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Können „freie Privatstädte“ funktonieren?

Libertärer Parteigründer: „Unser Alleinstellungsmerkmal ist die Freiheit“

KLAUS KELLE
Der Bundessprecher der Libertären: Mathias Hummel aus Magdeburg

Mathias Hummel (39) aus Magdeburg ist Bundesvorsitzender der Partei DIE LIBERTÄREN. In den vergangenen Monaten hat der Physiker auszuloten versucht, ob es möglich ist, eine einflussreiche politische Sammlungsbewegung mit anderen jungen Parteien zu formieren. Vergangene Woche haben sie sich daraus zurückgezogen. Zeit für ein Gespräch mit Herrn Hummel.

Herr Hummel, seit zwei Jahren arbeiten unterschiedliche Persönlichkeiten aus dem bürgerlichen Milieu daran, in Deutschland eine Sammlungsbewegung zu formieren, die dann als Partei die Repräsentationslücke zwischen Union und AfD füllen und zu einer entscheidenden politischen Kraft für eine andere Politik in Deutschland werden soll. Ihre noch junge Partei, Die Libertären, hat dabei einige Monate mitgemischt. Bis vor wenigen Tagen sollen Sie bereit gewesen sein, mit dem bürgerlich-konservativen Bündnis Deutschland zusammenzugehen. Jetzt haben Sie abgesagt. Warum?

Der Wegfall wesentlicher Personen aus den gemeinsamen Bemühungen in den vergangenen Wochen hat nach unserer Meinung die Erfolgsaussichten erheblich reduziert. Wir möchten auf jeden Fall unseren libertären Überzeugungen treu bleiben, das heißt, den Abbau des Staates vorantreiben und größtmögliche Freiheit für die Bürger sicherstellen. Das Bündnis Deutschland ist eine interessante Partei, aber sie ist in der Mehrheit auch keine libertäre Partei. Wir können uns deshalb einen Zusammenschluss nicht mehr vorstellen. Am Ende unterstützen wir etwas, mit dem wir und unsere Mitglieder letztlich nicht konform gehen. Wir bleiben aber auf jeden Fall im Gespräch.

Braucht Deutschland denn überhaupt schon wieder eine neue Partei? Es gibt doch so viel Neues inzwischen. WerteUnion, Bündnis Deutschland, dieBasis, wo sehen Sie denn Ihren Unique Selling Point (USP), das Alleinstellungsmermal?

Unser USP ist die Freiheit. Wir sind die einzige Partei, die konsequent die Verantwortung für das eigene Leben wieder dahin geben möchte, wo sie hingehört: zu den einzelnen Individuen. Als Libertäre stehen wir klar gegen Etatismus, also gegen die Vorstellung, dass der Staat das Leben der Bürger steuern sollte. Wir setzen uns für einen Rückbau des Staates ein und fördern die Schaffung freiheitlicher Gesellschaftsmodelle, wie zum Beispiel die freien Privatstädte…

Was ist das, freie Privatstädte?

Eine Privatstadt ist ein autonomes Gebiet, das von einer privaten Organisation betrieben wird, welche die Regeln des Zusammenlebens und die Bereitstellung von Dienstleistungen wie Polizei oder Feuerwehr festlegt. Bewohner schließen dafür einen Vertrag, der ihre Rechte, Pflichten und die Bedingungen für ihren Aufenthalt regelt – ein Beispiel dafür ist Prospera auf der Insel Roatán in Honduras.

Darüber hinaus betrachten wir Besteuerung als eine Form des Raubes an der Arbeitskraft der Menschen…

Das gefällt mir…. aber es geht ja nicht nur um die Abrechnung von Polizeieinsätzen, sondern die Durchsetzung bestehender Gesetze. Wenn sie eine Privatstadt haben, gilt dann da das Bürgerliche Gesetzbuch, das Strafgesetzbuch des Sie umgebenden Staates? Oder machen Sie das auch alles selbst?

Gute Frage. Die Ausgestaltung obliegt dem Betreiber der Privatstadt. Aus praktischen Gründen, etwa zur Einigung mit dem umliegenden Staat, wird die Übernahme des Strafrechts in den meisten Fällen notwendig oder sinnvoll sein. Im Zivilrecht hingegen besteht mehr Spielraum: Hier wird der Betreiber in der Regel ein unternehmerfreundliches und freiheitliches Umfeld schaffen, um Menschen und Unternehmen anzuziehen. Je erfolgreicher die Stadt darin ist, zufriedene Bewohner zu gewinnen, desto mehr profitiert die Betreibergesellschaft. In diesem Sinne dient sie den Menschen, anstatt über sie zu herrschen – eben wie ein Unternehmen, das seinen Kunden bestmöglich dient, da sie sonst zur Konkurrenz wechseln.

Deshalb sind wir vermutlich auch die einzige Partei weltweit, die in ihrer Satzung festgelegt hat, dass ihre Mitglieder kein „Staatsgeld“ für Abgeordnetentätigkeiten annehmen dürfen. Wir vertrauen auch hier auf die Freiwilligkeit und die Selbstverantwortung der Menschen.

Das klingt alles sehr geschmeidig, Herr Hummel, aber wie wollen sie das je durchsetzen in einem Deutschland, dass etatistisch und staatsgläubig ist wie wohl kaum ein zweites außer Nordkorea?

Um das zu erreichen, müssen wir die Menschen direkt ansprechen und so „laut“ werden, dass sich auch die Politik mit unseren Lösungen beschäftigen muss. Seit den Corona-Maßnahmen wächst der Zweifel am Staat, denn viele erkennen, dass die im Grundgesetz garantierten Rechte schrittweise beschnitten werden. Ich bin überzeugt, dass in Deutschland mindestens 20 Prozent der Bevölkerung das Thema Freiheit zunehmend kritisch sehen, und es werden täglich mehr. Diese Menschen werden aktuell von keiner Partei vertreten, und wir wollen ihnen eine ganz andere  Art zu denken bieten.

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Klaus Kelle, Chefredakteur