Im falschen Film: Satire darf alles, es sei denn, sie kommt von Monika Gruber
Die bayerische Kabarettistin Monika Gruber eckt bei Freunden des Zeitgeistes an. Schon länger nimmt sie alles satirisch aufs Korn, was nach den Vorstellungen grüner Ideologen unumstritten sein sollte. Gendersprache, woke Bigotterie oder Heizungsgesetz bekommen von Gruber regelmäßig ihr Fett weg.
Spätestens seit Gruber im Sommer eine Demonstration „gegen Heizungsideologie“ organisierte, an der Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und 13.000 Bürger teilnahmen, steht sie unter der argwöhnischen Beobachtung derer, die gerade erst mit ihrer Schmutzkampagne gegen Hubert Aiwanger gescheitert waren. Diejenigen, die die oft geschmacklosen Witzchen eines Jan Böhmermann feiern, weil es eben immer in die gleiche erwünschte Richtung geht, suchen seitdem nach Wegen, wie man Gruber das Handwerk legen könnte.
Der sakrosankte Mainstrem der Böhmann-Fans
Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft brachte Monika Gruber Anfang November gemeinsam mit dem Journalisten Andreas Hock das Buch „Willkommen im falschen Film“ auf den Markt, einen satirischen Rundumschlag gegen eben den Zeitgeist, den die Böhmermann-Fans so lieben. Das Buch wird bei dem einen oder anderen unterm Weihnachtsbaum gelegen haben.
Ob es einem gefällt oder nicht – zum Glück, so sollte man meinen, darf ja in einer pluralistischen Gesellschaft nicht nur in eine sondern in alle Richtungen gekeilt werden. Wirklich? Ob das noch gilt dürfen möglicherweise bald Gerichte entscheiden.
Denn zumindest eine, die in dem Buch satirisch auf die Schippe genommen wird, möchte Grubers Humor weder verstehen noch hinnehmen.
Die Buchbloggerin Roma Maria Mukherjee wird in Grubers Buch für einen Tweet vom 18. März veräppelt. Mukherjee, die von Gruber als „selbsternannte Influencerin“ bezeichnet wird, hatte auf X (ehem. Twitter) wörtlich geschrieben: „Rechtsextreme Frauen unterwandern aktuell aktiv auch die textile Hobbyszene (z.B. zum Thema Stricken). Bitte setzt euch aktiv damit auseinander, wer was anbietet und wer Angebote bietet.“ – ein Elfmeter für Monika Gruber.
Was ist eine „rechtsextreme Strickerin“?
Gruber fragt sich in ihrem Buch, „woran man rechtsextreme Strickerinnen wohl erkennt“ – zugegebenermaßen ein Gedanke, der beim Lesen von Mukherjees Tweet durchaus nahe liegt.
Über mehrere Seiten mutmaßt Gruber, ob diese nur Schals in brauner oder blauer Farbe und das auch nur in rechten Maschen stricken und ob sie beim Eintritt in die Strickstube „Strick Heil!“ brüllen.
Schließlich fragt sich Monika Gruber, ob der Name Roma Maria Mukherjee überhaupt echt sei oder die Erstellerin des Tweets nicht vielleicht in Wirklichkeit „Maria Müller“ heiße, was schwer nach „Bund deutscher Mädel“ klinge.
Da ist eine beleidigt
Zu viel, meint die so Veralberte. Wiederum in einem Tweet fühlt sie sich allein durch die Nennung ihres Klarnamens zu Unrecht bloßgestellt und prüft nun rechtliche Schritte unter anderem mit der Begründung, sie sei gar keine „selbsternannte Influencerin“, weil sie sich selbst nie so bezeichnet habe.
Wenig später analysiert der Würzburger Rechtsanwalt Chan-jo Jun, der einst den Begriff „Quatschjura“ prägte. den Fall. Er hält die Satire für üble Nachrede, denn die Behauptung, Mukherjee habe sich selbst als Influencerin bezeichnet sei ebenso falsch wie die, dass sie unter falschem Namen aufgetreten sei. Daher, so Jun, dürfe sich der Piper Verlag, der das Buch verlegte schon einmal darauf einstellen, dass Rechtsfolge solcher (so wörtlich) „Lügen“ ein gerichtliches Verbot des Vertriebes, Schadensersatz- und Widerrufsansprüche sein könnten. SPIEGEL Online war diese Art Quatschjura sogar ein Artikel wert.
Abgesehen davon, dass – wenn das denn so zuträfe – jede zweite Böhmermann-Sendung aus der Mediathek gelöscht werden müsste, offenbart eine solche Sichtweise ein eigenartiges Verständnis über die Grenzen der Zulässigkeit von Satire. Schließlich hatte Mukherjee in ihrem Twitter-Profil nicht nur selbst ihren Klarnamen benutzt, der damit ja nun beim besten Willen kein Geheimnis mehr ist, sie hatte auch mit ihrem gar nicht satirisch gemeinten Rechte-Strickerinnen-Tweet allen Anlass gegeben, sich über einen derartigen Unsinn lustig zu machen.
Juristische Analyse mit fragwürdigem Ergebnis
Anwalt Jun, mutmaßlich kein Freund von Grubers Humor, spricht bei seinem über vier Tweets laufenden Subsumtionsversuch einer üblen Nachrede zwar einen wesentlichen Punkt kurz an, vergisst aber die notwendige Prüfung: Für eine üble Nachrede reicht es nicht, eine falsche Tatsachenbehauptung aufzustellen, sie muss auch ehrenrührig sein. Wie bitte soll denn die etwaige Verwendung eines Künstlernamens oder die Einordnung als „Influencer“ (die übrigens bei einem Buchblogger keineswegs fern liegt) Mukherjee in ihrer Ehre verletzen? Eine Frage, die offen bleibt, aber wir dürfen gespannt sein, ob und wie versucht werden wird, dies einem Gericht zu erklären.
Hinzu kommt: Gruber hatte gar nicht behauptet, dass Mukherjee einen falschen Namen verwendet, sie hatte satirisch darüber spekuliert.
Vieles spricht dafür, dass das Buch unverändert auf dem Markt bleiben kann, aber sicherheitshalber sollten sich Freunde von Monika Grubers Humor besser rechtzeitig noch ein paar Exemplare beschaffen. Denn eines dürfte klar sein: Auch im nächsten Jahr dürfte das satirische Werk nichts von seiner Aktualität verloren haben und eignet sich auch 2024 sicher noch hervorragend als Weihnachtsgeschenk.
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Klaus Kelle, Chefredakteur