Falsche Forderung, falsche Zeit: Die moralische Verklärung der JuLis
von JULIAN MARIUS PLUTZ
BERLIN – Karfreitag, 2022. Während die Ukraine um Volk und Vaterland kämpft und täglich Menschen sterben, setzen die Jungliberalen (Julis) ein ganz andere Themen. In einer Großstadt stellt sich zum höchsten Festtag der Christenheit ein todesmutiger junger Mann vor eine Kirche mit einem Plakat, kirchliche Feiertage abzuschaffen, ebenso wie das Tanzverbot am selbigen Tag.
Immer wieder fallen die Julis mit Forderungen auf, auf die man erst mal kommen muss. So keimt regelmäßig die alles entscheidende Frage des Inzestverbots auf. Offenkundig herrscht beim gemeinen Jungliberalen Mangel in Sachen Partnerwahl, denn einige wollen den Geschlechtsverkehr mit der eigenen Schwester legalisieren. „Geht doch keinem etwas an, was wir privat machen“, heißt es dann.
Aufgabe der eigenen Identität
Nicht weniger der gleichen Julis haben jedoch kein Problem mit einer allgemeinen Impfpflicht eines bedingt zugelassenen Mittels. Auch beim Thema Innere Sicherheit, eine Tatsache, die Freiheit erst möglich macht, geben sich die Jungliberalen wortkarg. Der Bitcoin-Kurs ist jedoch stets bekannt und der Newsletter des Blogs „Keep it Liberal“ ist freilich abonniert.
Was nützt mir die Freiheit, alle Drogen legal zu konsumieren und anschließend mit den Verwandten zu schlafen, wenn ich auf dem Weg dorthin erschossen werde? Wie interessant ist für Angestellte, die Christen sind, der Wegfall der Feiertage ihres höchsten Festes, das sie im Zweifel mit eigenen Urlaubstagen kompensieren müssten?
Deutschland ist, das sagt Ihnen ein überzeugter Atheist, von der christlich-jüdischen Kultur geprägt. Sei es Architektur, oder der Geist des Grundgesetzes. Seien es die Feiertage, oder die Riten, die wir pflegen. Wir sind kulturell mit dem Christentum verbandelt. Wir können uns nicht wehren, wir können uns nicht verleugnen, ohne die Identität dieses Landes aufzugeben. Genau das versuchen weite Teile der Jungliberalen.
Holocaustleugnung legalisieren
So ist es überhaupt kein Zufall, dass die sogenannten Freiheitlichen kein Problem mit dem Superstaat EU haben. Ist ihnen doch das Deutschland zu kleingeistig, zu popelig, zu konservativ. Sie sehen sich dagegen als „überzeugte Europäer“. Unklar bleibt, was ein „unüberzeugter Europäer“ ist. Leugnet er die Existenz der Kontinentalplatten? Sieht er Berlin als afrikanische Kolonie?
Mit dem Leugnen haben es die Julis ohnehin nicht. So durfte man tatsächlich ausgerechnet zum Holocaustgedenktag eine Debatte miterleben, in der einige forderten, den Strafbestand der Leugnung der Shoah zu entfernen. Wegen der Freiheit. Eine solche Pietätlosigkeit leisten sich junge Leute an dem Tag, an dem sie, wenn sie sich schon nicht erinnern wollen, was ihre Vorfahren verbrochen haben, wenigstens schweigen sollten. Sie können sogar an dem Tag tanzen gehen. Aber bitte, liebe Julis und Anhänger, eröffnet keine Debatten über die Holocaustleugnung am Tag des Gedenkens. Das ist geschmacklos.
Kein Gespür für Sittlichkeit
Das große Problem vieler Jungliberale ist, dass sie eine völlig falsche Vorstellung von Liberalismus haben. Sie verwechseln ihn mit „Beliebigkeit“, frei nach dem IKEA-Motto: „Alles können – nichts müssen.“ Ein Liberalismus ohne moralischer Grundsätze ist eben gar kein Liberalismus. Freilich hat dieser seinen Ursprung im Individualismus, also in der freien Entfaltung eigener Entscheidungen mittels Wahlakt, jedoch gibt es auch hier gewisse Grenzen. Seien es Gesetze, die diese klar definieren, die wiederum anhand einer ethischen Abwägung getroffen werden und in moralische Sätze gegossen werden, die der Sittlichkeit dienen sollen.
Falsche Forderung zur falschen Zeit
Das alles klingt für viele Jungliberale ganz schön konservativ, ganz schön altbacken. Jedoch ist ein totaler Individualismus ebenso utopisch, wie ein absoluter Kollektivismus. Und es gibt so etwas wie ein Gemeinwohl. Auch wenn die Julis Deutschland zugunsten der „Vereinigten Staaten von Europa“ abwickeln wollen, bleibt ihnen nicht erspart, mit Gesetzen den Individualismus zu begrenzen und ihn damit erst zu definieren. Denn ein Etwas ohne Abgrenzung ist ein großes Garnichts. Erst die Definition formt den Gegenstand, oder die Geisteshaltung.
Und auch wenn der Individualismus immer prominenter sein sollte, als sein Antagonist, einfach, weil dieser ganz natürlich vor Totalitarismus schützt, machen sich die Julis lächerlich, wenn sie während des schlimmsten Krieges auf europäischen Boden kirchliche Feiertage abschaffen wollen. Die falsche Botschaft zur falschen Zeit.
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