Wir dürfen keine Angst davor haben, modern zu sein
Fortschritt gibt es nur, wenn die Entscheider bereit sind, etwas zu riskieren. Mut und Innovation sind die Antreiber für Veränderungen. Aber Modernismus bedeutet nicht automatisch auch eine Veränderung zum Guten.
Das kann man gut an zwei Beispielen sehen: der CDU und der EU
Als die CDU beschloss, sich zu „modernisieren“ war das folgerichtig. Wenn man auf Dauer Volkspartei und an der Macht bleiben will, muss man ein Gespür dafür haben, wenn sich die Gesellschaft, wenn sich die Bürger in ihrem Lebensstil und ihren Anschauungen verändern. Das Problem bei der CDU war dabei, sie hat sich nicht auf der Basis ihrer eigenen Überzeugungen und Werte erneuert, sie hat einfach das übernommen, was sie vorher jahrzehntelang bekämpft hat -zum Beispiel bei Familie, Erziehung und Bildung.
Doch die Leute haben ein feines Gespür dafür, was echt und was geklaut ist. Wenn ich gendern will, wenn ich die deutsche Gesellschaft „durchmischen“ will, wenn ich den Schutz des Lebens in die Tonne treten will – dann wähle ich doch nicht CDU, sondern ich wähle das Original: Rote und Grüne. Ganz einfach: CDU-Oberbürgermeister, die sonntags nicht in der Kirche sitzen, sondern beim Homo-Umzug die Regenbogenfahne schwingen, werden mit massivem Liebesentzug bestraft. Ohne Merkels Union-Vernichtungsprogramm gäbe es auch die AfD heute gar nicht. Aber das ist ein anderes Thema.
Ich war am Wochenende kurz in Brüssel, dem Zentrum der Macht der Europäischen Gemeinschaft. Ich halte die EU für eine großartige Idee, sie wird nur durch die falschen Kräfte an den Hebeln der Macht untergraben. Auf der Rückfahrt gestern erzählte ich meiner jungen Beifahrerin, wie es früher war, wenn meine Eltern mit dem kleinen Klaus in Ferien nach Cornwall reisten. Ausgestattet mit zwei dicken ADAC-Mappen mit Prospekten, Landkarten und Umrechnungstabellen für Währungen. An der Grenze zwischen Niederlanden und Belgien wurden wir mal gefilzt: Kofferraum auf, Koffer auf, Zöllner und Hunde suchten was. Wollen wir das wirklich alles wieder?
Ein Europa der offenen Grenzen ist super – wenn die Außengrenzen geschützt werden und nur die hereinkommen, die wir reinlassen wollen. Daran hakt es, nicht an der EU als Konstrukt.
Und so ist es auch in der Kirche. Die christliche Kirche, die Lehre Jesu sind bombastisch und fantastisch. Sie sind nicht falsch, weil Herr Bätzing daraus eine zweite evangelische Kirche machen will. Jesus ist der Weg, auch wenn ein lustloser Pfarrer in seinem Namen sonntags das absolute Minimum für seine Gemeinde bietet, was sein Gehalt rechtfertigt.
Ganz anders ist das in den neuen geistlichen Gemeinschaften, ist es bei Regnum Christi, Nightfever, Gemeinschaft Immanuel, Opus Dei und wie sie alle heißen. Da lodert die Flamme des Glaubens.
Am Pfingstmorgen saß ich im futuristischen Mariendom zu Neviges am Niederhein in der Heiligen Messe, und es war wie jedes Jahr phantastisch. So viele junge Menschen, so ein tiefer Glauben, solche Inbrunst mit der gebetet und gesungen wird. Und die meisten Menschen da draußen haben keine Ahnung davon, dass es sowas gibt.
Aber es ist modern. Die Musik von einer christlichen Live-Band, Menschen, die beim Vaterunser nicht die Hände falten, sondern der Arme ausbreiten, Herzlichkeit und Liebe. Würde jeder suchende Mensch sich einmal in diesen Gottesdienst verirren, ich bin überzeugt: Viele, sehr viele würden regelmäßig zurückkommen.
Wir dürfen keine Angst vor Veränderung haben, keine Angst, modern zu werden. Aber wie die Moderne und die Zukunft sein werden, das passiert nicht einfach so. Das müssen wir in die Hand nehmen. Sonst tun es die anderen, die unser Land (und unsere Kirche) seit Jahren herunterwirtschaften, während wir nur schimpfend danebenstehen.
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Klaus Kelle, Chefredakteur