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Wahlplakate: Was draufsteht und warum sie in einer Kampagne wichtig sind

KLAUS KELLE

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Also, eines ist ja mal klar: die beste Werbeagentur der wichtigen Parteien im Bundestagswahlkampf hat die FDP. Die Berliner Agentur HeimatTBWA hat zum wiederholten Mal die Kampagne für die Liberalen in einem Wahlkampf konzipiert, und wenn Sie durch die Straßen deutscher Städte fahren, verstehen Sie, was ich meine. Das markante Gesicht des Spitzenmannes Christian Lindner in schwarz-weiß fotografiert, dann kernige Aussagen zur Wirtschaftspolitik und Migration – das ist klasse.

„Alles kann man ändern“

So einfach, so deutlich sind diese Aussagen, auch wenn man sich nach den vergangenen Jahren bei der FDP unwillkürlich fragt, wollen Sie denn überhaupt etwas ändern?

Aber die Kampagne ist toll, und Lindner ist ein Typ, mit dem man so etwas machen kann. Erinnern Sie sich noch an den Wahlkampf vor vier Jahren? An die großflächigen „Wesselmänner“, also diese riesigen Plakate, die von der Agentur Wesselmann überall in Deutschland aufgestellt und mit Motiven der Parteien bedruckt werden? Da gab es ein Motiv aus einem Uni-Hörsaal irgendwo, angestrengt zuhörende Studenten, ein Dozent vorn am Pult. Und an der Tür ganz im Hintergrund lehnte Christian Lindner, Jeans, Drei-Tage-Bart, weiße Sneakers – alles schwarz-weiß. Besser kann man es nicht machen, wenn man ein junges Hipster-Publikum erreichen will.

Der Vollständigkeit halber will ich die anderen auch erwähnen. Die Wahlplakate der SPD zeigen vornehmlich Olaf Scholz und sind im Grunde genommen eine Frechheit. Dass dieser Mann und seine Partei den Leuten allen Ernstes sagt, Aufschwung, sichere Rente und Frieden seinen mit ihnen überhaupt kein Problem, ist an Chuzpe kaum zu überbieten. Die AfD bietet solide Motive, eine Großfläche mit Alice Weidel habe ich gerade in Berlin gesehen, wo sie vor blauem Himmel fotografiert wurde, wie die Jungfrau Maria. Das wird den AfD-Freunden gefallen. Die CDU-Plakate sind so wie die CDU ist: solide und langweilig. „Für ein Deutschland, auf das wir wieder stolz sein können“, heißt es da. Oder „Fleiß muss sich wieder lohnen“. Nicht falsch, hat sich in der Vergangenheit bewährt. Aber langweilig. Im Schlafwagen ins Kanzleramt, so nennt man das wohl…

Viele Menschen denken ja, Wahlplakate bringen gar nichts

Und das ist ganz falsch. Natürlich überzeugt eine smarte Visage oder ein cooler Spruch niemanden, für diesen Kandidaten oder diese Partei zu stimmen. Aber die Sichtbarkeit und Entschlossenheit sind es, die in einer Kampagne Unentschlossene einfangen können. Weil jeder gern zu den Siegern gehören will. Und Plakate, Auto-Aufkleber, T-Shirts überall mit Partei-Logo erwecken bei Menschen den Eindruck, diese Partei ist vorn, wird vermutlich gewinnen. Und wenn man dann keine ausgeprägte Antipathie gegen diese Partei hat, die sympathisch rüberkommt und vermutlich gewinnen wird, dann zieht das eben. Wenn Sie es nicht glauben, lesen Sie nach bei der großartigen früheren Allensbach-Chefin Elisabeth Noelle-Neumann in „Die Schweigespirale“! Da steht alles drin, was man wissen muss, um die Wirkmächtigkeit solcher Kampagnen zu begreifen.

Was wäre noch zu erwähnen?

Die linksgrün-europäisch ausgerichtete Kleinpartei VOLT hat kreative Köpfe. Bei den vergangenen Wahlgängen hat sie besonders in Großstädten – zu Deutsch: urbanen Zentren – erstaunlich gut abgeschnitten. Ihre Spitzenkandidatin wird plakatiert und noch der Parteiname, sonst nichts. Kein Slogan dazu (es gibt auch noch andere Motive ohne ihr Foto, da steht was drauf), einfach das Foto von Maral Koohestanian, einer 32-jährigen Frau. Das fällt auf neben den alten weißen Männern der anderen: Friedrich, Robert und Olaf. Wie man als Kleinpartei erfolgreich startet, das hat VOLT jedenfalls mehrfach bewiesen, das sollten sich die Campagneros von WerteUnion und Bündnis Deutschland unbedingt mal anschauen.

Bleiben die Grünen…

Heute Morgen schickte mir ein sehr guter Freund aus Bayern das Foto eines Wahlplakats der Grünen. Darauf eine junge Frau namens Feride Niedermeier. Der einzige Text unter ihrem attraktiven Konterfei ist LIEBE. O.k., die wähle ich…

Eine schöne Woche Ihnen allen!

Ihr Klaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur