Vom Hang zur Selbstzerstörung in den konservativen Milieus
von KLAUS KELLE
Was treibt bloß manche Leute in der AfD um? Ich meine, Deutschland erlebt in diesen Jahren eine gravierende Umwälzung des politischen Koordinatensystems. Erstmals gibt es eine realistische Perspektive für Konservative in Deutschland, sich eine neue politische Heimat aufzubauen. O.k., es gab in den 80er Jahren auch die Republikaner, die aber nicht wirklich vergleichbar sind, weil sie im Grunde eine One-Man-Show ohne wirklich professionelle Basis waren.
Die AfD ist breiter aufgestellt, eilt bisher von Wahlerfolg zu Wahlerfolg. Und sie hat eine Reihe respektbaler Persönlichkeiten in Führungsämtern.
Und dann geht es wieder los, dieser Hang zur Selbstzerstörung, der in den konservativen Milieus systemimmanent zu sein scheint. Bei dem dubiosen Herrn Gedeon, der aus was für Gründen auch immer in den Stuttgarter Landtag einziehen konnte, ohne dass irgendwo eine rote Lampe aufblinkte, dachten alle noch: der ist halt durchgerutscht. Solche Verschwörungstheoretiker muss eine Partei aufspüren und rausschmeißen. Nun, Herr Gedeon ist zwar nicht mehr in der Fraktion aber immer noch AfD-Mitglied. Erstaunlich für eine Partei, die zum Beispiel behauptet, man könne ruckzuck aus dem europäischen Währungssystem aussteigen. Das sei kein Problem, jedenfalls nicht so ein großes wie Herrn Höcke loszuwerden.
Dann Herr Höcke aus Thüringen mit seiner bemerkenswerten Dresdner Rede über das „Denkmal der Schande“ in Berlin. Oder Herrn Poggenburg, der sich um den „deutschen Volkskörper“ Sorgen macht. Und nun André Wendt, AfD-Abgeordneter im sächsischen Landtag. Der wollte allen Ernstes mittels Anfrage von der Landesregierung wissen, wie hoch die Kosten bei der „Sterilisation für minderjährige Flüchtlinge“ seien.
Man fragt sich unwillkührlich: Was sind das für Leute? Konservative bürgerlichen Zuschnitts sicher nicht. Die AfD lag in Umfragen zur Bundestagswahl schon bei 15 Prozent, inzwischen ist sie auf neun Prozent abgerutscht. Das hat Gründe.
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Klaus Kelle, Chefredakteur