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Regierungen sind noch nie gute Krisenmanager gewesen

Zwangsschließung, Konzession weg: Wie dieser Staat die Gastronomen in Corona-Zeiten im Stich lässt

von CHRISTIAN KOTT

Eine scheinbar furchtbare Instinktlosigkeit beschäftigt seit heute morgen die deutschen Medien: Eine Stadtverwaltung aus Baden-Württemberg hat alle durch den Lockdown zwangsgeschlossenen Gastronomen angeschrieben und sie darauf hingewiesen, daß ihre Gaststättenerlaubnis erlischt wenn sie ihren Betrieb länger als ein Jahr ununterbrochen geschlossen haben.

Hintergrund: In vielen Bundesländern wurden die Gaststätten vor genau einem Jahr, bundesweit aber spätestens am 22. März 2020, zwangsweise geschlossen. Wer zwischendurch nicht wieder öffnen konnte, hat die Schnauze vermutlich ebenso voll wie das Kalenderjahr.

Als schlimme Instinktlosigkeit wird das Schreiben der Stadtverwaltung in manchen Medien hingestellt. Völlig zu Unrecht, wie wir gleich sehen werden. Denn das Erinnerungsschreiben ist keine Verhöhnung der Gastwirte, sondern ein verzweifelter Versuch der Stadtverwaltung, die Folgen des flächendeckenden Versagens in dieser Sache zu kompensieren. Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) hat seine Mitglieder schon darauf warnend hingewiesen.

Weil § 8 des Gaststättengesetzes nun einmal eindeutig ist, verliert nämlich jeder Gastronom ohne Ermessenspielraum seine Konzession, der innerhalb des einen Jahres nicht wenigstens eine Fristverlängerung „aus wichtigem Grund“ beantragt hat. Klar ist: Eine gesetzliche Zwangsschließung ist zwar ein wichtiger Grund, aber die Fristverlängerung beantragen muss man binnen der Jahresfrist trotzdem, sonst ist die Konzession weg.

Wer jetzt nicht das Glück hat, im Einzugsbereich der bürgerfreundlichen Stadtverwaltung Bad Waldsee zu wohnen oder die Warnung der DEHOGA nicht gelesen hat (oder vielleicht gar nicht Mitglied dort ist), der darf sehr kostspielig und mit enormem Verwaltungsaufwand eine neue Konzession beantragen wenn der Lockdown jemals enden sollte – und der Gastwirt ihn überlebt hat.

Der Stadtverwaltung ist also kein Vorwurf zu machen, aber wie kann es zu einer derartigen Situation kommen?

Die Antwort ist einfach: Es ist schlicht ein komplettes Jahr lang versäumt worden, § 8 des Gaststättengesetzes zu ändern, was mit geringstem Aufwand möglich gewesen wäre. Das Problem war auch rechtzeitig bekannt oder hätte zumindest bekannt sein können, denn gerade der DEHOGA hatte rechtzeitig darauf hingewiesen.

Aber unsere Gastronomen haben ein Grundproblem: Das Gaststättenrecht unterliegt der Zuständigkeit des Bundeswirtschaftsministeriums, und wer von Peter Altmaier in diesen Zeiten irgendeine Initiative erwartet, der hält sich auch Stallhasen in der Hoffnung auf Ostereier.

Auch das Bundesjustizministerium hätte auf die Idee kommen können, hier einen Handlungsbedarf zu erkennen, aber die Bundesjustizministerin, deren Name bei „Wer wird Millionär“ mangels jeglicher Performance wohl mindestens eine Frage der 125.000€-Kategorie wäre, bereitet sich bereits seit ihrem Amtsantritt intensiv auf ihren bevorstehenden Ruhestand vor.

Auch die Bundesländer hätten hier eingreifen können, denn seit der Föderalismusreform 2006 dürfen die Länder – wenn sie es denn wollen – das Gaststättenrecht selbst regeln. Soweit ich das in der Kürze der Zeit recherchieren konnte hat kein einziges Bundesland sich herabgelassen, § 8 des Gaststättengesetzes regional anders zu regeln.

Für alles Mögliche ist Zeit und Muße. Geregelt wird die Verweildauer auf Parkbänken, man denkt intensiv darüber nach, wie man Schlittenfahrer schikanieren kann, genauestens wird definiert, dass man gerne nach Mallorca in den Urlaub fliegen darf, aber in den Harz nicht – die Reihe ließe sich endlos fortsetzen.

Aber das trotz ständigen Hinweisen aus der Bevölkerung und von Verbänden Naheliegendste dürfen wir von unserer Bundesregierung ebenso wenig erwarten wie von den Landesregierungen.

Als langjähriger Freund und Förderer des sympathischen aber chronisch erfolglosen Fußballvereins Werder Bremen bin ich mit Rücktrittsforderungen vorsichtig. Aber ein Trainer mit der Krisenperformance unserer Bundes- und Landesregierungen wäre selbst in Bremen schon zur Winterpause hochkant rausgeflogen.

Die vorliegende Gleichgültigkeit unserer gewählten Volksvertreter gegenüber unseren Gastronomen, die die wirtschaftliche Hauptlast des Lockdowns zu tragen haben, ist neben Impfstoffbeschaffung, Maskenaffäre, Verschleppung der Impfung und Maßnahmenwillkür nur ein einzelnes Segment für das, was jedem jetzt klar werden sollte: Sie können es nicht!

Regierungen sind noch nie gute Krisenmanager gewesen. Sie sind schwerfällig, sachunkundig, korruptionsanfällig, beratungsresistent und phlegmatisch.

Nehmt den Dilettanten endlich das Krisenmanagement weg und übertragt es an regionale, resiliente Krisenstäbe von Fachleuten aus Medizin, Wirtschaft und Verwaltung! Nur so lässt sich eine vernünftige Relation zwischen den gesundheitlichen Schäden, die das Virus bei seinen Opfern anrichtet und den Schäden, die durch die hilflosen Maßnahmen dagegen angerichtet werden, herstellen.

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Klaus Kelle, Chefredakteur