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„Aus tiefer Sorge um unser Land“

Klasse Auftritt von Merz heute: Aber ich traue der CDU nach all den Enttäuschungen nicht mehr

KLAUS KELLE
Friedrich Merz in Berlin im Konrad-Adenauer-Haus.

„Was ist denn mit dem los“, sagt ein Kollege aus der Redaktion zu mir, der gerade Auszüge der Aussagen von CDU-Chef Friedrich Merz vor der Bundespressekonferenz anschaut. Zwei Minuten später klingelt mein Smartphone, Ralf, mein bester Freund seit Schülertagen in NRW, ist dran. „Hast Du Merz eben gesehen vor der Bundespressekonferenz“, fragt er. Ich verneine. Seit mein Freund und Kollege Boris Reitschuster einst dort mit fadenscheinigen Begründungen ausgeschlossen wurde, tue ich mir diese weichgespülte Quasselbude nicht mehr an.

Als ich dann nachschaue und nachlese, stelle ich fest, dass der Auftritt des CDU-Vorsitzenden tatsächlich ungewöhnlich war in seiner Deutlichkeit.

Noch am Morgen hatte sich Merz im Bundeskanzleramt mit dem glücklosen und ganz offenkundig überforderter Bundeskanzler Olaf Scholz zum Frühstück getroffen, dessen SPD ebenso wie den beiden Ampelparteien Grüne und FDP bei den Landtagswahlen am Sonntag in Sachsen und Thüringen ein Desaster bevorsteht.

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„Aus tiefer Sorge um das Land“, habe er Scholz eine umfassende Zusammenarbeit vor dem Hintergrund des Terroranschlags von Solingen am Samstag angeboten. „Dem Bundeskanzler entgleitet das eigene Land“, sagt Merz, und weiter: „Die Basis des Vertrauens geht verloren.“ Das klingt nicht wie das übliche Politikergequatsche eines Mannes, der mit einiger Wahrscheinlichkeit kommendes Jahr in die Bude von Scholz in Berlin als Bundeskanzler einziehen wird.

Wie viele Jahre habe ich mir so einen Auftritt eines CDU-Vorsitzenden gewünscht?

Jahrzehntelang war ich Mitglied der Partei, das ganze Programm: Schüler Union, Junge Union, RCDS, jüngster Ratsherr in ganz Nordrhein-Westfalen mit 19 Jahren direkt nach dem Abitur. Dann Kreistagsabgeordneter, direkt gewählt im Wahlkreis mit 49,2 Prozent. Ich habe die CDU gelebt wie eine Familie, die der spätere Vorsitzende und Bundeskanzler Helmut Kohl seine Partei genau so beschrieb.

Bis 2005 habe ich nicht einmal daran gedacht, irgendwas anderes zu wählen als die Union, die Partei der Marktwirtschaft, der Westbindung und dann der Deutschen Einheit.

Dann übernahm Angela Merkel – erst die CDU, dann das Bundeskanzleramt

Und alles änderte sich. Die merkelsche Silvesternacht 2015/2016 war der endgültige Bruch. Seit 2009 hatte ich schon bei keiner Bundestagswahl mehr die Union gewählt. Mit der ungeregelten Massenmigration von männlichen Muslimen zu Hunderttausenden, mit Ehrenmorden, Terrorismus, Messerstechern und Gruppenvergewaltigungen war ich mit dieser Partei durch, in die ich mit 18 Jahren eingetreten bin. Als Helmut Kohl 1983, am 6. März, auf dem Fernsehbildschirm im Haus meiner Eltern im beschaulichen Bad Salzuflen erschien, frisch gewählt vom deutschen Volk als Bundeskanzler, habe ich im Wohnzimmer meiner Eltern gesessen und geweint. Richtig geschluchzt, vor Glück. Endlich! Freiheit statt Sozialismus, jetzt beginnt die angekündigte „geistig moralische Wende.

Sie begann nicht, Sie alle wissen es

Und doch machte der Dicke aus Oggersheim einen guten Job. Mit dem Höhepunkt der Deutschen Einheit, den die Ostdeutschen, viele von Ihnen, hart erkämpft hatten, flankiert von Gorbatschow und Bush senior, zusammengepuzzelt von Helmut Kohl in seinem unnachahmliches Patriotismus, mit Saumagen-Essen und Saunagängen im Kaukasus. Klar, hat er auch Fehler gemacht, aber trotz Spendenaffäre ist für mich Helmut Kohl auch heute noch einer der ganz großen deutschen Staatsmänner.

Mit Merkel war dann alles weg, nicht hau-ruck, sondern schleichend

Ich erkenne mein Land heute nicht mehr wieder, nicht nur wegen der wütenden jungen Syrer und Afghanen, die  – von uns freundlich aufgenommen – durch unsere Städte ziehen, Hass und Gewalt verbreiten, sondern durch die erbarmungswürde Unfähigkeit des politischen Establishments, diesen Wahnsinn zu stoppen. Durch eine Bevölkerung, in der bis heute Millionen Menschen freiwillig in gleichen und geheimen Wahlen die Grünen wählen. Was ist nur los mit Euch?

Als Friedrich Merz vor Jahren zurück auf die politische Bühne kehrte, einmal scheiterte, zweimal scheiterte, und dann endlich – nach AKK und Laschet – die Kommandobrücke im Konrad-Adenauer-Haus und der Bundestagsfraktion übernahm, war das wie eine Befreiung. Dachte ich. Aber es war keine Befreiung, es waren gute Reden aber die gleiche Herumeierei wie vorher. Hüh und hott, hin und her, Rücksicht auf all die Priens und Günthers, Laschets, Polenz‘ und wie sie heißen. Verständnis für alle, bloß nicht für die Treuesten der Treuen, die sich zu Tausenden im Verein WerteUnion hinter dem aufrechten Konservativen Hans-Georg Maaßen versammelten.

Eines Tages vor zwei Jahren telefonierte ich mit einem der wichtigsten Köpfe der CDU – Sie kennen den Namen alle

„Sprecht doch mal mit Maaßen“, empfahl ich. Haltet den Mann, macht ihn zum Innenminister in Sachsen empfahl ich. Aber sie können es einfach nicht. Sie können Parteiausschlussverfahren und Brandmauern, sie können Homoehe und Atomausstieg, aber nicht mit ihren eigenen konservativen Parteifreunden sprechen.

Friedrich Merz hat einen sehr starken Auftritt in Berlin heute hingelegt. Ich bin sicher, dass er der nächste Kanzler wird im September 2025. Heute – das war die alte CDU, die viele von Ihnen ebenso wie ich immer und immer gewählt haben. Aber es reicht nicht. Zu oft bin ich und sind Millionen Wähler enttäuscht worden, die entweder gar nicht mehr wählen oder sich der AfD angeschlossen haben. Fleisch vom Fleische der Union, nennt man das wohl.

Die AfD ist keineswegs nur Höcke, Krah und Co., da gibt es viele Gründe, zu verhandeln über eine andere, bessere Politik für Deutschland. Brandmauern haben keine Zukunft. Solange die nicht fallen, kann ich die CDU nicht mehr wählen. Und viele andere können das auch nicht.

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Klaus Kelle, Chefredakteur