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Donald Trump fehlte – und führt das Kandidatenfeld weiter an

Letzte Fernsehdebatte der US-Republikaner: In der Sache gut, im Ton überzogen

DR. STEFAN GEHROLD
Bühne der letzten republikanischen TV-Debatte

Offiziell sind bei den republikanischen Vorwahlen noch fünf Kandidaten im Rennen: die ehemaligen Gouverneure Nikki Haley und Asa Hutchinson, der ehemalige Präsident Donald Trump, der amtierende Gouverneur Ron DeSantis und der Unternehmer Vivek Ramaswamy.

Allerdings erfüllten nur drei die Voraussetzungen für die Teilnahme an der letzten Fernsehdebatte vor den in der nächsten Woche beginnenden Vorwahlen in Iowa: DeSantis, Trump und Nikki Haley. Trump hatte, wie auch zuvor, die Teilnahme an der Debatte abgelehnt.

Kurz zuvor war der ehemalige Gouverneur Chris Christie aus New Jersey ausgestiegen. Nicht, ohne den Wählern mit auf den Weg zu geben, dass in keinem Fall sein Intimfeind Donald Trump („Donald Duck“) nominiert werden dürfte: „Jeder, der nicht öffentlich zugesteht, dass Trump ungeeignet ist, ist selbst ungeeignet.“

Trump führt klar

In den Umfragen hatte es in den vergangenen Wochen Bewegung gegeben. Donald Trump führt aktuell nach einer IPSOS-Umfrage unter den als Republikaner registrierten Wählern mit einem komfortablen Vorsprung: 49 Prozent für ihn, 12  für Nikki Haley, 11 für Ron DeSantis. Während DeSantis und Ramaswamy deutlich nachließen, profitierte Nikki Haley vom Ausscheiden anderer Kontrahenten wie Tim Scott und Mike Pence, ohne dass dies Trumps Vorsprung gefährden würde.

Trumps Abwesenheit bei den Fernsehdebatten war mehrfach Gegenstand der Kritik

Sowohl Haley als auch der Jurist DeSantis kommen aus eher bescheidenen Verhältnissen. Nikki Haley ist die Tochter indischer Einwanderer aus akademischem Milieu. DeSantis‘ Mutter war Krankenschwester, sein Vater Fernsehinstallateur. DeSantis Großeltern sind italienische Immigranten.

Demokratischer Sender CNN mit souveräner Diskussionsleitung

Interessant, dass das National Republican Committee gerade dem demokratischen Sender CNN den Zuschlag für die letzte Fernsehdebatte vor Beginn der sog. Primaries gegeben hatte. Der Sender hatte die beiden Profis Dana Bash und Jake Tapper ins Rennen geschickt. Die hatten die hitzige Auseinandersetzung jederzeit im Griff, stellten die richtigen Fragen und waren faktensicher. Sie gaben den Kandidaten die Gelegenheit zur Darstellung und stellten keine tendenziösen Fragen (kleine Ausnahme Dana Bashs Hinweis auf die Gesundheitsreform durch Präsident Obama, die sie wohl für richtig befand). Das war beim Konkurrenten Fox News nicht durchgehend der Fall, insbesondere bei der zweiten Debatte nicht.

Debatte unentschieden

Die Moderatoren deckten alle aktuellen Politikbereiche ab: Rente, Immigration, Mittlerer Osten, Klimakrise, Ukrainekrieg, Abtreibung, Verfassungsfragen; Kriminalität. Die Kandidaten waren sehr gut vorbereitet und blieben keine Antwort schuldig. Die Tatsache, dass die Antwortzeit pro Frage strikt auf 90 Sekunden begrenzt war, führte zu einem Frage-Antwort-Spiel in rasender Geschwindigkeit. Es gab kein Stottern und kein Zögern. Zu Donald Trumps Rolle um die Anerkennung des Sieges des amtierenden Präsidenten Biden im Jahr 2020 waren beide klar: inakzeptabel. DeSantis punktete immer wieder mit seinem Verweis auf die Erfolge Floridas: Radikale Schuldensenkung, beste schulische Bildung aller US-Staaten, kaum Arbeitslosigkeit, Abschaffung der Mehrwertsteuer für Babyartikel, keine staatliche Einkommensteuer. „Die Leute stimmen mit den Füßen ab. Daher zogen im letzten Jahr fast 1.000 Menschen täglich nach Florida.“

Klarer Punktsieg der erfahrenen ehemaligen UN-Botschafterin Nikki Haley im Bereich der Außenpolitik: Israel, Iran, China, Russland Ukraine. Nikki Haley hatte hier die Argumente und auch Zahlen auf ihrer Seite. DeSantis widersprach nicht direkt, war aber in dem Bereich sichtlich nicht (noch nicht) zuhause.

Letztlich machten beide Kandidaten einen sicheren Eindruck. Einen Sieger konnten die meisten Beobachter nicht wirklich ausmachen.

Wo sind die Gentlemen?

Unerquicklich jedoch, dass sie von Beginn an auf Angriffsmodus gegen den Mitbewerber geschaltet hatten. Nikki Haley eröffnete den Reigen und bezichtigte DeSantis der Lüge. In der Debatte erwähnte sie 21 Mal die homepage www.desantislies.com. Dort sei alles nachlesbar. Und: DeSantis machte mit einem Antisemiten gemeinsam Wahlkampf. „Billiger Müll“, schnauzte DeSantis zurück und teilte dann nicht minder scharf gegen seine Konkurrentin aus. Sie betriebe reine Klientelpolitik für ihre Spender. Er spielte damit auf eine Großspende eines Industriellen im Dezember an, die der Kampagne Nikki Haleys Auftrieb gegeben hatte. Sie wäre im Grunde eine Linke und stünde nicht für republikanische Werte.

CNN kommentierte nachher: DeSantis und Haley zerreißen sich gegenseitig. Und das stimmte, denn die Härte der Auseinandersetzung war unangenehm. Wie wohltuend dagegen die Wortmeldungen der beiden Gentlemen unter den Republikanern, die leider nicht mehr im Rennen sind: Senator Tim Scott und der ehemalige Vizepräsident Mike Pence. Sie hatten während der gesamten Kampagne direkte Angriffe auf ihre republikanischen Mitbewerber vermieden.

Gibt es etwas Positives am Mitbewerber?

… fragte Jake Tapper. Ja, DeSantis sei ein guter Gouverneur, so Nikki Haley. Ja, entgegnete DeSantis: Nikki Haley hätte als UN-Botschafterin einen guten Job gemacht.

Und zum Schluss: Warum sollten man für sie stimmen?

DeSantis wiederholte, dass Haley und Trump ihre jeweils eigene Agenda hätten. Nur er wäre der Kandidat der Menschen. Nikki Haley gab, was wohl richtig ist, zu bedenken, dass sie die einzige ist, die den Demokraten Joe Biden bei den Präsidentschaftswahlen sicher schlagen kann.

Ein hartes Duell ohne Sieger

Inhaltlich waren die Unterschiede nicht übermäßig groß. Beide Kandidaten präsentierten sich eloquent, sachlich auf der Höhe und kämpferisch. Zu kämpferisch. Der scharfe Ton war unangebracht.

Warum DeSantis und Haley diese Strategie wählten, ist unklar. Wirklich geholfen hat es ihnen sicher nicht. Der konservative Amerikaner (und dieser ist ja nun die Zielgruppe der beiden, wenn auch nicht notwendigerweise die Donald Trumps) ist in der Regel reserviert und legt großen Wert auf adäquaten Umgang. Daran ließen es beide fehlen.

In der nächsten Woche wird in Iowa gewählt. Die Streithähne vom Abend in Des Moines stellen sich dann zur Wahl. Die Umfragen lassen wenig Zweifel daran, dass dann ein Dritter siegen wird, dem der Abend am meisten nutzte, obwohl er gar nicht anwesend war: Donald Trump.

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Klaus Kelle, Chefredakteur