Der verschwundene Manager ist nur Mosaikstein einer viel größeren Operation
In diesem Fall gibt es zahlreiche spannende Geschichten zu erzählen. Das Verschwinden des mächtigen Tengelmann-Managers Karl-Erivan Haub am 7. April 2018 beim Skifahren im schweizerischen Zermatt beschäftigt mich seit Jahren, und je mehr ich mich damit beschäftige, desto klarer wird mir, wie groß diese Geschichte in Wirklichkeit ist. Denn ohne jeden vernünftigen Zweifel ist sicher, dass Karl-Erivan Haub lebt, in Russland, wahrscheinlich am Stadtrand von Moskau. Da wo auch Jan Marsalek lebt, was deutschen Sicherheitsbehörden wie dem BND und dem BKA lange bekannt ist.
Ich bin davon überzeugt, dass es einen Zusammenhang zwischen den Russland-Aktivitäten Haubs/Tengelmann und den Russland-Aktivitäten Marsaleks/Wirecard gab und bis heute gibt.
Ein gigantischer Wirtschaftskanal?
Der Gedanke, dass diese beiden Fälle Mosaiksteine einer großen Geheimdienstaktion gegen europäische Wirtschaftsunternehmen – vermutlich zum Zweck gigantischer Geldwäsche sein könnte, kam mir erstmals im Frühjahr dieses Jahres in den Sinn, als ich „Die Akte Tengelmann“ las, ein hervorragend recherchiertes Buch der RTL-Reporterin Liv von Boetticher, die sich seit 2018 in einer Art und Weise in das Thema KEH (für Karl-Erivan Haub) hineingewühlt hat, das einen großen Journalistenpreis verdient hätte.
Ein gigantischer Wirtschaftsskandal um einen DAX-Konzern, ein Milliardenunternehmen, Hunderte Millionen Euros bei Geschäften In Russland verbrannt und dann ein Top-Manager, der beim Skifahren plötzlich verschwindet. Dessen Leiche aber nie gefunden wird.
Von dem man aber heute weiß, dass er vermutlich lange vor seinem Verschwinden ein Liebesverhältnis mit Veronika E., einer Russin, Eventmanagerin aus St. Petersburg, begonnen hatte. Die Recherchen verschiedener Ermittler haben ergeben, dass die E., die in einer kleinen unscheinbaren Firma angestellt war, wo sie aber nie im Büro erschien, eine Agentin des russischen Inlandgeheimdienstes FSB war und ist, angesetzt auf den Top-Manager aus Deutschland. Gerüchte über ein gemeinsames Kind werden erzählt, lassen sich aber mit unseren Mitteln und von hier aus nicht verifizieren.
Die Agenten machten dort sicher nicht Urlaub
Sicher und belegt ist allerdings, dass kurz nach Haubs Verschwinden am 7. Oktober interessante Gäste in Zermatt eintrafen: Agenten sowohl des amerikanischen Geheimdienstes CIA als auch des russischen FSB. Zwei FSB-Agenten aus Norddeutschland hatten sich nach zuverlässigen Informationen bereits am 10. April 2018 im Luxus-Hotel „The Omnia“ eingemietet, wo sie sich so intensiv mit den Aktivitäten der Suchmannschaften beschäftigten, dass es auch Hotelangestellten damals auffiel. Zu dem Zeitpunkt waren auch schon Mitglieder der Familie Haub eingetroffen und wohnten dort.
Ich schreibe heute über dieses Thema, weil am Nachmittag FOCUS ONLINE das Thema groß aufgemacht hat, gespeist offenbar aus den Erkenntnissen der Kollegin von Boetticher. Und das ist auch interessant, denn neben Focus haben mindestens zwei große deutsche Mainstreammedien die umfangreichen Fakten zu diesem Fall in ihren Redaktionen vorliegen. Seit Monaten, gut dokumentiert, gerichtsfest. Warum hat sich bisher niemand an das Thema herangewagt und es herausgebracht? Warum macht es der Focus gerade jetzt?
Der Fall KEH ist facettenreich
Es gibt zumindest eine Schlüsselperson, die für Aufklärung sorgen könnte, und deren Name jenen bekannt ist, die in dieser Sache recherchieren.
Belegbar und mit Namen bekannt sind auch die beiden Sonderermittler, die vom Konzern nach Haubs Verschwinden engagiert wurden, um den Nachweis zu erbringen, der Mann könnte noch leben. Engagiert damals mit Aussicht auf ein siebenstelliges Honorar, zwei Ruheständler mit Geheimdiensthintergrund: einer vom Militärischen Abschirmdienst (MAD, West) und einer von der DDR-Stasi (MfS, Ost). Beide sind nach Haubs Verschwinden nach Russland gereist und haben vor Ort versucht, Haub und seine mögliche Geliebte zu finden. Und beide sind inzwischen verstorben. Sicher ein Zufall.
Warum haben sich die großen Medien, warum hat sich die Politik des seltsamen Vermisstenfalls nicht angenommen? KEH war Mitglied und einflussreicher Spender der CDU mit Verbindungen ganz nach oben. Warum hat niemand dort Interesse, den zahlreichen Spuren nachzugehen? Was machen unsere deutschen Nachrichtendienste eigentlich beruflich?
In den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gibt es heute rund 31.000 Unternehmen mit russischer Beteiligung. 31.000!
Es gibt glaubhafte Hinweise auf ein internationales russisches Finanznetzwerk, in das auch US-Banken verwickelt sind. Als der Tengelmann-Konzern vor einigen Jahren in bedrohlichen finanziellen Schwierigkeiten steckte, gab es eine Überweisung von mehreren Hundert Millionen Euro von einer Bank in London, die unter Kontrolle eines russischen Oligarchen steht. Warum? Wie deklariert?
Nein, der bedauerliche Skiunfall ohne Leiche in Zermatt ist weit größer als eine Liebesgeschichte in St. Petersburg. Und deshalb werden wir den offenen Fährten weiter folgen und für Sie in Kürze weiter berichten …
Neueste Außen
Neueste Welt
Neueste Wirtschaft
Spendenaufruf
+++ Haben Sie Interesse an politischen Analysen wie diesen?
+++ Dann unterstützen Sie unsere Arbeit
+++ Mit einer Spende über PayPal@TheGermanZ
oder einer Überweisung auf unser Konto DE03 6849 2200 0002 1947 75 +++
Klaus Kelle, Chefredakteur