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Haft vor.

Zur ganzen Geschichte gehört aber auch, dass es lediglich eine einzige Person gibt, die den Vorwurf erhoben hat: eine ehemalige SPD-Abgeordnete, die bekanntermaßen alles irgendwie für Nazi hält, wo AfD draufsteht. Kann sie alles machen, auch wenn niemand sonst von den Anwesenden damals den Vorwurf gegen Moosdorf bestätigt hat. Keiner. Die Garderobenfrauen nicht, das Sicherheitspersonal nicht, Pförtner und Besucher des Bundestages auch nicht. Alles in allem soll etwa ein Dutzend Personen in unmittelbarer Nähe gewesen sein.

Aber es könnte natürlich trotzdem passiert sein, und wenn eine Anzeige erstattet wird, dann muss die Staatsanwaltschaft der Sache nachgehen und ermitteln. Das macht sie.

Meine Prognose: Das Ganze geht aus wie das Hornberger Schießen, heißt: das Verfahren wird früher oder später eingestellt. Kein Grund zur Aufregung, Rechtsstaat und so, gehen Sie bitte weiter!

Auf dem freien Portal TheGermanZ haben wir dazu eine Kurzmeldung gemacht. Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Moosdorf. Punkt. Das ist so wie: VW Käfer in den Straßengraben gerutscht oder Bayern gegen Mainz 2:2.

Sie glauben nicht, wie die blaue Empörungsblase abgeht, wenn sie einfach nur kurz eine kleine Tatsache melden.

„Wer es verbreitet ist ein niederträchtiger Mensch“, schreibt ein Thorsten. „Kurz vorher intonierte er das Horst-Wessel-Lied“, ätzt ein anderer. „Gegen die AfD darf das ja jeder“, regt sich Stefani auf und Thomas vermutet: „Die Panik der Allparteien-Partei und ihrer politmedialen Unterstützer muss gigantisch sein!“ Und Elke beweist Humor „Und dann hat er noch die Garderobenfrau geschwängert und den Reichsmarsch geträllert!“ Und ich selbst sei „zum Fremdschämdn“, kotzt einer rum, obwohl der Mini-Text gar nicht mal von mir stammt.

Das können sie alle machen, freies Land und so. Allzeit zum Sprung bereit, schimpfen über böse System- und Schreiberlinge, an jeder Ecke dunkle Umtriebe und böse Ränkespiele im Blick, regt euch auf. Aber es ist dennoch einfach nur Bullshit…

Vielleicht kennen Sie das schöne Kurzfilmchen aus einer Talkshow mit Mario Barth als Gast, wo er erzählte, er habe eine SMS bekommen von „Carsten“, dass sich das befreundete Paar getrennt habe. Das ist alles an Information, aber gleich geht es los… mit wilden Spekulationen: hat er sie betrogen, was passiert mit den Kindern, und wer bekommt jetzt das Haus?

Und bei jeder Frage antwortet Bart seelenruhig immer mit dem gleichen Satz: „Ich habe eine Mail bekommen, von Carsten…“

So ähnlich fühle ich mich ständig

Mein Job, den ich seit über 40 Jahren mache und immer noch liebe, ist es, die Wirklichkeit einfach abzubilden, so, wie sie einfach ist. Kommentare, Satire, das kommt alles später.

Damit Sie sich frei eine Meinung zu den Dingen bilden können. Das ist unser Job, sonst nichts. Wir sind, ich bin nicht die Volkshochschule und habe auch keinen Auftrag zur Volkserziehung.

Und es ist faszinierend zu sehen, wie viele von denen, die sich zurecht über den „Staatsfunk“ erregen, über betreutes Senden und das Dauer-Framing der meinungsführenden Medien, nun durch ihr eigene Verhalten, dieses geradezu einfordern.

Ich hatte vor einiger Zeit ein langes Gespräch mit meinem Freund und Kollegen Boris Reitschuster

Was das journalistische Ethos angeht, sind wir Brüder. Unsere Überzeugungen sind nicht käuflich. Wenn wir berichten, was ist, und es gefällt einigen nicht – dann sollen sie halt woanders lesen!

Glauben Sie mir, so eine Haltung ist nicht einfach, denn sie bedeutet auch immer wieder finanzielle Hängepartien. Aber schauen Sie sich als Beispiel nur an, wie viele Kollegen von einstmals alternativen Medien sich inzwischen ebenso angepasst und begonnen haben, sich ihrer Polit-Blase anzubiedern und genau das zu tun, was wir alle einst dem rotgrünen Mainstream vorgeworfen haben. Wie viele haben sich angepasst, schreiben ihren Lesern nach dem Mund, um bloß niemanden und vor allen Spenden zu verlieren.

Letztlich stellt sich dann irgendwann die Frage: Warum machen wir das alles noch?

Sollen sie sich halt Reichinnek-Videos auf TikTok reinziehen oder Partei-Postillen lesen. Dafür müssen sie auch nichts zahlen, und niemand schreibt etwas, was zwar wahr ist, aber was man gar nicht wissen will. Weil es ja so schön gemütlich ist, im eigenen Saft zu schmoren.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Klaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur