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Gesunde Körperhaltung und Ernährung sind entscheidend

Warum schon Säuglinge beim Zahnarzt vorgestellt werden sollten

Dr. NICOLE LENZ
Verwachsene Kinder-Zähne

Es ist erschreckend, wie viele Kinder heutzutage mit erheblichen Zahnfehlstellungen herumlaufen müssen. In meiner Praxis sehe ich häufig acht- bis elfjährige Kinder, die regelmäßig beim Zahnarzt und beim Kinderarzt waren, ständig wegen Karies behandelt werden und sich niemand über diese aggressive Kariesentstehung Gedanken zu machen scheint. Die Zahnstellung wird in diesen Fällen scheinbar einfach übersehen. Es soll wohl immer abgewartet werden, bis irgendwann die aggressiv anmutenden Metallgeräte eingebaut werden können.

Eltern sind zunehmend verunsichert

Jedes Mal frage ich mich, warum diese Kinder so lange leiden mussten, bevor ihnen geholfen wird. Wenn Zähne kreuz und quer stehen oder nach vorne abstehen, stellen sie nicht nur eine Unfallgefahr dar, sondern erschweren das Kauen enorm. Kinder mit solchen Fehlstellungen essen oft nur weiche Nahrungsmittel, die leicht zu schlucken sind, weil ihnen das Kauen schwerfällt. Zusätzlich können sie unter Hänseleien und sozialer Isolation leiden.

Es ist nicht nur die Ästhetik, die betroffen ist, sondern auch die Funktionalität des Mundraums

Diese Kinder können ihre Lippen nicht richtig schließen, was zu vermehrtem Speichelfluss und trockenen Lippen führt. Die veränderte Kieferstellung beeinflusst auch die Aussprache, was zu Sprachfehlern und Verständigungsschwierigkeiten führt. Zudem können sie nicht richtig schlucken, da die Zunge eine falsche Position einnimmt. Diese funktionellen Probleme sind so gravierend, dass ich immer wieder schockiert bin, wie häufig sie auftreten und wie sehr sie die Lebensqualität der Kinder beeinträchtigen. Und es werden immer mehr Fälle….

Die Ursachen für die Zunahme sind vielfältig

Eine zu industrielle Ernährung spielt eine große Rolle. Unsere Nahrungsmittel enthalten heute andere Bestandteile als früher, welches die Zahn- und Kieferentwicklung beeinflusst. Körperliche und mentale Belastungen, Bewegungsmangel und eine schlechte Körperhaltung tragen dazu bei. Diese Faktoren haben sich in den vergangenen 20 bis 30 Jahren drastisch verändert. In meiner Generation waren Zahnfehlstellungen meist minimal und konnten oft mit einem sogenannten Headgear korrigiert werden. Heute sind Zahnfehlstellungen fast vorprogrammiert, wenn man sich die Säuglinge ansieht und wie mit ihnen umgegangen wird. Daher ist es extrem wichtig, schon mit einem Säugling zum Zahnarzt oder einem Kinderarzt zu gehen, der sich mit der Kieferentwicklung auskennt.

Die Körperhaltung in den ersten drei bis vier Monaten legt den Grundstein für die spätere Kiefer- und Zahnentwicklung

Es ist faszinierend, wie stark die frühen Lebensmonate die spätere Gesundheit beeinflussen können. Sogar während der Schwangerschaft und davor werden die Grundsteine für die Zahngesundheit gelegt. Die Ernährung der Mutter und ihr allgemeiner Gesundheitszustand haben direkte Auswirkungen auf die Zahnsubstanz des Kindes.

Ich stellte seit einiger Zeit fest, dass kleine Kinder heutzutage wesentlich häufiger an Karies leiden als früher. Trotz der weit verbreiteten Verwendung von fluoridhaltiger Zahnpasta, Menthol-Mundspülungen und wöchentlichen Fluoridierungen, hilft all das oftmals nichts, wenn die Grundbausteine im Körper fehlen. Das ist vergleichbar mit Pfusch am Bau: Mangelhafte Grundversorgung führt zu massenhafter Karies und häufigen Zahnfehlstellungen.

Hinzu kommt die schlechte Körperhaltung vieler Kinder

Sie gehen oft gebeugt statt aufrecht, was ebenfalls negative Auswirkungen auf die Kieferentwicklung hat. Diese Zusammenhänge zu erkennen und zu unterbrechen, ist unglaublich wichtig und wird oft unterschätzt.

Wir leben in einer völlig anderen Zeit als vor 50 Jahren. Schon Weston Price, ein bekannter Zahnarzt und Ernährungsforscher, untersuchte vor ca. 100 Jahren die Verbindung zwischen Kieferstellungen und Nahrungsaufnahme bei Ureinwohnern. Er fand heraus, dass die traditionelle Ernährung dieser Völker zu gesunden Kiefern und Zähnen führte. Heute sehen wir jedoch große Veränderungen an anatomischen Strukturen, bedingt durch unsere geänderten Lebensgewohnheiten und Ernährungsweisen. Wenn wir bereits vor der Schwangerschaft nicht auf eine ausreichende Nährstoffzufuhr achten, nimmt sich das Kind alle notwendigen Stoffe von der Mutter, was zu Zahnverlusten in der Schwangerschaft führen kann. Das zeigt, dass die härteste Substanz des Körpers, der Zahnschmelz, empfindlich auf Mangelernährung reagiert. Hier läuft etwas grundsätzlich schief im Körper, und das muss dringend bekannter und entsprechend behoben werden.

Eine bewusste und ausgewogene Ernährung, ausreichende Bewegung sowie eine gute Körperhaltung sind entscheidend für eine gesunde Entwicklung von Zähnen und Kiefer. Eltern sollten sich dieser Verantwortung bewusst sein und frühzeitig entsprechende Maßnahmen ergreifen. Regelmäßige Zahnarztbesuche, schon im Säuglingsalter, sind unerlässlich, um Fehlstellungen rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Auch die Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten, Kinderärzten und Ernährungsexperten kann helfen, die Zahngesundheit unserer Kinder nachhaltig zu verbessern. Es liegt in unserer Hand, die Grundlagen für eine glückliche und gesunde Zukunft zu schaffen.

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Klaus Kelle, Chefredakteur