Was, wenn mal selbst noch in der Pubertät ist?
„Jetzt bist Du wirklich alt!“ Welche Funktion habe ich als Opa in dem Ganzen?“
von DENNIS KING
Obwohl ich nicht zum Sentimentalen neige, merke ich doch in jüngster Zeit immer öfter, in welch rasanter Geschwindigkeit sich die Welt verjüngt.
Kaum sind die eigenen Kinder, nach gefühlten fünf Jahren, volljährig, steht auch schon das Abenteuer des Großvatertums vor der Tür.
Wie im Fluge ist sie vorbei, die Zeit, wo meine liebe kleine Tochter noch in unschuldigen Posen mit dem Plüsch-Teddy posierte, wo man nach Disneyland fuhr und mein ältester Sohn hysterisch wurde, weil er die leibhaftigen Teenage Mutant Ninja Turtles treffen durfte, oder wie bei einem anderen Besuch mein Jüngster das Märchenland nur in Begleitung einer Zwei-Meter Plüsch-Mickey-Maus verlassen wollte (checken Sie damit mal beim Rückflug ein!).
Nun sind zwei meiner Kinder selber Eltern und mein erster Gedanke, als mein Enkel Caspar geboren wurde, war „Jetzt bist Du wirklich alt!“.
Dann kamen fast zeitgleich der Jesko und die Maya zu uns und machten, vorerst, die Enkelriege komplett.
Emsig versuchte ich zu ergründen, was man am besten als Grossvater tut, welch wegweisende Wahrheiten man dem Nachwuchs mitgeben kann und wie man so ein kleines Bündel Mensch am besten festhält, ohne es versehentlich zu zerquetschen.
Sie schauen Dich mit ihren großen Augen an und scheinen sich zu fragen „Was, bitte sehr, ist das???“. Mein Enkel Jesko schien generell einige Fragen bzgl. meiner Person zu haben. Immer wieder beäugte er mich skeptisch, so als ob er mich fragen möchte „Du bist zwar nicht so oft hier, aber welche Funktion hast Du hier in dem Ganzen?“.
Nun ist ja bekanntlich die Kommunikation mit Säuglingen etwas beschwerlich, da sie sich verbal noch nicht so ganz deutlich auseinandersetzen können.
So beschränkte sich meine großväterliche Autorität auf das Übliche „Bu, Bu, Bu!“
Der Caspar, der ist schon erwachsen und hat jetzt schon die Phase erreicht, wo er vieles hinterfragt und in Frage stellt. Und er ist der beste Kamera-Assistent für mich.
Da macht man besser keine Scherze, wenn man nicht die nächsten zwei Stunden diskutieren möchte.
Gern haben wir auch mit Haarteilen und Extensions experimentiert. Zuweilen aber beschlich mich der Verdacht, mein ältester Enkelsohn hegt ernsthafte Zweifel an meinem Geisteszustand.
So sitzt man da und fragt sich, was man dem Enkeltum so alles mitgeben kann und welche Weisheiten weiterzugeben sind.
Und dann auf einmal wird Einem bewusst dass man gar nicht zum Vorbild taugt, weil man ist ja selbst noch mitten in der Pubertätsbewältigung begriffen ist…
Ein 72-jähriger Mann, gefangen im Geisteszustand eines 16-jährigen! Der Körper nimmt den Alterungsprozess rapide an, nur der Geist weigert sich ,da mitzumachen!
Und dann ertappe ich mich dabei, das gar nicht schändlich zu finden.
Wo, bitte sehr, steht geschrieben dass man seine gottgegebene Präpotenz auf dem Altar der Seriosität und des Kleinbürgertums zu opfern hat?
Wer bestimmt hier eigentlich, wie bescheuert ich sein darf?
Kurzum Freunde, wenn Euch meine Gedanken hier mehr Fragen aufgibt, als dass sie Antworten bietet, macht Euch nix draus!
Es wird schon werden mit dem alten King, der war ja schon immer so merkwürdig.
Nun husch-husch ab ins Leben und geniesst!
„Wer nicht am Denken leidet, den freut das Aufstehen am Morgen und das Essen und Trinken, der findet Genüge darin und will es nicht anders. Wem aber diese Selbstverständlichkeit verlorenging, der sucht im Laufe der Tage begierig und wachsam nach den Augenblicken wahren Lebens, deren Aufblitzen beglückt und das Gefühl der Zeit samt allen Gedanken an Sinn und Ziel des Ganzen auslöscht.“
Hermann Hesse