Was Merz vor der Bundestagswahl noch erledigen muss
Am 9. November 2024 sind wir mitten in der deutschen Zeitenwende. Die Ampel ist zerbrochen und Oppositionsführer Merz verhandelt mit Noch-Kanzler Scholz über den Termin der Neuwahl und darüber, ob noch Gesetzesvorhaben vor der Auflösung des Deutschen Bundestages beschlossen werden sollen.
Und das ist richtig so, denn als Anführer der größten Oppositionsfraktion und möglicher Kanzler nach der Wahl hat Friedrich Merz hier eine große Verantwortung gegenüber dem Land.
Wie jede Krise bietet auch diese Krise die Chance, dass politische Persönlichkeiten über sich hinauswachsen.
Diese Chance kann und muss Friedrich Merz jetzt nutzen. Und zwar dafür, dass der Deutsche Bundestag endlich sofort wirksame Maßnahmen zum Thema Migration beschließt.
Noch vor gar nicht so langer Zeit hat Friedrich Merz Gespräche mit Kanzler Scholz zu Recht abgebrochen, weil die damaligen Ampelvorschläge zur Migrationsbegrenzung nicht konsequent genug waren.
Deutschland braucht eine wirksame Begrenzung und Steuerung von Migration. Sofort!
Nach dem Ende der Ampel hat Friedrich Merz eine absolute Mehrheit im Deutschen Bundestag für die Zeitenwende in der Migrationspolitik: 367 Stimmen braucht es, Union (196), FDP (91), AfD (76), BSW (10) bringen es auf 373 Stimmen – für ein von allen vernünftigen politischen Kräften im Land gefordertes Umschwenken in der Migrationspolitik hat Friedrich Merz die nötigen Stimmen, selbst wenn SPD und Grüne nicht mitziehen.
Es kann deshalb keine zwei Meinungen geben: Selbst wenn Merz Kanzler Scholz zur sofortigen Vertrauensfrage bringen sollte, was unwahrscheinlich erscheint, kann und muss dieser Beschluss noch gefällt werden.
Es gibt keine Rechtfertigung dafür, dass ein voll ausgearbeiteter Beschluss der Union nur deshalb im Deutschen Bundestag nicht abgestimmt wird, weil er eine Mehrheit hat.
Das wäre völlig absurd, gerade von der Partei, die immer auf ihren staatstragenden Anspruch stolz war.
Ein politischer Inhalt wird nicht dadurch richtiger und falscher, dass die Mehrheit größer oder kleiner ist. Das Migrationsproblem ist akut und muss ohne jeglichen Zeitverzug angegangen werden.
Der Umgang mit diesem politischen Inhalt, mit der von Merkel geerbten Migrationskrise, ist der Führungstest für Friedrich Merz und Thorsten Frei.
Die CDU und die Unionsfraktion hatten immer das Leitmotto „Das Land vor der Partei, vor der Person“.
Aber hier ist es ja so, wie eigentlich immer mit richtiger, guter demokratischer Politik: Es ist notwendig für das Land und damit auch richtig für die Partei. Und natürlich auch für Friedrich Merz.
Und wenn ihn tatsächlich jemand an die angeblich hier geltende „Merkel-Doktrin“ erinnert (für die Merkel-Doktrin siehe brillante Analyse von Ralf Schuler auf NIUS heute Morgen), dann könnte so die Merz-Gegen-Doktrin heißen: Was für das Land notwendig ist, muss gemacht werden, selbst wenn noch nicht alle Medienvertreter oder politischen Akteure überzeugt sind. Oder Angst haben.
Und der Gang der Geschichte wird ihm Recht geben
Ich sehe das Problem eh nicht: Die Zentralannahme der Merkel-Doktrin kann – wenn überhaupt! – nur Bedeutung haben, wenn der politische Inhalt falsch ist.
Bei richtiger Politik, wie hier, ist eine Merkel-Doktrin-Blockade nicht nur undemokratisch, sondern auch parteitaktisch kontraproduktiv.
Wenn richtige, notwendige Inhalte umgesetzt werden, gibt es im Zweifelsfall nur für die Parteien Schaden, die ihre Zustimmung verweigern. Der mögliche negative Effekt eines Votums, wo ein Unionsantrag die Zustimmung von AfD und BSW braucht, um gegen die linke Seite des Hauses verabschiedet zu werden, fällt – wenn überhaupt – auf die Parteien zurück, die sich verweigern, also SPD und Grüne.
Das verstehen Kanzler Scholz und sein Parteivorsitzender Klingbeil auch: Die Stimmen von AfD und BSW sind ja nur notwendig, wenn sich die SPD mit ihren 207 Bundestagsabgeordneten nicht zur Enthaltung oder Zustimmung durchringen kann.
Wir müssen die Migrationspolitik sofort ändern, Friedrich Merz! Das Land wird es Ihnen danken!
Philipp Lengsfeld war CDU-Bundestagsabgeordneter von 2013 bis 2017. Er ist aktiv im liberal-konservativen Spektrum, war 20 Jahre (2001-2021) Mitglied der CDU Berlin und fünf Jahre (1995-2001) Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen.
Sie können dem Autor gerne unter p.lengsfeld@arcor.de schreiben.
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Klaus Kelle, Chefredakteur