Wer ist dieser streitbare Rechtsanwalt Ulrich Vosgerau?
„Ich war als Kind ein großer Fan von Helmut Schmidt“, beginnt Dr. Ulrich Vosgerau unser Gespräch über seinen privaten, juristischen und politischen Lebensweg. Dessen klare Haltung zur russischen Bedrohung mit SS-20 Raketen damals und der vom SPD-Bundeskanzler initiierte NATO-Doppelbeschluss haben den aus Pinneberg in Schleswig-Holstein stammenden Verfassungsrechtler schon als junger Mann tief beeindruckt: „Der war so elegant als Kanzler…“
Heute ist Ulrich Vosgerau selbst ein bekannter Mann in Deutschland
Denn er war dabei, bei dem angeblich so geheimen Treffen am 25. November 2023 in einem Hotel im Potsdamer Norden. Dem „Geheimtreffen…“
Dort hatten sich Unternehmer und Parteimitglieder von CDU, WerteUnion und AfD getroffen – eine Art Freizeitverein für Unternehmer mit jährlich wechselnden Gästen und Gesprächspartnern – zu Diskussionen, Vorträgen und reichhaltigen Mahlzeiten und Wein. Gleich morgens im Programm die Buchvorstellung eines österreichischen Aktivisten und Autors. Ihm geht es darum, wie die seit Jahren anhaltende illegale Massenmigration nach Deutschland verringert werden kann und wie rechtskräftig, in einem rechtsstaatlich einwandfreien Verfahren, abgelehnte Asylbewerber oder auch straffällige oder dauerhaft vom Sozialstaat abhängige Ausländer abgeschoben werden könnten – raus aus unseren Sozialsystemen, und ein Teil auch raus aus den Kriminalstatistiken.
Ulrich Vosgerau ist in den inzwischen sagenumwobenen „Düsseldorfer Kreis“ eines früheren Zahnarztes aus der Rheinmetropole vor einigen Jahren hineingeraten, weil er als Rechtsanwalt Mandanten vertritt, die zu diesem konservativen Gesprächskreis, der sich ein oder zweimal im Jahr trifft, dazugehören. Ein konservativer und wirtschaftsliberaler Kreis, aber konservativ sein darf man.
Und so flatterte Vosgerau eines Tages im vergangenen Jahr eine Einladung zum Treffen in Potsdam auf den Schreibtisch, ein privates Treffen, gutbürgerliche Teilnehmer. „Nicht alle der Teilnehmer kannten das Programm“, versichert der Jurist und bekennt gleichzeitig offen, er habe gewusst, dass auch der Österreicher Martin Sellner kommen würde, Gallionsfigur der rechten Identitären Bewegung (IB). Vosgerau: „Ich wollte Sellner mal selbst hören und nicht nur über ihn in der Zeitung lesen.“
„Es ist nichts Rechtswidriges passiert da im Landhaus“, versichert Vosgerau und nimmt einen frischen Kaffee, einfach schwarz. „Es war sehr gemütlich, das Kaminfeuer prasselte und wir tauschten uns offen aus.“
Doch einige Wochen später meldete sich dann das linke Medienhaus „Correctiv“ und stellte Fragen, an was er sich erinnere von diesem Treffen.
Als sein Name dann in der bundesweiten Kampagne des medialen und politischen Mainstreams im Januar immer wieder genannt wurde, merkte Vosgerau, dass er die Wirkung eines solchen Treffen am Anfang möglicherweise doch unterschätzt habe. Gleichzeitig, ein bisschen stolz: „Ich habe in der Folge nicht einen einzigen Mandanten verloren.“ Und der Rechtsanwalt, der bei dem Landhaus-Treffen sogar spontan gebeten worden war, für einen ausgefallenen Referenten einzuspringen und einen Vortrag über Lücken des deutschen Wahlrechts zu halten, wehrte sich erfolgreich vor Gericht.
Stück für Stück zerlegte Vosgerau Behauptungen aus dem von Correctiv verbreiteten Artikel mit der Überschrift „Geheimplan gegen Deutschland“.
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hatte sich nach der Veröffentlichung sogar zu der Aussage hochgeschraubt, der angeblich diskutierte „Masterplan“ zur „Remigration“ habe eine ähnliche Qualität wie der Wannsee-Konferenz der Nazis 1942, nur ein paar Kilometer von Potsdam entfernt. Unglaublich, dass der Mann noch immer im Amt ist, der seiner Stadt damit bundesweit schweren Image-Schaden zugefügt hat.
Correctiv musste besonders durch die Hartnäckigkeit von Vosgerau zurückrudern; der ins Internet gestellte Text wurde unter der Hand gleich mehrfach korrigiert. Correctiv gab bereits im Januar vor dem Landgericht Hamburg zu, dass im Landhaus am Lehnitzsee am 25. November nicht über „eine rechts-, insbesondere grundgesetzwidrige Verbringung oder Deportation deutscher Staatsbürger gesprochen“ wurde. Gerichtlich wurde außerdem auch festgestellt, dass Correctiv Falschbehauptungen über den Juristen Ulrich Vosgerau getroffen hatte. Über den ganze Verlauf des Treffens und den Auswirkungen hat der Organisator des „Düsseldorfer Kreises“ eine lesenswerte Internetseite eröffnet, die Sie hier finden.
Obwohl Ulrich Vosgeraus Berufstätigkeit von der Kamagne unbeeinträchtigt blieb – ihm entstanden allerdings Rechtsverfolgungskosten in Höhe von bislang über 225.000 Euro – erlebte er das, was heute in Deutschland jeder erlebt, der seinen Kopf in den linken Wind hält: Man versuchte, ihn öffentlich zu diskreditieren. So wollte eine Gruppe Staatsrechtsgelehrter, mit etlichen von ihnen ist Vosgerau seit vielen Jahren persönlich gut bekannt, ihn sogar aus der deutschen Staatsrechtler-Vereinigung ausschließen. „Keiner hat mich mal persönlich angerufen und gefragt, was da wirklich passiert ist“, erinnert er sich. Und natürlich wurde er nicht ausgeschlossen. Warum auch?
Ulrich Vosgerau ist Jurist
Ein guter, wie man hört und liest. Studiert in Passau, dann Öffentliches Recht in Freiburg. Einer, der die AfD immer wieder vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten hat.
Dabei gehört er seit langem der CDU an. Vielleicht als eine Gegenbewegung gegen den linken Mainstream, den Vosgerau selbst in den juristischen Fakultäten erlebte, die man früher für sichere konservative Trutzburgen im Universitätsbetrieb hielt: „Die Grünen treten als politische Partei auf, aber im Grunde wollen sie kontrollieren und regeln, was man überhaupt noch denken darf. Voller Selbstbewusstsein, und alles wird tatsächlich von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert.“ „Vergrünung“ nennt mein Gesprächspartner das, und ich finde den Begriff sehr treffend.
Ulrich Vosgerau ist ein konservativer CDUler, einer, der mit dem einstigen Übervater Helmut Kohl lange wenig anfangen konnte. Und er sieht einen deutlichen Unterschied zwischen den beiden Unions-Protagonisten Kohl und Franz-Josef Strauß von der bayerischen CSU: „Kohl wollte Kanzler werden und Kanzler bleiben, Strauß wollte einen grundlegenden Wandel in Deutschland.“
Als die AfD aufkam ab 2013, verspürte Ulrich Vosgerau Interesse, ja sogar Sympathie für den Parteigründer Prof. Bernd Lucke. „Wie der damals in Fernsehtalkshows volkswirtschaftliche Zusammenhänge erklärte, das war schon brillant“, schwärmt er. Und dann wurde Lucke auf einem legendären Parteitag in Essen als AfD-Chef gestürzt, und das Thema Eintritt in die AfD hatte sich damit für Vosgerau erstmal erledigt. Als Lucke später für das „Bündnis Bürgerwille“ als Hauptbeschwerdeführer in der Verfassungsklage gegen das PSPP-Anleihenkaufprogramm der EU auftrat – und der habilitierte Europarechtler Vosgerau die Klage unterstützte – weigerte sich Lucke gleichwohl, Vosgerau in die Liste der „Unterstützer aus der Wissenschaft“ aufzunehmen. Grund: dieser vertrat die AfD bzw. die AfD-Bundestagsfraktion in anderen Verfahren.
„Ich bin mit der Gegenwart in Deutschland nicht zufrieden“, bekennt mein Gesprächspartner, bevor wir uns verabschieden. Auch mit den Konservativen hadert er ein Stück weit: „Die konservative Szene verändert sich…“ Das hänge natürlich sehr stark am Ukraine-Krieg und den sich erbittert gegenüberstehenden Vertretern der jeweiligen Seite. „Es ist schon auffällig, dass die linke sogenannte ‚Friedensbewegung‘, die damals gegen die NATO mit Moskaus Gunst und Geld agitierte, heute eine rechte Pro-Russland-Bewegung geworden ist.“ Deutscher Nationalpazifismus oder Neutralitätsideen, wie sie schon Rudi Dutschke propagiert hatte, sind Vosgerau angesichts der geopolitischen Macht- und Möglichkeitsverhältnisse ein außenpolitischer Graus. Und: andere wichtige Themen rückten deshalb in den Hintergrund. Leider.
Zum Schluss, Hand aufs Herz, lieber Herr Vosgerau: Wenn Sie wieder eine Einladung zum Treffen des „Düsseldorfer Kreises“ erhielten, würden sie heute wieder hingehen?
Natürlich würde er das. „Ich glaube, da gibt es sogar demnächst wieder eine Runde….“
Das Gespräch führte Klaus Kelle.
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Klaus Kelle, Chefredakteur