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Union und FDP werden nichts dergleichen tun.

Es geht nicht um Kompetenz, es geht um Lifestyle: Warum Baerbocks totale Überforderung niemanden stört

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock soll ihre Partei als Kanzlerkandidatin in die Bundestagswahl führen. Foto: Kay Nietfeld/dpa

von CHRISTIAN KOTT

BERLIN – Bereits Mitte April habe ich hier in TheGermanZ begründet, warum ich prognostiziere, dass die Grünen bei der Bundestagswahl stärker abschneiden werden als die Union und daher Annalena Baerbock die nächste Bundeskanzlerin wird. Von vielen bin ich dafür belächelt worden. Seitdem sind etwas mehr als sechs Wochen vergangen. Zeit also mal nachzuhaken, wie es mit meiner Prognose steht.

Die bräsig wirkende Annalena hat seither unzählige Baerböcke geschossen, peinliche Versprecher in Talkshows, eine fünfstellige Summe sich selbst genehmigtes Weihnachtsgeld „vergessen“, ihren Lebenslauf nachweislich getürkt, falsche Angaben über Studium und Abschluss gemacht und kann auf ihrer eigenen Internetpräsenz nicht einmal korrekt zusammenzählen, dass fünf und zwei zusammen sieben Mitarbeiter sind.

Denn die Grünen haben durch die peinlichen Auftritte ihrer Spitzenkandidatin in den Umfragen kaum verloren, obwohl der Wahlkampf noch gar nicht richtig begonnen hat. Und dieser Wahlkampf wird ein grüner Wahlkampf werden.

Dafür gibt es drei Gründe:

Erstens gehört es zunehmend zum Lifestyle, so zu tun, als sei man irgendwie jung, dynamisch, modern, selbstgerecht und überspiele seine Bildungslücken mit lautem Geschrei und viel Moralin. Grün zu sein ist keine politische Einstellung sondern ein Lebensgefühl für diejenigen, die sich nun endlich nicht mehr schämen müssen, durch und durch mittelmäßig zu sein. Den Grünen ist es schleichend gelungen, folgendes Image zu prägen: Man kann sich als Grüner jetzt endlich gegenüber den Klugen, den Leistungsbereiten, den Gebildeten und den Sachkompetenten überlegen fühlen, obwohl es objektiv dazu überhaupt keinen Anlass gibt. Dieses Erfolgsrezept unterschätzt die gesamte politische Konkurrenz völlig und findet kein Mittel dagegen, weil nicht einmal das Problem bislang erkannt wurde.

Zweitens haben die Grünen die mächtigsten Wahlkampfhelfer, die es in einer modernen Gesellschaft überhaupt gibt: die Medien. Bis auf wenige Feigenblätter, die man sich in den Redaktionen noch hält, um eine gewisse Neutralität vorgaukeln zu können, sind TV (und zwar nicht nur die öffentlich-rechtlichen Propagandakanäle) und große Zeitungen soweit sie nicht zum Springer-Konzern gehören, so durchgrünt, dass man gar keinen Anlass mehr sieht, seine Sympathie für die Bevormundungspartei zu verhehlen. Die gratis Wahlwerbung der Journaille für die Grünen zeigt längst Wirkung und wird noch deutlich intensiver werden. Und die Wirkung eines medialen Trommelfeuers sollte niemand unterschätzen.

Und drittens wehrt sich niemand.

Die Konkurrenz der Grünen schaut erstaunt zu, dass die Kampagne, die Baerbock als am Rande der Amtsunfähigkeit inkompetent aussehen lassen sollte, mit der ihr Lüge, Täuschung und Versagen nachgewiesen wurde, kaum Wirkung zeigt.

Die größte Zielgruppe der Grünen erwartet von Baerbock gar nicht, dass sie mitbringt, was so ein richtiger Bundeskanzler können muss. Es geht nicht um Kompetenz sondern um Lifestyle.

Der klassische Grünen-Wähler heißt Malte-Sören, nennt sich aber Maddy, weil das cooler klingt, sitzt in seiner pastell-orangenen Jack-Wolfskin-Jacke mit Maske im Starbucks in der Innenstadt vor seinem aufgeklappten Laptop und trinkt einen Latte Macchiato, aber vegan.

So jemand hat mit Baerbock endlich eine Kandidatin, mit der er sich identifizieren kann.

Um die Grünen aufzuhalten müsste man sie inhaltlich stellen. Man könnte auf die vielen Widersprüche in ihrem Programm hinweisen. Man könnte ihnen vorrechnen, dass die surrealen Vorschläge den Steuerzahler so teuer kämen, dass es jeder Einzelne von uns in existenzbedrohender Weise im täglichen Leben merken würde. Man könnte den Grünen ihre verrückte Klima-Panikmache widerlegen, was nicht so schwer ist im Jahr 2021, das den kältesten Monat Mai seit Ewigkeiten hatte.

Man könnte den Grünen vorhalten, dass sie auf die wichtigen gesellschaftlichen Fragen Freiheit, Wohlstand, Nachhaltigkeit, Generationengerechtigkeit, Sicherheit, Vernunft, Individualität, Verlässlichkeit, Chancengleichheit und Bildung keinerlei Lösung anbieten.

Union und FDP werden nichts dergleichen tun. Sie wollen mit den Grünen regieren und denken nicht daran, sie inhaltlich zu stellen. Stattdessen möchte man lieber einen Krümel vom Kuchen der Wokeness abbekommen.

Und auch die AfD wird übrigens nichts Wirksames gegen die Grünen unternehmen, denn dort ist man damit beschäftigt, sich selbst zu zerfleischen und die innerparteilichen Todfeinde zu vernichten als noch Zeit für den politischen Gegner übrig zu haben.

Deshalb, gewöhnen wir uns schon einmal daran, dass wir ab September folgendes öfter hören werden: Bundeskanzlerin Baerbock.

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Klaus Kelle, Chefredakteur