EHRENMORD Sie verlor ihre Tocher und ihren Enkel: „Unglaublich, wie naiv wir waren“
Obwohl Nasr-Eddine B. (52) ein gerichtlich auferlegtes Annäherungsverbot hatte, wusste er, wann seine Ex-Partnerin Anne (39) an diesem Morgen aus der Tiefgarage fahren würde. Im Kindersitz hinten angeschnallt: der gemeinsame Sohn Noah. Nasr-Eddine B. rammt Annes Auto, schlägt erst die Heckscheibe des Wagens, dann die Seitenscheibe auf der Beifahrerseite ein. Er klettert ins Wageninnere und sticht mit einer 20 Zentimeter langen Klinge immer wieder, mindestens 15 Mal, auf ihre Brüste und den Oberkörper ein. Der kleine Noah sitzt hinten, muss alles mit ansehen, ruft laut „Papa, nicht!“. Der Mörder, sein Vater, dreht sich um und rammt dem Kind das Messer mit voller Wucht in den Hals und von dort in den Oberkörper weiter. Dann steigt er in aller Ruhe aus, setzt sich in sein Auto und fährt davon…
Dieses schreckliche Verbrechen passierte am 28. Juni 2017 im badischen Teningen im Landkreis Emmendingen, nur ein paar Autominuten entfernt von Freiburg. Zwei Morde – das Gericht wird die Tötung Noahs später als Totschlag bewerten – die sich lange angekündigt haben, und die anscheinend doch nicht zu verhindern gewesen sind.
Zehn Minuten später nehmen Polizeibeamte Nasr-Eddine B. auf der Autobahn fest. Er leistet keinen Widerstand. Später auf der Polizeiwache fragt er die Beamten, ob Anne und Noah tot sind. Der Polizist sagte später im Prozess, er habe noch niemals einen Fall gehabt, wo ein Täter so emotionslos reagiert habe.
Ungefähr zu dieser Zeit klingeln zwei Polizisten in Zivil mit ernstem Gesichtsausdruck an der Tür von Marianne Harms-Metzger, der Mutter von Anne und Oma des kleinen Noah. Sie fragen, ob sie reinkommen dürfen zu ihr. „Da ahnte ich, dass etwas Schlimmes passiert sein muss“, erinnert sich Marianne, als wir uns zum Gespräch in „Frau Lüskes Kaffeehaus“ im Berliner Stadtteil Lichterfelde treffen.
Kennengelernt haben wir uns zwei Wochen vorher in Kiel bei einem bürgerlich-konservativen Stammtisch. Man redet da nicht nur über Politik, sondern über alles Mögliche. In der Vorstellungsrunde zu Beginn sagte sie dort, dass sie die Mutter der Frau und Oma des Jungen sei, die vor sieben Jahren von einem Asylanten ermordet wurde, einem Algerier, der inzwischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft hat, und der jetzt zu lebenslanger Haft wegen Mordes in einem besonders schweren Fall im Gefängnis sitzt.
Nach der Veranstaltung spreche ich Marianne direkt an und frage sie, ob sie mir ihre Geschichte erzählen mag für einen Artikel. Sie sagte zu.
Gerade jetzt stehen die Titelseiten wieder voll. In Mannheim sticht ein Afghane einem Polizisten ein Messer in den Kopf und tötet ihn damit. In Bad Oeynhausen tötet „eine Gruppe“ den 19-Jährigen Philippo auf dem Nachhauseweg von einem Fest durch den Kurpark. Zur falschen Zeit am falschen Ort. Täter ist ein 18-jähriger Syrer – „polizeibekannt“, wie es später heißt.
„Jahrzehntelange Freunde haben sich von mir abgewandt“, sagt Marianne. Klar, zeigten sie Anteilnahme für ihr Schicksal. Aber als sie im Freundeskreis andeutete, man müsste wohl die AfD wählen, damit endlich jemand etwas gegen diese Zustände unternimmt, da war es mit dem Verständnis vorbei. „Ich möchte doch nur, dass die große Gefahr für uns alle durch die Massenmigration von der Politik ernstgenommen wird“, redet sie nahezu beschwörend weiter. Immer habe man Verständnis für die Täter, für ihr Schicksal, für ihre Traumata.
Nasr-Eddine B. kam 2003 über Frankreich, wo Verwandte leben, nach Deutschland und beantragte Asyl. Das wurde abgelehnt. Als er ausgewiesen werden sollte, ging er einfach nicht hin. Das reicht heute in unserem Staat, um unbehelligt bleiben zu dürfen. Wohl gegen Zahlung fand er eine ledige Mutter dreier Kinder, die ihn heiratete. Die „Ehe“ hielt bis zu dem Tag, an dem er die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen bekam…
Anne war eine ruhige, liebenswerte Frau, die ihren späteren Mörder bei einer Fortbildung kennenlernte. Irgendwann zog man zusammen, dann wurde sie schwanger. Ab da änderte sich alles. Anne wurde eingeschränkt, durfte keine Kontakte nach draußen zu anderen Menschen haben. Als Marianne ihrer Tochter immer drängendere Fragen stellte und der Mann das mitbekam, wurde jeglicher Kontakt zwischen Mutter und Tochter eingeschränkt. Wenn sie doch mal telefonierten, saß er daneben und hörte mit. Nasr-Eddine B. schickte Marianne danach heftige Droh-SMSen, bezeichnete sie als „Hexe“ und untersagte jeglichen Kontakt zu „seinem Sohn“. Zwei Mal trafen sich Anne, Noah und Marianne kurz in Cafés, damit die Oma ihren Enkel überhaupt zu sehen bekam.
Heute hat Marianne Harms-Metzger jegliche Illusionen über die Medien und die Politik in Deutschland verloren
Einmal kam sie in Eimsbüttel durch eine Einkaufsstraße gefahren, wo mehrere Jugendliche – vielleicht 15 oder 16 Jahre alt – standen und einander in den Schwitzkasten genommen hatten und gegenseitig eine Pistolenattrappe an die Stirn hielten. Marianne: „Aber wer spielt so etwas in diesem Alter?“ Und in so einer gutbürgerlichen Wohngegend?
„Wir haben unsere Kinder zu wohlwollenden Menschen erzogen, zu Pazifisten. Aber wer bereitet sie auf die Gefahr vor?“
„Ich fühle mich angelogen von den Medien“, klagt Marianne an. Wenn betrunkene Wohlstandskinder auf Sylt Unfug singen, dann sei das tagelang Thema überall. Aber wenn brutale Gewalt stattfindet, dann waren die Täter „ein Mann“, ohne der Bevölkerung mitzuteilen, um was für Männer es sich dabei handelt.
„Man verliert die Naivität und den Glauben an das Gute“, wenn man das erlebt habe, was Marianne erleben musste. Und zum Schluss erzählt sie nochmal von ihren ehemaligen Freunden, die sich von ihr abgewandt haben, als sie die AfD erwähnte. Man müsse doch auch mal verzeihen, empfahl man hier. Marianne und ich verabschieden uns an der Straßenecke, sie schaut mir mit einem hartem Blick in die Augen und sagt leise: „Ich muss bei diesem Schicksal gar nichts verzeihen…“
Neueste Innen
Neueste Politik
Spendenaufruf
+++ Haben Sie Interesse an politischen Analysen wie diesen?
+++ Dann unterstützen Sie unsere Arbeit
+++ Mit einer Spende über PayPal@TheGermanZ
oder einer Überweisung auf unser Konto DE03 6849 2200 0002 1947 75 +++
Klaus Kelle, Chefredakteur