Mit Schwetzingen ist der Aufbruch nicht vorbei: Jetzt beginnt er erst!
von KLAUS KELLE
Der baden-württembergische CDU-Vorsitzende Thomas Strobl gab sich beim Parteitag gestern in Sindelfingen betont locker. Jeder sei eingeladen, in der Partei mitzumachen, sagte er. Selbsthilfegruppen brauche man dafür aber nicht…hahaha. In Wahrheit ist die Spitze der CDU alles andere als locker angesichts schlechter Umfragewerte in Nordrhein-Westfalen, wo im Mai gewählt wird, angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl im September, für die Demografen der Union – Stand heute – Verluste von acht Prozent und mehr im Vergleich zu 2013 vorhersagen. Und angesichts der heute stattfindenden Landtagswahl im kleinsten Flächenland. Wenn die durchaus beliebte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer von der CDU gegen ein rot-rotes Bündnis von Lafontaines Gnaden verliert, dann kann dieser 26. März der Anfang vom Ende der Parteivorsitzenden und Kanzlerin Merkel werden.
Im malerischen Schloss Schwetzingen, das einst den pfälzischen Kurfürsten Karl Philipp und Karl Theodor als Sommerresidenz diente, waren gestern nur rund 50 CDU-Mitglieder versammelt, aber die meisten Funktionsträger aus Basisverbänden der Partei – kreuz und quer durch Deutschland. Aus Dresden und Potsdam, aus Krefeld und Kiel, aus München und Stuttgart sind manche von ihnen viele Stunden lang angereist, weil sie dem Herunterwirtschaften ihrer Partei nicht länger zusehen wollen.
50 Parteifunktionäre, die die Nase vom aktuellen Kurs voll haben, können in einem Superwahljahr eine Menge Beachtung finden. „Wir sind keine Splittergruppe, von uns geht eine positive Kraft aus“, sagte der am Samstag gewählte Vorsitzende des „Freiheitlich-konservativen Aufbruchs in der Union“ (FKA), Alexander Mitsch, ein wirklich kluger konservativer Kopf.
Vom „Berliner Kreis“, einer Gruppe konservativer Bundestagsabgeordneter, war zu einem fulminanten Grußwort die Düsseldorferin Sylvia Pantel angereist, die dafür warb, dass sich ihre Partei besonders in der Familienpolitik wieder auf alte Überzeugungen beruft. Christean Wagner, ehemaliger hessischer Kultus- und Justizminister, wiederholte sein Unverständnis, dass die Union in der Bundesversammlung als mit Abstand stärkste Partei keinen eigenen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten präsentiert habe.
War das gestern eine Revolution? Nein! Vieles war unprofessionell, aber es war Begeisterung und der Wille zu einem echten Aufbruch zu spüren. Mit Schwetzingen ist das Thema nicht erledigt. In zwei Wochen lädt der „Berliner Kreis“ in die Hauptstadt zu einem weiteren Treffen ein. Dem Vernehmen nach werden sich dort deutlich mehr CDU-Funktionäre und vor allem Abgeordnete versammeln. Mit Schwetzingen ist der Aufstand in der CDU nicht erledigt, es beginnt jetzt erst.
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Klaus Kelle, Chefredakteur