Skip to main content

Pete Hegseth ist eine gute Nachricht für Kiew und tel Aviv

Trumps Kandidaten für hohe Staatsämter: Bis auf Herrn Gaetz scheinen alle berechenbar

DR. STEFAN GEHROLD (Florida/USA)
(INT) Congressman Matt Der Kongressabgeordnete bei einer CPAC-Konferenz

von Dr. STEFAN GEHROLD, Florida

Bis vor wenigen Tagen war ja nur der Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten klar. James D. Vance, Senator aus Ohio, machte während des Wahlkampfs entgegen allen Unkenrufen europäischer Medien eine gute Figur. Der aus ärmlichen Verhältnissen und einer Patchwork-Familie stammende Ivy League-Jurist brillierte im Wahlkampf durch starke Rhetorik und Sachkenntnis. Vance gilt als prinzipientreu und dürfte daher für Berechenbarkeit stehen. Ähnlich wie sein ehemaliger Vorgänger im Amt, Mike Pence.

Und noch eine Überraschung

Vance war im Jahr 2016 sehr kritisch gegenüber Donald Trump und seiner Präsidentschaft, änderte aber im Lauf der Jahre seine Bewertung. Ein weiterer ehemaliger Kritiker und Gegner des Immobilienunternehmers aus New York ist Marco Rubio, der Senator aus Florida. Rubio, dessen Eltern eingewanderte Kubaner sind, ist das vermutlich letzte Überbleibsel der klassischen republikanischen Neocons in der Tradition Ronald Reagans, der Bush-Familie, John McCains und Mitt Romneys. Eben dieser Marco Rubio soll jetzt Außenminister werden. Er stand immer für die Rolle Amerikas als Führer der freien Welt, betonte die Verantwortung seines Landes für die Demokratiebewegung weltweit. Sicher keine schlechte Wahl.

Beide Nominierungen zeigen, dass Donald Trump auch vergessen kann und Sachlichkeit und auch wohl Widerspruch durchaus verträgt und schätzt.

Allerdings kommen auch Claqueure zum Zug

Allen voran der Abgeordnete Matt Gaetz (schon wieder jemand aus Trumps Wahlheimat Florida). Der Anwalt aus Fort Walton Beach soll Generalstaatsanwalt werden. Gaetz gilt als fanatischer Trump-Anhänger und kompromissloser Haudrauf. In unangenehmer Erinnerung: sein letztlich erfolgreicher Antrag auf Absetzung seines Parteikollegen Kevin McCarthy als Parlamentspräsident. Bereits während der Wahl McCarthys hatte er dafür gesorgt, dass dieser durch mehr als ein Dutzend Wahlgänge gegen musste, um ins Amt gewählt zu werden. Nachdem alle Versuche McCarthys, in einem Gespräch, die Kontroverse gütlich beizulegen scheiterten, mussten Fraktionskollegen McCarthy festhalten, als dieser dem kleineren Gaetz eine Tracht Prügel verabreichen wollte. Kevin McCarty gab nach seiner Abwahl seine politische Karriere auf.

Ein Journalist in der Regierung

Eine faustdicke Überraschung ist die Benennung Pete Hegseths zum designierten Verteidigungsminister. Der Journalist aus Minnesota arbeitet für den konservativen TV-Sender FOX News. Auch wenn es ungewöhnlich scheint, so kommt die Bekleidung politischer Ämter durch Journalisten häufiger vor. Manchem in Deutschland ist noch „Johnny“ Klein in Erinnerung. Der Sportreporter, der später in der Regierung Kohl zweimal Minister werden sollte. Doris Schröder-Köpf war Journalistin, bevor sie Abgeordnete wurde. Und Steffen Seibert vom ZDF war jahrelang Angela Merkels Regierungssprecher.Nun ist er unser Botschafter in Israel, kein leichter Job.

Hat Hegseth überhaupt Expertise im Bereich Verteidigung, fragen deutsche Medien. Die Frage ist interessant, da sie deutschen Verteidigungsministerinnen von Annegret Kramp-Karrenbauer über Ursula von der Leyen und Christina Lamprecht nicht gestellt wurde. Da reichte es, Frrau zu sein. Aber Hegseth hat diese Expertise. Er ist Major der Reserve in der Nationalgarde und kann auf Einsätze im Irak und Afghanistan verweisen. Der Journalist ist als lautstarker Kritiker von NATO-Mitgliedsstaaten bekannt, die den vereinbarten Minimalbeitrag von 2 Prozent des BIP für Verteidigung nicht bereitstellen. Er steht außerdem für eine klare Opposition gegen die derzeitige russische Führung und gegen den Iran sowie für eine kompromisslose Unterstützung Israels. Das sind im Grunde Positionen, die sowohl in Kiev als auch in Tel Aviv für Erleichterung sorgen sollten.

Beide Gouverneure aus Dakota werden Minister

Die erfolgreiche Gouverneurin Kristi Noem soll Heimatschutzministerin werden. Eine gute Wahl. Sie ist ruhig und offen für Dialog. Ebenso solide: Doug Burgum, der im Vorwahlkampf noch gegen Trump antrat. Der aus der Finanzbranche stammende Gouverneur aus North Dakota steht für Sachlichkeit und betont stets die Stellung der einzelnen Staaten im Föderalismus. Er soll das Innenministerium erhalten.

Auch in der Regierung: Zwei ehemalige Demokraten

Während des Wahlkampfs war er zunächst noch als Unabhängiger angetreten: Robert F. Kennedy jr., der Sohn des in den 60ern ermordeten Senators, ist Trumps Kandidat für das Gesundheitsministerium. Der Spross der demokratischen Vorzeigefamilie des 20. Jahrhunderts war gegenüber seiner ehemaligen Partei zunehmend kritisch. „Mit acht Jahren war ich das erste Mal auf einem demokratischen Parteitag. Wir waren die Partei der Menschen. Jetzt sind wir nur noch korrupt“, konstatierte der Neffe John F. Kennedys erst noch im September.

Die nächste Überraschung: Tulsi Gabbard, die 16 Jahre lang Abgeordnete der Demokraten war, soll die Leiterin der Nationalen Sicherheitsdienste werden. Die Wirtschaftswissenschaftlerin aus Hawai verließ 2022 ihre Partei, schalt diese als eine Vereinigung „elitärer Kriegstreiber“ und warf Kamala Harris vor, sie dämonisierte religiöse Menschen.

Zwei Paradiesvögel sollen die USA entbürokratisieren

Bereits während des Wahlkampfs hatte der reichste Mann der Welt, Elon Musk, Donald Trump während eines auf X gesendeten Gesprächs das Angebot gemacht als Teil einer Regierung in einer Art Entbürokratisierungs-Task Force mitzuarbeiten. Trump nahm das auf. Gemeinsam mit dem indischstämmigen self-made Milliardär Vivek Ramaswamy soll der aus Südafrika stammende Musk die Staatsausgaben durchforsten und unnötige Projekte einfrieren. Eine Art Bundesrechnungshof also. Mit dem Unterschied, dass die Vorschläge der beiden erfolgreichen Unternehmer von Trump umgesetzt werden dürften. Auf die Ergebnisse darf man in dem hoch verschuldeten Land gespannt sein.

Zu guter Letzt gute Nachrichten für die Regierung Netanjahu: Donald Trumps Kandidaten für zwei wichtige Botschafterposten sind unerschütterliche Unterstützer Israels. Elise Stefanik aus New York ist als UN-Botschafterin vorgesehen, der ehemalige Gouverneur Mike Huckabee aus Arkansas (Vater der derzeitigen Gouverneurin und ehemaligen Pressesprecherin Trumps Sarah Huckabee-Sanders) wird Botschafter in Tel Aviv.

Alles in allem eine Mannschaft, die abgesehen von Gaetz für zuverlässige Politik, Prinzipientreue und Sachlichkeit steht. Die Partner der USA sollten dem Dialog mit Gelassenheit entgegen und die Chancen, die sich ihnen bieten nicht leichtfertig und emotional-ideologisch motiviert an sich vorüberziehen lassen.

Spendenaufruf

+++ Haben Sie Interesse an politischen Analysen wie diesen?
+++ Dann unterstützen Sie unsere Arbeit
+++ Mit einer Spende über PayPal@TheGermanZ
oder einer Überweisung auf unser Konto DE03 6849 2200 0002 1947 75 +++


Klaus Kelle, Chefredakteur