Nach zwei Stunden Gay Parade verstehe ich Heterosexuelle…
von JULIAN MARIUS PLUTZ
BERLIN – Ich bin homosexuell. Nicht dass das besonders wichtig ist. Es ist auch nicht gut so, wie es ein ehemaliger Berliner Oberbürgermeister einmal meinte. Genauso wenig wie es schlecht ist. Es ist einfach so.So wie der Regen nass, Zucker süß ist und Fürth neben Nürnberg liegt Die charmanteste Antwort auf ein Outing ist: “Macht ja nix.” Da steckt alles drin, damit ist
alles gesagt. Nächstes Thema, bitte!
Warum erzählt Ihnen der Plutz das, fragen Sie sich vielleicht. Hat er keine Themen mehr?
Möchte er sich als Randgruppe stilisieren? Es heißt übrigens tatsächlich “stilisieren” und nicht “sterilisieren”, was ich vor einigen Wochen in einer Diskussion gehört habe. Doch die Diskussion ist tiefer. Denn genau hier beginnt der erste Fehler, den Berufs-Homos machen.
Schwule sind keine Opfer
Sie können welche werden, wenn sie in die falsche Gasse laufen und von – Achtung, schmerzhafte Erfahrung und Wahrheit – muslimisch sozialisierten Testosteronbolzen gejagt werden. Per se sind Homosexuelle aber keine Opfer.
Schaut man sich einen durchschnittlichen Christopher Street Day (CSD) in einer Metropole an, so fällt mir als positivstes Adjektiv das Wort “geschmacklos” ein. Man könnte auch “pietätlos” sagen, “unangenehm”. Warum? Weil alle Vorurteile, die man über Schwule haben kann, erfüllt werden.
Abstoßende Fetische, Promiskuität bis der sprichwörtliche Doktor kommt und Männer in schrillen Frauenklamotten.
Kaum einer der Protagonisten weiß, warum die Gay Parade “Christopher Street Day” heißt.
Stonewall? “Ist das nicht ein Lied von Lady Gaga?”. Nicht einmal die einfachsten geschichtlichen Zusammenhänge, die auf eine Briefmarke passen, verstehen sie. Sie wollen an einer Party teilnehmen? Von mir aus. Aber ich will damit nichts zu tun haben. Ich brauche keine stillose Zusammenkunft von Menschen, die sich einzig über ihre unmaßgebliche Sexualität definieren und sonst nichts, aber auch gar nichts für irgendetwas beitragen.
Der CSD ist längst zur Einladungsveranstaltung für Schwulenhass geworden. Nach zwei Stunden Gay Parade in Berlin kann ich jeden Heterosexuellen verstehen, dass er keine Schwulen mag. Sogar Schwule werden homophob. Ob das im Sinn des Erfinders war?
Früher war nicht alles besser, aber manches geklärter. Ich rede von der Zeit bis vor zehn Jahren. Da war man hetero. Manche waren schwul, andere lesbisch oder meinetwegen bisexuell. Heute ist man “queer”. Seit es dieser infantile Anglizismus in den deutschen Sprachgebrauch geschafft hat, frage ich Leute, was das bedeutet. So gut wie nie bekomme ich eine klare Antwort. Und das ist gewollt.
“Laufen Sie doch beim nächsten CSD mit!”
“Queer” kann nämlich alles mögliche sein. Außer hetero. Es gibt Leute, die auf Gegenstände stehen. Sie sind also objektophil. Dann gibt es Leute, die gar keine sexuellen Triebe verspüren. Sie sind also asexuell. Dann gibt es Menschen, die pädophil sind. Ich denke das Wort muss ich nicht erklären. Und dann gibt es Männer, die im reifen Alter ihren Fetisch, Frauenkleider zu tragen, erkennen. Die heißen Georg Kellermann. Aber alle zusammen, mit mir inklusive, sind “queer”. Was habe ich mit einem Pädo zu tun? Oder mit jemandem, der ein Flugzeug liebt? Oder mit Markus “Tessa” Ganserer? Richtig: Gar nichts.
Die Queer-Theorie ist nichts anderes als die kommunistische Gleichmacherei auf sexueller Basis. Alle sind irgendwie alles. Jeder ist wie der andere. Alle sind bunt, alle sind toll. Unter dem Label “queer” darf sich jeder kreuzdebile Fetischist wohl fühlen. Alle sind Willkommen. Frei nach dem Motto: “Kommt mit ins Regenbogenland! Der Eintritt kostet den Verstand.” Haben Sie einen Tick, eine krude Eigenheit? Laufen doch beim nächsten CSD mit! Der “Queerbeaufragte”, Sven Lehmann, der ganz offen über seine wechselnden Partner spricht, als wollte das auch nur irgendjemand wissen, reicht ihnen die Hand. Sie sind nun Teil einer ganz großen, gar nicht mal so geistreichen Minderheit.
Deswegen sage ich: “Ich bin homosexuell”. Es gibt noch normale Schwule, die sich nicht für etwas besonderes halten, weil sie so sind, wie sie sind. Ich kenne genug Homos, die mit diesem irren queeren Zirkus nichts am Hut haben. Doch diese sind leider nicht schrill genug und nicht laut genug, dass sie es in die mediale Sichtbarkeit schaffen. Sie hören gerne den Satz, der diesen ganzen Regenbogenzrikus entlarvt: “Ach was, man sieht dir gar nicht an, dass du schwul bist.” Genau so ist es. Weil ich keinen Fetisch habe und ihn nach außen trage. Weil ich keine Frauenklamotten trage und weil ich keine Flugzeuge liebe. “Ick bin Icke”, würde Thomas Häßler sagen. Und das ist weder gut noch schlecht. Es ist einfach so.
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Klaus Kelle, Chefredakteur