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Politische Mehrheiten gegen das recht auf Meinungsfreiheit

Sonderrechte für die Abtreibungs-Lobby: Wen kümmert noch das Grundgesetz?

BERTHA STREMIN
Ungeborenes Kind im Mutterleib im fünften Monat.

Kaum von der Öffentlichkeit bemerkt, fast klammheimlich, auch ohne ernstzunehmenden Widerstand der Opposition, hat der Deutsche Bundestag am 5. Juli 2024 ein Gesetz verabschiedet, das offenbar den Auftakt zur Umsetzung eines echten Herzensanliegens der Ampel-Regierung geben soll, der Freigabe ungehemmter Abtreibung. Wenn die Ampel auch sonst in der Innenpolitik auf keinen grünen Zweig kommt, dann soll doch wenigstens auf dem Felde der reinen Ideologie ein Zeichen gesetzt und ein Leuchtturm errichtet werden.

Es geht um eine Art „Bannmeilengesetz“, das Abtreibungsstätten abschirmen und Lebensschützer einschüchtern soll.

Das jetzt beschlossene Gesetz folgt darin Vorbildern in den USA und Großbritannien und verdient deshalb den Ausdruck „Maulkorbgesetz“. Offiziell dient das „Zweite Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes“ (Drucksache 20/10861, auf der Webseite des Bundestages zu finden) dazu, „Schwangere vor Belästigungen an Beratungsstellen zu schützen“. Es soll sich gegen Maßnahmen richten, die das Ziel haben „das Betreten der Einrichtungen durch Hindernisse absichtlich zu erschweren, einer Schwangeren gegen ihren erkennbaren Willen die eigene Meinung aufzudrängen, sie erheblich unter Druck zu setzen oder sie mit unwahren Tatsachenbehauptungen oder verstörenden Inhalten zu konfrontieren“.

Nun erfüllt das so drastisch Beschriebene eindeutig den Tatbestand der Nötigung, ist also längst strafbar. Wozu also ein eigenes Gesetz? Hinzu kommt, dass hier offensichtlich fiktive Situationen beschrieben und phantasievoll dramatisiert werden. Es geht also gar nicht um Schutz von Rechtsgütern, sondern um Abschirmung interessierter Kreise gegen Kritik und um das Verhüllen des grausigen Geschäfts der Abtreiber.

Ein bizarres Detail verrät, dass den Machern dieses Gesetzes bewusst ist, wie weit sie sich auf dünnes Eis gewagt haben und dass es eigentlich gegen grundgesetzlich geschützte Güter geht, wie die Meinungs- und Gewissensfreiheit.

Die Zensurmaßnahme gelte, so wird beiläufig erwähnt, „nur für wahrnehmbare Verhaltensweisen in einem Bereich von 100 Metern“ um die Stätten der Abtreibung. Da haben die Lebensschützer in Deutschland ja noch Glück! In Großbritannien wurden schon welche verhaftet, die nur in stillem Gebet auf dem Gehweg verharrten. Die Gedanken und Gebete bleiben also, erst einmal, noch frei! Wie schön!

Ob es nun ein Rest schlechten Gewissens der Abgeordneten ist, oder einfach nur die übliche Salamitaktik, bei der eine windige Sache nach der anderen durchgedrückt wird, um Widerstand zu minimieren, bis das monströse Ganze fertig ist – man spürt die Absicht und ist verstimmt. Mit unserer Rechtsordnung ist diese Parteinahme für die immer rabiatere Abtreibungslobby jedenfalls nicht vereinbar.

Nach Grundgesetz und gültiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf der Gesetzgeber zwar unter bestimmten Bedingungen auf Strafverfolgung in Abtreibungsfällen verzichten, aber nur unter der Bedingung, dass deutlich bleibt: Abtreibung ist Unrecht – so sagt es das Bundesverfassungsgericht!

Und ist das wohl eine „verstörende“ Tatsache, die man im Umkreis der Abtreibungsstätten nicht mehr aussprechen darf? Künftig drohen jedenfalls 5000 Euro Strafe, wenn man es dennoch tut. Es öffnen sich rechtsfreie Räume, in denen das Verfassungsgericht nichts zu sagen hat. Und das Strafrecht reicht bestimmten ideologischen Gruppen nicht mehr, sie wollen Sonderrechte.

Der Bundesregierung ist sicher die Verfassungswidrigkeit dieses Gesetzes bewusst. Sie vertraut aber offensichtlich auf das geringe Interesse der Öffentlichkeit und die Schwäche der Opposition, die sich kaum zu einer Klage in Karlsruhe aufraffen wird.

Man lässt der Regierung ja auch sonst so allerhand durchgehen

Seit 2021 unterschreiben zum Beispiel deutsche Bundeskanzler jedes Jahr Erklärungen der Staats- und Regierungschefs der G7, in denen sie sich verpflichten, international für freien und ungehinderten Zugang zu legaler Abtreibung zu sorgen. Was in den Jahren davor noch schamhaft versteckt unter der Tarnbezeichnung „sexuelle und reproduktive Rechte“ beworben wurde, wird längst offen als Bekenntnis zu bedingungsloser und unbegrenzter Abtreibung vermarktet.

Als beim jüngsten G7-Gipfel in Italien die Formulierung auf Drängen der Gastgeber (und in Gegenwart des Papstes) wieder etwas entschärft wurde, führte das zu offener Empörung unter Diplomaten, die solche Schläge gegen das „Menschenrecht auf Abtreibung“ mit heftiger Kritik überzogen. Beim nächsten Mal wird sicher wieder Klartext geschrieben!

Auch von der deutschen Außenpolitik wird das Ziel ungehinderter Abtreibung schon längst offen befürwortet und im Bunde mit einer Vielzahl gleichgesinnter Staaten in multilateralen Gremien und in bilateralen Verhandlungen energisch und hartnäckig vertreten, denn das ist ein zentraler Teil von Annalena Baerbocks „feministischer Außenpolitik“. Im Geltungsbereich des Grundgesetzes ist das verfassungswidrig. Aber wen kümmert’s?

Also – lehnen wir uns zurück und warten wir auf den nächsten Akt! Die Öffentlichkeit reagiert nicht, die Opposition ist zaghaft und traut sich nicht, also wird in dieser Legislaturperiode auch noch das dritte „Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes“ kommen, das dann „endlich“ den Paragraphen 218 abschafft und die Jagd auf Ungeborene freigibt. Dann tanzen Ampel-Abgeordnete sicher wieder auf den Gängen des hohen Hauses, so wie sie es bei der Abschaffung des Werbeverbots für vorgeburtliche Kindstötungen getan haben

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Klaus Kelle, Chefredakteur