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Warum ist für die Alten nicht so viel Geld da wie für den Klimaschutz?

Altersarmut und Pflegenotstand: Millionen Menschen fallen in Deutschland durchs Raster

KLAUS KELLE
Millionen Rentner kommen mit ihrem Einkommen nicht mehr klar.

Im Autoradio hörte ich gestern auf irgendeinem Infokanal einen Beitrag über eine alte Dame, die in Berlin unterhalb der „Armutsgrenze“ lebt.
Nun können Sie sagen, Armutsgrenze ist ein weiter Begriff. Als Armutsgrenze definiert der Gesetzgeber ein monatliches Einkommen von 1.314 Euro in einem Ein-Personen-Haushalt inklusive staatlicher Transferleistungen. Wenn Sie sich die Entwicklung der Mieten in Deutschland anschauen, besonders in den Ballungszentren, weiß ich nicht, wie manche Menschen das damit überhaupt schaffen können.

Aber zurück zu der Frau im Radio

Sie hat selber nichts zum Leben, oder sagen wir: sie lebt im wahrsten Sinne des Wortes von der Hand in den Mund. Mit lebhaften Worten schildert sie, dass sie zum Einkaufen noch 5 Euro hat. „Im Edeka“ gebe es gerade Bananen im Angebot, die würde sie gern kaufen, weil da Vitamine drin sind. Und sie brauche auch wieder einen Sack Kartoffeln. Andererseits habe sie übermorgen Geburtstag und möchte ihren wenigen Freunden Kaffee und Kuchen spendieren. Und damit sie sich das leisten könne, verzichtet sie eben auf die Bananen und die Kartoffeln.

Mit schnürt es die Kehle zu, wenn ich sowas höre.

Ich weiß nichts über diese Frau, habe auch ihren Namen wieder vergessen. Was hat sie für ein Leben gehabt? Hat sie hart gearbeitet? Hat sie Kinder großgezogen? Hat sie Enkel? Es wurde erwähnt in dem Beitrag, dass sie sich in einer Berliner Sozialinitiative engagiert – einer von wahrscheinlich Tausenden.

Ich bin Lichtjahre davon entfernt, den Sozialismus für die Lösung von Armutsproblemen zu halten.

Sozialismus führt immer in Armut, weil es die Leistungsbereitschaft der Menschen vermindert, und weil es das Verlangen vieler Menschen, gleichzeitig mehr und immer mehr zu wollen, deckelt, auch mit Zwang. Jeder nimmt sich nur das aus dem großen (gesellschaftlichen) Topf heraus, was er oder sie braucht. Und gleichzeitig leistet jeder vorbildlich alles, was er oder sie kann, für das Kollektiv. Wie absurd ist das? Niemals wird das funktionieren. Weil es der Natur des Menschen widerspricht.

Doch andererseits funktioniert es ja auch nicht (mehr)

Altersarmut ist ein großes Thema in Deutschland.

Ungefähr 3,5 Millionen Menschen ab 65 Jahren sind von Armut bedroht, sagen die Statistiker. Leben in Armut – sage ich. Das sind fast 20 Prozent der Rentner, Frauen mehr als Männer. Und wie viele ältere Menschen machen sich zurecht Sorgen, wie sie die Zielgerade ihres Lebens überstehen sollen? Klar, wenn Sie 5000 Euro oder mehr im Monat verballern können, drehen Sie die Musik lauter und singen mit Udo Jürgens „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an…“ Aber, wer kann das denn?

Der Pflegebedarf in Deutschland ist ein riesiges Thema, die Beschäftigten werden schlecht bezahlt. Letztens postete jemand auf Facebook ein Foto von der Mahlzeit, die man seinem Angehörigen im Pflegeheim vorgesetzt hatte – trockenes Toastbrot, eine Scheibe Käse, ein Gürkchen, Zellophanfolie drüber. Daneben ein Tasse mit Tee, Teebeutel hing noch drin. Ist das unsere Zukunft?

In diesen Tagen haben wir alle lernen müssen, wie einfach es im Grunde ist, mal eben ein paar Hundert MILLIARDEN Euro auf die Beine zu stellen, wenn politischer Wille da ist. Und Brücken, Straßen und Schulen sind in einem bemitleidenden Zustand in unserem Land – weil die Politik auch hier versagt hat. So wie bei der Landesverteidigung, bei unseren Streitkräften, wo jetzt in fünf Jahren das aufgeholt werden soll, was in den 25 Jahren vorher verschlampt wurde.

Es ist ein selten ausgesprochener Skandal, wie eines der wohlhabendsten Länder auf der Welt mit seinen Alten umgeht. Und ein menschenwürdiges Altwerden nach einem arbeitsreichen Leben – das ist wirklich wichtiger als Klimaschutz und Genderforschung. Geld ist reichlich verfügbar, aber wo ist der politische Wille dieses Staates, eine seiner wichtigsten Kernaufgaben zu bewältigen?

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Klaus Kelle, Chefredakteur