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Gott ist so wenig ein Mann wie der Mond einer ist

Zwischen Mariologie und Feminismus Wie frauenfeindlich ist die Katholische Kirche?

MARTIN EBERTS
Statue der Gottesmutter Maria in Bosnien-Herzegowina.

Manches Event auf dem jüngsten Katholikentag in Erfurt hat mich an den unvergessenen Loriot erinnert, genauer gesagt an seinen genialen „Ödipussi“-Film. Zu den besonders witzigen Szenen darin gehört jener spießige Clubabend, bei dem die Teilnehmer krampfhaft versuchen, ihrem Verein einen Namen zu geben, der seine Ziele widerspiegelt. Drei höchst bedeutsame Themen gilt es dabei zusammenzuzwingen, auch wenn sie partout nicht zusammenpassen wollen: „Karneval, Umwelt und Frau“. Das groteske Ergebnis erinnert stark an die mit großem Bierernst verfolgten Versuche, der Katholischen Kirche ein zeitgeistgerechtes Korsett aufzuzwingen, koste es was es wolle…

Der Fairness halber sei gesagt, dass natürlich nicht der ganze Katholikentag vom ideologischen Wildwuchs unfreiwillig komischer Absurditäten verdunkelt war.

Auch verbietet sich übertriebener Alarmismus; es wird ganz sicher nicht gelingen, den Katholischen Glauben mit den Zielen der Trans-Ideologen, der Gender-Sektierer oder der Abtreibungs-Lobbyisten unter einen Hut zu bringen. Dennoch ist es schon bedenklich, wie viele Leute selbst innerhalb der Kirche davon ausgehen, dass die Katholische Kirche irgendwie frauenfeindlich sei, oder doch zumindest nicht „auf der Höhe der Zeit“.

Daher rührt das eifernde Bemühen, selbst das Leben der einfachen Gläubigen mit einer Geschlechterperspektive zu überziehen. Das geht von der verqueren Gender-Sprache bis zum unbekümmerten Verändern von Gebeten, Bekenntnissen, Lesungen. Da soll dann nicht mehr von Gott Vater die Rede sein, sondern irgendwie von Mutter und Vater in einem. Und wenn Jesus schon nicht zur „Trans-Frau“ gemacht werden kann, dann soll zumindest der Heilige Geist zur „heiligen Geistkraft“ feminisiert werden.

Theologische Dyslexie

Der Anknüpfungspunkt für Letzteres ist – bei den Gebildeten unter den Verächtern der Katholischen Lehre – das hebräische Wort für Geist („Ruach“) im Alten Testament, das ein grammatisches Femininum ist.

Aus der hebräischen Grammatik lässt sich aber kein „weibliches Prinzip“ im Gottesbegriff konstruieren. Gott ist weder Mann noch Frau; er hat nur den Menschen als Mann und Frau erschaffen. Und Ruach hat nicht das Geringste mit einer Göttin zu tun. Das alte Israel hat sich vielmehr theologisch vehement gegen die geschlechtlich fixierten Götzen seiner kanaanäischen Umwelt gewehrt. Die kanaanäischen und phönizischen Göttinnen standen für einen grausigen Kult, zu dem Menschenopfer und Zwangsprostitution im Tempel gehörten. Nichts könnte weiter entfernt sein von der Heiligkeit dessen, der auf Hebräisch „Ruach“ genannt wird und ganz einfach der Heilige Geist ist.

Die innere Widersprüchlichkeit des Gender-Denkens könnte kaum deutlicher sein: Auf der einen Seite wird das biologische Geschlecht geleugnet bzw. „de-konstruiert“, um an seine Stelle eine Vielzahl von eingebildeten Geschlechtern zu setzen. Auf der anderen Seite soll die Sprache der Kirche aber feministisch werden, sollen immer die zwei tatsächlich existierenden Geschlechter genannt und deren Gleichstellung zur permanenten Aufgabe gemacht werden. Während in Abrede gestellt wird, dass Gott den Menschen „als Mann und Frau“ geschaffen hat, soll gleichzeitig Gott in ein binäres Geschlechterschema gezwungen werden. Schöpfer und Schöpfung werden mutwillig vertauscht.

It’s the grammar, stupid!

Aber, so könnte man einwenden, ist nicht zumindest die theologische Sprache reformbedürftig? Spiegelt sie nicht patriarchalische Strukturen wider?

Gewiss ändern sich Ausdrucksformen und Formulierungen, und jedes Zeitalter findet seine eigene Sprache bis zu einem gewissen Grade neu. Aber man darf sich auch nicht absichtlich dumm stellen. Theologisches Sprechen lebt von der ganzen Fülle sprachlicher Ausdrucksmittel, nicht zuletzt von Bildern, Vergleichen, Metaphern. Und in 2000 Jahren Christenheit ist sicher noch kein Mensch, soweit er bei gesundem Verstand war, auf die Idee gekommen, ein Männchen/Weibchen-Schema auf Gott zu projizieren. Gott ist so wenig „ein Mann“ wie der Mond einer ist, oder die Sonne „eine Frau“. Die Verwirrung rührt zum Teil daher, dass manche Menschen nicht verstehen – bzw. vorgeben nicht zu verstehen – dass es einen Unterschied zwischen natürlichem und grammatischem Geschlecht gibt.

Alter Mann mit Bart?

Bei der bildhaften Rede vom väterlichen Gott geht es nicht um Geschlechterrollen, sondern um die liebende Fürsorge dessen, der seine Geschöpfe mit quasi elterlicher Liebe umfängt, wie eine Mutter ihr Kind. Aber das ist noch nicht das Entscheidende. Die christliche Rede von Gott dem Vater ist nur verständlich aus dem Zusammenhang der Trinitätslehre. Gott ist und war immer „Vater, Sohn und Heiliger Geist“. Das Vatersein ist also ein innertrinitarisches Geheimnis und hat nichts mit menschlichen Vorstellungen von Geschlecht und Patriarchat zu tun. Nur die Rolle der Mutter ist im innerweltlichen, im menschlichen Bereich angesiedelt: in Maria, der Mutter Jesu.

Menschwerdung

In der katholischen Lehre gibt es kein geschaffenes Wesen, das einen höheren Rang innehat, als die Gottesmutter Maria, denn der Erlöser wurde von dieser Frau geboren. Sein irdisches Leben lebte er als der Sohn der Maria, und so leuchtet es auch aus dieser Perspektive ein, dass Gott entsprechend als Vater bezeichnet wird. Jesus selbst sprach – ausweislich der Berichte der Evangelien – immer wieder und sehr eindringlich von Gott als seinem Vater. Wer dürfte es wagen, Christus darin zu widersprechen und ihn zu zensieren?

Die Menschwerdung Gottes aus der Jungfrau Maria ist jedenfalls die größtmögliche Erhöhung eines Menschen, die es geben kann. Insofern wird in der Marienverehrung die Würde der Frau in unüberbietbarer Weise bestätigt. Das gibt es in keiner anderen Religion, von weltlichen Ideologien ganz zu schweigen. Alle Versuche, stattdessen – wie bei der legendären Vereinssitzung in Loriots „Ödipussi“ – Frau, Gesellschaft und Kirche irgendwie neu zusammenzustückeln, fallen dagegen hoffnungslos ab und wirken unfreiwillig komisch.

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Klaus Kelle, Chefredakteur