Die Ukraine hat vorgemacht, wie es geht
Triumph der Drohne, Rückfall ins Bataillonsdenken

Drohnenschwarm am Abendhimmel.
von ANDREAS SCHNEBEL
BERLIN – Der jüngste ukrainische Drohnenangriff auf ein militärstrategisches Ziel tief im russischen Hinterland wurde in vielen westlichen Medien und Kommentarspalten mit Begeisterung aufgenommen. Zu Recht wurde hervorgehoben, dass eine technologisch überlegene, dezentral agierende Streitkraft selbst einem zahlenmäßig und konventionell übermächtigen Gegner empfindliche Verluste zufügen kann. Die Botschaft schien klar: Asymmetrie schlägt Masse, Intelligenz schlägt Größe.
Umso bemerkenswerter ist es, wie wenig diese Einsicht politische Konsequenzen nach sich zieht.
Denn nur wenige Tage später folgt der reflexhafte Ruf nach dem Gegenteil: mehr Truppen, mehr Wehrdienst, mehr Milliarden für klassische Rüstung. Als hätte man die Lehre des Angriffs übersehen oder bewusst ignoriert.
Die NATO reagiert auf hybride Kriegsführung mit schwerfälliger Strukturvergrößerung – und Deutschland will sich dem mit 60.000 zusätzlichen Soldaten anschließen, ohne eine ernsthafte Debatte darüber zu führen, was Verteidigung im 21. Jahrhundert eigentlich bedeutet.
Die Diskrepanz ist unübersehbar: Wer einerseits die Wirksamkeit kleiner, intelligenter und flexibler Kräfte feiert, kann nicht gleichzeitig ein sicherheitspolitisches Paradigma stützen, das auf Massenheere, Flottenpräsenz und BIP-Prozentsätze fixiert bleibt. Moderne Verteidigung beruht nicht auf schierer Zahl, sondern auf Technologie, Dezentralisierung, Agilität und Präzision – und auf der Wehrhaftigkeit einer freien Gesellschaft, nicht auf ihrer Durchmilitarisierung.
Fazit: Was in der Analyse gefeiert wird, müsste in der Strategie umgesetzt werden! Wer den Erfolg der Drohne ernst nimmt, kann nicht weiter in Bataillonen denken. Statt mehr Wehrpflichtige braucht es mehr digitale Verteidigungsfähigkeit, statt mehr Präsenzübungen braucht es mehr Resilienz. Eine sicherheitspolitische Antwort, die den Charakter moderner Bedrohungen verfehlt, ist nicht nur teuer – sie ist gefährlich.
Neueste Europa
Neueste Politik
Spendenaufruf
+++ Haben Sie Interesse an politischen Analysen wie diesen?
+++ Dann unterstützen Sie unsere Arbeit
+++ Mit einer Spende über PayPal@TheGermanZ
oder einer Überweisung auf unser Konto DE03 6849 2200 0002 1947 75 +++
Klaus Kelle, Chefredakteur