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„Ich war sogar mal im Sauerland“

Söder lobt den „steilen Move“ von Merz im Bundestag: Der CDU-Bundesparteitag feiert sich selbst und ihren Kandidaten

DIRK JAKOBS
Ausgelassene Begeisterung beim CDU-Bundesparteitag. Bildmitte: der jubelnde Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch

von DIRK JACOBS

BERLIN – Ich will nicht sagen, dass es beim CDU-Parteitag gestern wie auf Schalke zuging, aber ein bisschen überschäumend war die Stimmung der 1001 Delegierten schon. Das bestätigten auch einige altgediente CDU-Parteisoldaten, mit denen ich ins Gespräch kam, und die bekannten, seit vielen Jahren nicht mehr so eine Aufbruchsstimmung erlebt zu haben. Allen Anfeindungen und linken Aufmärschen auf den Straßen deutscher Städte zum Trotz ist es Friedrich Merz mit seinem konsequenten Vorgehen vergangene Woche im Bundestag gelungen, in der Union insgesamt eine Dynamik zu entfachen, die man drei Wochen vor dem Wahltag einfach braucht, wenn man gewinnen will.

Kanzlerkandidat Friedrich Merz wurde im Berliner City Cube gefeiert, als hätte er das Ding am 23. Februar schon in der Tasche.

Aber so weit ist es noch nicht

Immerhin verzichteten alle notorischen Quertreiber dieses Mal darauf, dem eigenen Kandidaten in den Rücken zu schießen. CSU-Chef Markus Söder, sonst nicht um die ein oder andere Spitze gegen die Schwesterpartei verlegen, brachte den Parteitag in seiner 45-minütigen Rede in Stimmung. Manche fühlten sich dabei an seine legendären Bierzelt-Auftritte im Fränkischen erinnert. Und in Anspielung auf die Heimat von Merz kalauerte Söder: „Ich war sogar im Sauerland, das erste Mal in meinem Leben. Ich weiß auch nicht, wie oft noch, aber ich war da.“

Auch Söder beschwor eindringlich die Brandmauer zur rechten AfD. Deren Vorstellungen in der Wirtschaftspolitik seien eine Art “ ökonomischer Morgenthau-Plan für Deutschland“. Dieser Plan, von den Amis während des Zweiten Weltkriegs entwickelt, sollte Deutschland nach dem Krieg wirtschaftlich dauerhaft schwächen. Allerdings wurde er nie realisiert, stattdessen sorgten die USA für einen beispiellosen Wiederaufschwung beim vorherigen Kriegsgegner (West-)Deutschland.

Auch SPD und Grüne bekamen von Söder ihr Fett weg. „Olaf Scholz ist nicht geeignet, unser Land weiter zu führen, auf gar keinen Fall“, sprach der Bayer aus, was inzwischen fast alle in Deutschland wissen. Und erneut bekräftigte Söder, dass er keine Zusammenarbeit mit den Grünen und mit ihrem Spitzenmann Robert Habeck wolle: „Außer Spesen nichts gewesen, der Mann war sein Geld nicht wert. Und darum will ich ihn nicht am Küchentisch, nicht auf der Regierungsbank, sondern ich will ihn auf der Oppositionsbank sitzen sehen!“

Einen magischen Moment bescherte den Delegierten der junge und markante Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor aus Mecklenburg-Vorpommern. Für seine Rede erntete er Standing Ovations von den Delegierten. Mit seinem Smartphone ging er live auf der Bühne viral und bescherte seinen Fans auf den Social Media-Kanälen ein jubelndes CDU-Auditorium. Amthor gehört mit 32 Jahren zu den jungen Hoffnungsträgern der Union. Vor wenigen Jahren noch von selbsternannten „Comedians“ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen böse verspottet und durch den Kakao gezogen, gehört der Mann mit dem wachen Verstand inzwischen der CDU-Grundsatzkommission an und ist durch seine scharfzüngigen Auftritte im Bundestag inzwischen einer der bekannteren jungen Gesichter im Parlament.

Großer Andrang beim Rausgehen dann an den Verkaufsständen vom „Team Merz“, wo Devotionalien wie Merz-Shirts, Merz-Energy-Drinks und Merz-Aufkleber zu erwerben waren.

Nach der turbulenten vergangenen Woche mit einem Dutzend Verweigerern in der Bundestagsfraktion, haben sich die Reihen hinter dem Kanzlerkandidaten beim Bundesparteitag geschlossen. Auch das Vorgehen von Merz, der einen Antrag einbrachte, wohl wissend, dass die AfD zustimmen wird, war kein Thema, und wenn doch, dann fand es Zustimmung.

Markus Söder setze dann noch einen drauf, als er das Vorgehen von Merz beim Entschließungsantrag für Migrationsbegrenzung im Bundestag einen „steilen Move“ nannte.

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Klaus Kelle, Chefredakteur