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AfD-Abgeordneter Beckamp im Interview: „Wir müssen lernen, andere Meinungen zuzulassen“

Der AfDS-Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp stimmte dafür, Waffen an die von Russland angegriffene Ukraine zu liefern.

BERLIN – Die Energiepreise steigen, während der Krieg in der Ukraine kein Ende findet. Wir sprachen mit dem Bundestagsabgeordneten Roger Beckamp (AfD) über das Entlastungspaket, warum er, entgegen der Mehrheit seiner Fraktion, für das Liefern von Waffen gestimmt hat und weshalb er dennoch dafür ist, dass Deutschland Energie aus Russland bezieht.

49 Euro Ticket, Entlastung bei der Energie, Wohngeld soll erhöht werden und vieles mehr wird sich zum neuen Jahr ändern. Das Entlastungspaket der Bundesregierung klingt doch super! Was sagt die AfD dazu?

Das hört sich erst mal gut an, in der Tat. Wenn man den ganzen Zusammenhang betrachtet, muss man sich die Frage stellen, warum dieser Schritt überhaupt notwendig ist. Gerade im Bereich der Energie wurden die Menschen vorher aber belastet – und zwar nicht erst seit Februar 2022, sondern viel früher: Stichwort CO2-Bepreisung. Die Hälfte der Kosten auf Energie bestehen aus Abgaben und Netzentgelten. Alles Probleme, die die Regierung selbst erzeugt hat und nun mit Steuergeldern versucht zu lösen.

Und wie sieht es mit dem Wohngeld aus?

Grundsätzlich sinnvoll. Es werden nun zwei Millionen Haushalte entlastet, vorher waren es lediglich 700.000, die Wohngeld erhielten. 40 Millionen weitere Haushalte jedoch gucken in die Röhre. Es handelt sich hier um selbst geschaffene Probleme, leider. Abgesehen von der Gaspreisbremse werden diese nicht entlastet und bleiben auf den höheren Kosten sitzen.

Was wäre denn der Vorschlag der AfD, um diese 40 Millionen Haushalte zu entlasten?

Wir müssen auf die Energiequellen setzen, die vermeintlich günstig sind. Das ist Kohle, zumindest übergangsweise und natürlich Atomstrom. Das ist etwas, das alle anderen Länder auch tun, nur wir komischerweise nicht. Weiterhin müssen wir auf Gas setzen, auch aus Russland. Auch wenn man den Krieg verurteilt, kann man weiterhin das Gas bekommen, weil man nicht so schnell anderweitig ausweichen kann. Doch das dürfte sich nach dem Anschlag auf Nordstream 2 – von wem auch immer – erst einmal erledigt haben.

Gas trotz des Angiffskrieges? Wie stellen Sie sich das praktisch vor?

Ganz praktisch! Das Gas ist ja zunächst weitergeflossen, ebenfalls das Öl, das noch bis Januar 2023 nach Europa fließt. Selbst in der schärfsten Zeit des Kalten Krieges haben wir Gas aus der UDSSR bekommen. Solche Dinge funktionieren ganz gut, weil ja beide Seiten profitieren. Das hätte so weitergehen können, um zumindest einen gewissen Vorlauf zu haben, wenn man sich perspektivisch anders aufstellen möchte. Das war ein großer Fehler und deshalb zahlen wir jetzt wesentlich mehr.

Wie stehen Sie denn zum 49-Euro-Ticket? Gute Sache?

Am Ende ist es so: Irgendwo kommt das Geld her, und einer muss es bezahlen. Ich habe beispielsweise vom 9-Euro-Ticket auch profitiert, obwohl ich es als Bundestagsabgeordneter nicht wirklich benötige. Das Monatsticket in der Stadt, in der ich lebe, wurde automatisch günstiger: Wie schön! Bei einem 49-Euro-Ticket muss man abwägen. Vielleicht nutzen ja tatsächlich mehr Menschen den Öffentlichen Nahverkehr.

Den Preis finden ist die Schwierigkeit, da die 49 Euro kein Marktpreis sind, sondern ein relativ willkürlich von Politikern festgelegter Preis. Andererseits gibt es ja nicht nur die Bahn, sondern auch – Achtung, böses Wort – das Auto. Dann gibt es Flixbus, Mitfahrgelegenheiten, Car Sharing etc. Diese werden doch mit diesem Ticket ausgebremst. Oder?

Ja, es ist eine Marktverzerrung. Flixbus möchte ja unbedingt auch mit in das 49-Euro-Ticket, damit sie auch einen Anteil vom großen Kuchen bekommen, weil sie ja ansonsten aus dem Markt gedrängt werden können. Das ist unternehmerisch nachvollziehbar. Das Ticket ist politisch gewollt. Politisch ist oftmals nicht marktgerecht. Die Preise sind nicht mehr so, dass sie die Leistung abbilden. Daher muss ein anderer ran – ebenso wie bei der Gaspreisbremse, und das ist der Steuerzahler.

Kommen wir zum Thema Ukraine-Krieg. Sie sind einer von vier AfD-Bundestagsabgeordneten, die für die Lieferung von Waffen stimmten. Sitzen Sie jetzt am Katzentisch in der Fraktion?

In der Fraktion war es ein völlig fairer Umgang, was man bei einem so emotionalen Thema nicht unbedingt erwarten könnte. Ich habe aber sehr viele negative Bekundungen auf sozialen Medien erhalten. Meine Haltung dazu hat zu sehr viel Unmut geführt. Ich muss sagen, darüber wundere ich mich. Bei allen Gemeinsamkeiten in der Partei und bei den Unterstützern muss es möglich sein, abweichende Meinungen zuzulassen. Das ist doch genau das, was wir anderen Parteien vorwerfen: Kadavergehorsam.

Wie ist denn Ihre Haltung zum Krieg genau?

Wenn ein quasi imperialistischer Staat, Putins Russland, einen souveränen Staat angreift, dann ist das zu verurteilen. und da muss sich das angegriffene Land auch verteidigen können. Es gilt, dies wohlwollend zu unterstützen, auch mit Waffenlieferungen. Dass dies ganze ein größerer Konflikt ist, alles klar. Dass dies auch die Sicherheitsinteressen von Russlands tangiert, okay. Das gibt Russland aber noch lange nicht das Recht, das Land zu überfallen. Und wenn doch, dann müssen wir die Ukraine unterstützen.

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Klaus Kelle, Chefredakteur