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Die allgemeine Aufregung wirkt zunehmend lächerlich

Causa Sellner: Wie die politische Linke den Rechten irgendwann zur Macht verhilft

JULIAN MARIUS PLUTZ
FOTO: pixabay/suissgirl | Für ein Stück Sachertorte mal eben nach Deutschland und gucken, was passiert.

Wie Martin Luther King hatte ich einen Traum. Ich träumte von einem linken Aktivistenmedium, das mit Lochbildkameras und Notizblock ausgestattet Enthüllungen bei irgendwie Nazis startete. Es ging um eine Konferenz, die schnell als ‚Geheimtreffen‘ bezeichnet wurde, das ungefähr so geheim war wie der 80. Geburtstag von Tante Sieglinde in Bad Staffelstein.

Jedoch fand die Zusammenkunft nicht in Oberfranken, sondern in Brandenburg, genauer gesagt in Potsdam, statt. Unter anderem waren AfD- und CDU-Mitglieder zugegen, um über die Themen der Zeit zu sprechen. Als der Skandal von der selbsternannten Rechercheplattform, die vor Gericht regelmäßig den Kürzeren zieht, publik gemacht wurde, stürzten sich zahnlose, dafür umso mutige Medien auf das Thema. Vom ARD-Brennpunkt bis zu Markus Lanz, vom ZDF-Heute-Journal bis zur Speerspitze der Demokratie, der Main Post – fast alle Journalisten verurteilten das Treffen und waren sich einig: Hier fand die neue Wannseekonferenz statt.

Nun kennt jeder das Wort „Remigration”

Doch nicht nur die Journaille gab sich empört. Auch die Bundesregierung erhob ihre moralinsauren Zeigefinger, die sich flugs zu gut sichtbaren Mittelfingern formierten, um den staatlich orchestrierten ,Kampf gegen Rechts‘ einzuleiten. Mitglieder der Regierungsparteien meldeten Demonstrationen an, oder anders gesagt: Die Herrschenden beteiligten sich nicht nur, sie organisierten Kundgebungen gegen ihre eigene Opposition.

Doch der Traum, der längst zum Alptraum mutierte, ging noch weiter. Einer der Teilnehmer des unfassbar geheimen Geheimtreffens war ein gewisser Martin Sellner, der für einen Österreicher ganz gut Deutsch spricht. Dieser Sellner, den böse Zungen – weil ihm eine anstehende Polizeivernehmung droht – „Zellner“ nennen, hat zwar in Deutschland wie in Österreich kein Mandat, geschweige denn Macht, aber er gilt als irgendwie böse.

Als Posterboy der Identitären Bewegung gilt Sellner als intellektueller Büchsenspanner der Neuen Rechten. Vor der Inszenierung der ;Rechercheplattform‘, vor den Sondersendungen des Tendenzfunks, vor den Massendemos kannten wenige den Namen Sellner. Ebenso verhält es sich mit dem Wort ‚Remigration‘, um das es bei dieser Konferenz zwar kaum ging, aber dennoch so publiziert wurde. Kaum einer kannte den Begriff, und nun ist er ;Unwort des Jahres‘ geworden. Von nun an wurde mein Traum grotesk.

Sellner von der Polizei kontrolliert

Am Höhepunkt des Empörungskarnevals beschlossen die Herrschenden, den Österreicher Sellner abzuweisen, wenn er nach Deutschland einreist. Was macht Sellner? Richtig, genau das. In einer Videobotschaft kündigt er an, nach Passau, Niederbayern, zu fahren, um bei einem renommierten Konditor ein Stück Kuchen – vielleicht eine Sachertorte? – mit einem Kännchen Kaffee – möglicherweise eine Melange? – zu verzehren. Daraufhin kündigte die Lokation an, ihre Pforten für diesen Tag zu schließen, weil ja Martin Sellner kommt. Das war der Punkt, an dem ich im Schlaf laut loslachen musste.

Doch der Traum, er endete hier noch nicht. Auf deutschem Boden wurde Martin Sellner – jetzt wissen Sie, warum Satiriker ihn „Zellner“ nennen – kontrolliert und von der Polizei kurz festgehalten. Die Beamten haben jedoch „keine Gründe gefunden, die darauf hindeuten, dass er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt“. Sie ließen ihn durch diese bunte, schöne Republik einfach weiterfahren und haben ihn nicht an der Machtergreifung gehindert.

Endstufe der intellektuellen Selbstauflösung

Irgendwann merkte ich: Das war kein Traum. Jonathan Frakes von „X-Factor – Das Unfassbare“ würde nun sagen: Diese Geschichte ist wahr … Sie ist tatsächlich im Jahr 2024 in Deutschland so geschehen. Wenn das Unglaubliche zur Routine wird und der Schwachsinn zur Realität, dann ist die Chance hoch, dass wir in diesem Land sind, welches Bundesschrotthändlerin Angela Merkel das beste aller Zeiten getauft hat. Deutschland ist grotesk ohne Dadaismus, dafür einfältig wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“. Die Gesellschaft erschafft zwar keine Dichter mehr, wirkt jedoch dicht wie Helmut Berger.

Das Amüsanteste an dieser Schmierenkomödie ist, dass sich die Herrschenden keinen Gefallen tun. Sie machen sich zum Teil einer PR, die so durchschaubar ist wie Plexiglas. Nun weiß jeder, was „Remigration“ bedeutet. Nun kennt jeder Martin Sellner. Und die AfD steht weiterhin stabil da. Die politische Linke hat die Endstufe der intellektuellen Selbstauflösung erreicht, während sich die Rechte ins Fäustchen lacht. Egal, was die AfD Falsches und Dummes tut. Die Linke toppt es zuverlässig. Und am Ende verhelfen sie ihrem Erzfeind dazu, an die Macht zu kommen. Was für eine Ironie.

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Klaus Kelle, Chefredakteur