Geschlossenheit und Zuversicht sehen anders aus
von KLAUS KELLE
Wenn es schiefgehe, könne man ihn nach der Bundestagswahl im September «köpfen». Das soll der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer gestern Abend in der Sitzung der CSU-Landtagsfraktion gesagt haben. Berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa). „Es“, damit meint der CSU-Chef die Unterstützung seiner Partei für Bundeskanzlerin Angela Merkel im bevorstehenden Bundestagswahlkampf. Denn überall bei den Christsozialen im Freistaat ist Unzufriedenheit, ja Unmut, über diese Entscheidung zu spüren. Eine „lange und kritische Debatte“ habe es in der Fraktionssitzung gegeben, in der Seehofer immer wieder eindringlich dafür warb, dass sich die Unions-Schwestern nun hinter ihrer gemeinsamen Spitzenkandidatin versammeln.
Und im Grunde haben die Realisten sogar recht, denn niemand im bürgerlichen Deutschland kann Interesse daran haben, dass Deutschland Ende dieses Jahres von einem Bundeskanzler Martin Schulz an der Spitze einer rot-rot-grünen Koalition regiert wird. Ich selbst kenne Abgeordnete der Union, die ohne zu zögern bereit wären, in eine große Koalition unter einem Kanzler Schulz einzutreten. „Dann könnten wir noch das Schlimmste verhindern, aber dann wären wir endlich diese Frau los.“ Wörtlich!
Und dann machen in Kreisen von CDU und CSU Gerüchte die Runde, warum „wir jetzt Steinmeier zum Bundespräsidenten wählen müssen“. Mehr als 40 Prozent der Wahlmänner und -frauen in der Bundesversammlung sind Unions-Politiker, die mit Abstand stärkste Fraktion. Gab es keine geeigneten Kandidaten aus den eigenen Reihen? Wolfgang Schäuble und Norbert Lammert sind angeblich gar nicht gefragt worden. Die CSU habe zwei, drei Vorschläge (u.a. Theo Waigel) ins Rennen geworfen, die aber von der Bundeskanzlerin brüsk zurückgewiesen worden seien. Strategisch sei es bedeutsam, dass man sich die Grünen für zukünftige Koalitionen warm halte. So ergeben dann auch die Sondierungsgespräche mit Kretschmann und Birthler einen Sinn. Politiker einer Partei, die derzeit in Umfragen bei sieben Prozent vor sich hindümpelt.
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Klaus Kelle, Chefredakteur