Schröders Besuch bei Putin im Kreml – Ich denke: In zwei Wochen ist der heiße Krieg vorbei
Liebe Leserinnen und Leser,
die Reise von Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder nebst Gattin auf Friedensmission hat für einiges Aufsehen gesorgt. Reden ist immer gut, das ist so im woken Deutschland, bloß nicht schießen. Das kann, ja vielleicht muss man das so sehen. Und Deutsche wollen nunmal sowieso gar nicht schießen. Gebrauchte Schutzhelme, vergammelte NVA-Waffen, Kopfschmerztabletten und Schecks – das muss reichen, wenn Krieg ist. Schließich haben wir ja diese Vergangenheit.
Am Donnerstag sind die Schröders im luxuriösen Kempinski nahe des Roten Platzes eingetroffen. Rosneft-Lobbyist Schröder ist dann zu einem – wie es heißt – mehrstündigen Gespräch mit Putin in den Kreml gefahren – mit Blaulicht, wie BILD-Leser wissen. Und Soyeon Schröder-Kim posierte für die Sozialen Netzwerke mit einem Selfie am Hotelfenster mit herrlichem Ausblick auf die berühmte Basilius-Kathedrale auf dem Roten Platz: Ernster Blick, die Hände zum Gebet gefaltet, die Augen geschlossen. Dazu ein Gebets-Emoji. Mehr geht nicht.
Im Foto auch zu sehen: die Brücke, die über den Fluss direkt zum Kreml führt, auf der vor vor sieben Jahren der Putin-Kritiker Boris Nemzow ermordet worde. Wenige Stunden vor dem Gewaltverbrechen, hatte Nemzow Putin öffentlich vorgeworfen, einen Krieg in der Ukraine zu planen. Natürlich sicher – wie immer – ein Zufall. Merke: Wer gegen Putin opponiert, der kann nicht nur im Berliner Tiergarten beim Joggen erschossen werden, sondern auch auf der 540 Meter langen Großen Moskwa-Brücke, die direkt zum Kreml führt und auf der unser Mathias Rust 1987 mit einem Kleinflugzeug landete, was der russischen Luftabwehr bis zum Moment der Landung gar nicht aufgefallen war.
Die aktuelle Hoffnung, Schröder werde mit seinem Freund Wlad ein paar Vodkas trinken, und dann sei das mit dem Krieg vorbei, wurde natürlich enttäuscht. Ich weiß gar nicht, wer die hatte, aber hier und da konnte man davon lesen, dass es diese Hoffnung tatsächlich gegeben hatte.
Ich jedenfalls hatte diese Hoffnung nicht, finde es aber gut, dass Schröder – wohl aus eigener Initiative – nach Moskau gereist ist. Weil er einen anderen Zugang zu Putin hat, als zum Beispiel Olaf Scholz und Emmanuel Macron, die zwar immer mal anrufen im Kreml, aber die vom russischen Kriegsherrn wohl eher als der Feind im Westen betrachtet werden. Das Verhältnis von Putin und Schröder stelle ich mir eher vor, wie das Verhältnis von zwei Vertrauten im Inner Circle. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere von Ihnen noch an Tom Hagen, den Consigliere des Paten in Mario Puzos Meisterwerk „Der Pate“, in den Filmen brilliant dargestellt von Robert Duvall. Wenn ich so in den vergangenen Tagen laufend Fotos vom Altkanzler Schröder auf den Tisch bekomme, dann denke ich immer: ja, Tom Hagen…
Ich glaube, dass Schröder das Ohr des Kreml-Paten hat. Schon allein, weil der Deutsche öffentlich brav das gesagt hat, was der Kreml von einem sehr wichtigen Angestellten erwartet, als Putin die Krim völkerrechtswidrig annektiert hat 2014. Wer sich in so einer heiklen Sache als verlässlich herausstellt, der sitzt fest im Sattel bzw. am langen Tisch seines Meisters.
Kürzen wir es ab, denn außer den Beteiligten am Donnerstag und einem weiteren längeren Gespräch Schröders mit einem engen Berater Putins, weiß niemand, was besprochen wurde. Am Samstagmorgen sind die Schröders weitergeflogen, wie man so liest nach Istanbul. Und bestimmt wieder in einer dunklen Limousine mit Blaulicht. Ich bin sicher, Gerhard Schröder aus Blomberg in meiner alten Heimat Lippe, liebt solche Aufmerkamkeit. Und ich gönne es ihm, umso mehr, wenn sein Besuch auch tatsächlich Bewegung in diesen ärgerlichen Krieg bringt, der endlich ein Ende finden muss.
Immerhin: Putin hat sich in der vergangenen Woche dahingehend geäußert, dass der Sturz der Regierung in Kiew nicht mehr sein vorrangiges Ziel der „Spezialoperation“ sei. Wenn man sich die Karte anschaut, dann könnte der Kreml jetzt einfach abbrechen. Donezk und Luhansk besetzt und das Gebiet sogar erweitert, auch im Süden Landgewinn, anderswo aber viele Tausend Todesopfer auf beiden Seiten. Für Putin dürften auch irgendwann die toten Soldaten in den Holzkisten, die heim nach Mütterchen Russland transportiert werden, zum Problem in der Bevölkerung werden.
Also, er hat der Welt gezeigt, dass er es drauf hat, mächtig Ärger zu veranstalten. Er streichelt die russische Seele mit dem erfolgreichen „Schutz“ der starken russischen Minderheiten vor den bösen Faschisten, die aber selten einer sieht außer auf den Fake-Fotos des FSB-Desinformationsabteilung. Und die Ukraine hat gezeigt, dass sie tatsächlich eine nationale Identität ihr Eigen nennt, dass sie mutig und stolz für ihre Freiheit gekämpft hat. Und ihr Anführer Wolodymyr Selenskyj wohl im Dezember „Man of the Year“ auf dem Titel des „Time“-Magazins sein wird. Spätestens.
Also Statur heute: Es gibt überhaupt keinen Grund mehr, jetzt noch weiterzukämpfen. Jeden Tag Tod und Zerstörung – für was? Und Russland geht in fünf, sechs Wochen das Geld aus. Ich meine, dass der Kreml gestern in Peking um militärische und wirtschaftliche Hilfe nachgefragt hat, wäre auch mal einer eigenen Betrachtung hier wert.
Ich lege mich jetzt mal fest: Bis Ende März ist der heiße Krieg in der Ukraine beendet. Wenn nicht, beschimpfen Sie mich ruhig, dass ich ja überhaupt keine Ahnung habe.
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Klaus Kelle
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