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Putin wird nichts von dem erreichen, was er sich vorgenommen hat

KLAUS KELLE
Deutsches Tornado-Kampfflugzeug auf der Basis in Jagel

„Die Wirtschaft wird militarisiert“, klagte gestern der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko gegenüber der Staatsagentur RIA Novosti. Und man „hört“ beim Lesen fast das Beben in seiner Stimme. Unglaublich, oder? Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, der nach seriösen Schätzungen bisher rund 700.000 Opfer – Ukrainer wie Russen – gekostet hat, warnt ein hoher russischer Politiker davor, dass sich die NATO-Länder darauf vorbereiten, wenn Präsident Wladimir Putin so etwas wie in der Ukraine noch einmal versuchen sollte. Und dass Gruschko vor einer Militarisierung der westlichen Wirtschaften warnt, ist schon unfreiwillig komisch, da Russlands Wirtschaft überhaupt nur noch durch die Produktion von Panzern und Flugzeugen funktioniert.

„Die NATO-Mitglieder haben aufgehört zu verheimlichen, dass sie sich auf einen möglichen bewaffneten Zusammenstoß mit Russland vorbereiten“, sagt der russische Außenminister gegenüber RIA. Und weiter:

 „Die Militärhaushalte werden aufgestockt und die Wirtschaft wird militarisiert.“

So werden – wieder einmal – die Fakten im Sinne des Kremls so zurechtgebogen, wie es den Herrschaften in Moskau gerade passt. Denn wir alle wissen, in welch schlechtem, ja katastrophalem Zustand unsere Bundeswehr vor dem Ukraine-Krieg gewesen ist. Niemand hat sich hierzulande ernsthaft vorstellen können, jemals wieder zum Zwecke der Landesverteidigung zu den Waffen eilen zu müssen.

Verteidigungsministerinnen, die in hochhackigen Schuhen die Truppen inspizierten, Seminare über Sexuelle Vielfalt in der Bundeswehr, und stornierte Einsätze in Afghanistan wegen fehlender TÜV-Plaketten dokumentierten das Versagen einer politischen Führungselite, die keinen Schimmer davon zu haben schien, was da draußen los ist auf der Welt.

Das ist nun vorbei, und es ist das einzige, was man konstruktiv aus Putins militärischen Wahnsinn ziehen kann: Der Westen hat seine Lektion gelernt. Und Deutschland auch, wenn man von Putins nützlichen Idioten bei Demonstrationen wie jüngst in Berlin mit  Frau Wagenknecht absieht.

Schweden und Finnland sind der NATO beigetreten, eine Reihe weiterer Staaten möchten ebenfalls zum transatlantischen Verteidigungsbündnis gehören. Länder wie Georgien und Moldau werden seit Monaten von russischen Maßnahmen der hybriden Kriegsführung überzogen. Und natürlich will die Ukraine nach dem Krieg als freies Land der NATO beitreten. Die hatte das 2008 noch abgelehnt, maßgeblich auf Drängen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), um Russland nicht das Gefühl einer Bedrohung zu geben. Die Ukraine und der Westen haben ihre Lektion nun noch einmal gelernt. Der neue NATO-Generalsekretär Mark Rutte sagte vergangene Woche bei seiner Amtseinführung in Brüssel: „Die Ukraine war einem NATO-Beitritt noch nie so nahe wie heute.“

Und wem hat sie das zu verdanken? Na klar, Wladimir Putin, der nichts von dem erreichen wird, was er sich vorgenommen hatte. Gar nichts.

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Klaus Kelle, Chefredakteur