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Im Kalten Krieg von der CIA gegründet

Weil Trump seinen Auslandssendern RFE und RL das Geld streicht, will die finanziell klamme Deutsche Welle einspringen

KLAUS KELLE
Die Zentrale von Radio Free Europe in Prag.

Wie geht es weiter mit dem traditionsreichen US-Sender „Radio Free Europe/Radio Liberty“ (RFE/RL)? Diese Frage stellt sich in diesen Tagen erneut, nachdem die Trump-Regierung im Frühjahr die Finanzierung des Senders massiv kürzte und Personal entlassen werden musste.

Damit diese globale Stimme der Freiheit nicht verstummt, haben sich jetzt drei große europäische Auslandsmedien – Deutsche Welle (DW), France Médias Monde (FMM) und TVP World – an die EU gewandt und sich bereiterklärt, zukünftig mit RFE/RL international gegen Desinformation kooperieren zu wollen.

Der Brief dieser drei öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten wendet sich direkt an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Europa sei in einer starken Lage und könne für die Beibehaltung des Sendebetriebs sorgen, nachdem die Regierung von Donald Trump den wichtigen Sender finanziell ausbluten lässt. Kritische Stimmen sehen auch darin ein Entgegenkommen Trumps gegenüber Moskau.

Radio Free Europa mit Sitz in Prag wurde während des Kalten Krieges gegründet und nahm seinen Sendebetrieb 1950 auf, um die Menschen hinter dem Eisernen Vorhang des kommunistischen Machtbereichs Informationen aus dem Westen zu verbreiten.

In den ersten 20 Jahren stellte der amerikanische Geheimdienst CIA das Geld dafür bereit. Als das 1972 aufflog, wurde der Sender privatisiert, aber weiter aus dem amerikanischen Haushalt finanziert.

RFE/RL sendet heute in 26 Sprachen in 22 Länder, darunter Russland, Iran, Afghanistan und die Ukraine. Es erreicht wöchentlich Millionen von Menschen über verschiedene Plattformen, darunter Radio (hauptsächlich Kurzwelle), Fernsehen und das Internet.

Besonders die russischen Behörden schäumen, die – wie andere Regime auch – die Menschen in ihrem Einflussbereich vor unabhängiger Berichterstattung abschirmen wollen.

Seit Russland im Februar 2022 die Ukraine militärisch angegriffen hat, wird das Vorgehen der Russen gegen den Sender immer intensiver.

So erklärten die russischen Behörden im Februar 2024 die amerikanische Sendergruppe offiziell zur „unerwünschten Organisation“ und verbot jegliche Aktivitäten in Russland. Dies ermöglichte die strafrechtliche Verfolgung aller Mitarbeiter vor Ort.

Mindestens sechs Angestellte von RFE/RL wurden danach in Russland inhaftiert. Bereits zuvor gab es aber auch Fälle, in denen Journalisten auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim vom Inlandsgeheimdienst FSB festgenommen wurden.

Die russischen Behörden versuchten außerdem aktiv, die Reichweite von RFE/RL einzuschränken und die Berichterstattung als „Fake News“ oder Propaganda darzustellen, um die Verbreitung unzensierter Informationen zu unterbinden.

Der Vorstoß der drei Sender jetzt dürfte kein Zufall sein

Erst im November hatte die EU-Kommission den sogenannten „Europäischen Demokratieschild“ vorgestellt, einen umfassendes Plan um Desinformation, Autokratisierung und mediale Einflussnahme zu begrenzen.

Damit sollen u. a. unabhängige Medien unterstützt werden. Neun Milliarden Euro aus dem Programm sollen in die „Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen“ fließen, zu Deutsch: in NGOs.

Trump hatte den Geldhahn für seine internationalen Sender im März zugedreht

Vorgeschoben wurden dazu finanzielle Motive, doch ein Richter kassierte die Executive Order für dieses Jahr.

Dennoch wurden Hunderte Mitarbeiter zunächst beurlaubt. Schätzungen gehen davon aus, dass zum Jahresende etwa 20 Prozent der Mitarbeiter entlassen werden

Aber, wie so oft, bei disruptiven Bewegungen seiner Regierung ging es bei solchen Entscheidungen auch hier um politische Hintergedanken. So warf Trump RFE/RL vor, „radikale Propaganda“ zu verbreiten und insbesondere den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, einen der engsten europäischen Verbündeten Trumps, in der Berichterstattung kritisch zu beleuchten. Kurz vor Orbáns Besuch im Weißen Haus kündigte USAGM-Chefin Kari Lake dann an, die Finanzierung der ungarischen RFE/RL-Redaktion komplett einzustellen. Ihre Begründung: „Amerikanische Steuergelder sollten nicht für globalistische Programme verwendet werden, die einen NATO-Partner diskreditieren.“

Die neue Aktion der Deutschen Welle mutet auch seltsam an, weil der Bonner Auslandssender selbst finanziell klamm ist.

So sieht der Bundeshaushalt für das Jahr 2026 eine Kürzung der Zuweisungen um mehr als 10 Millionen Euro vor – und das trotz steigender tariflicher Personalkosten. DW-Führungskräfte warnen bereits, die Kürzungen träfen den Sender „im Kern“. Bereits 2024 hatte die DW 20 Millionen Euro einsparen müssen, Schwerpunkt bei der Kultur und beim Sport.

Mit wöchentlich 337 Millionen Nutzern weltweit gilt die DW als eines der wichtigsten Medieninstrumente Deutschlands im Ausland – allerdings vollständig abhängig vom Bundesetat.

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Klaus Kelle, Chefredakteur