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Armin Laschet ist die „lame duck“ von Berlin

Liebe Leserinnen und Leser,

die neue CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat 50 Abgeordnete weniger als das schon 2017 arg gerupfte Machtzentrum der Union im Reichstag. Armin Laschet ist derzeit so etwas, was man in Amerika beim Präsidenten eine „lame duck“ nennt, eine lame Ente, einer, der (erstmal) nicht mehr zur Wiederwahl antritt.

Dabei pflegt der Aachener den Mythos, er könne mit einem Husarenritt und diploamtischer Finesse die Grünen und die FDP noch um den Finger wickeln. Zugegeben, wenn einer das Zeug dazu hätte, dann Laschet. Wenn Sie in der CDU herumfragen: Niemand ist so richtig ein Fan von ihm, also begeistert, niemand brennt „für den Armin“. Oft verliert er, um den Landesvorsitz in NRW und die Führung des Landtagsfraktion zum Beispiel, um es dann anschließend doch wieder zu werden. Und auch als Spitzenkandidat in NRW war er alles andere als ein mitreißender Wahlkämpfer. Aber mit ein, zwei klugen Winkelzügen hat er es dann doch wieder geschafft und übernahm die Staatskanzlei im größten Bundesland und damit auch irgendwie die Kronprinzenrolle als Muttis Liebling.

Doch dieses Mal ist die Hürde wohl doch zu hoch. Armin Laschet als Bundeskanzler? Den Gedanken empfanden viele Bürger als Zumutung, schon bevor er im Hochwassergebiet an ganz falscher Stelle plötzlich lachte. So ein kurzer Moment, und monatelange Arbeit ist für die Katz.

Gestern tagte erstmals die neue Bundestagsfraktion, und die nicht wiedergewählten Abgeordneten waren auch noch dabei. Fraktionschef Ralph Brinkhaus sagte, der Spitzenkandidat sei bei den Wählerinnen und Wähler nicht angekommen. CSU-Chef Markus Söder dankte den Abgeordneten fürs harte Kämpfen. Auch in der Vergangenheit bereits kritische Stimmen wie die Düsseldorfer Abgeordnete Sylvia Pantel, eine Sprecherin des konservativen Berliner Kreises, gab ihre Abschiedsvorstellung. Pantel war in acht Jahren Bundestag nicht überall beliebt, aber sie war mutig, machte sich nicht vom System Merkel abhängig, sagte stets ihre Meinung. Und nun muss sie ihre Sachen packen, weil sie im Zuge des dramatischen Absturzes während der Laschet-Kampagne dann auch ihren eigentlich sicheren Wahlkreis im Düsseldorfer Süden verlor. Auch sie meldete sich gestern zu Wort und sagte, die Union habe auf den falschen Spitzenkandidaten gesetzt. Klar hat sie das, aber Sylvia Pantel ist raus, Veronika Bellmann, Saskia Ludwig und Hans-Jürgen Irmer sind raus. Alles konservative Haudegen, alles die alte CDU. Aber Armin Laschet ist drin. Er sitzt mit am Tisch, und er modelliert an der neuen CDU der Zukunft. Gruselig.

Die Union hat ein Debakel erlitten, sie stürzte von mageren 32,9 Prozent auf einen historischen Tiefpunkt von 24,1 Prozent ab. Und schuld ist nicht nur aber auch Armin Laschet. Aber als Chef des größten CDU-Landesverbandes ist er immer noch mächtig in der Union. Aus NRW kommen täglich Ergebensheitsadressen, erst gerade vom angesehenen Arbeitsminister Karl-Josef Laumann. Und Laschet will jetzt mit Grünen und FDP über eine neue Bundesregierung unter seiner Führung sondieren. Alle machen einfach weiter, als sei nichts passiert am vergangenen Sonntag. Ein spannendes Experiment, ob das wirklich klappt.

Markus Söder aus Bayern hat mehr als einmal im Bundestagswahlkampf aus dem Hinterhalt auf Laschet geschossen. Er hält sich für den besseren Mann, und er hat viele Freunde in der Bundestagsfraktion. Jetzt ist er höflich und gibt den Teamplayer, der „den Armin“ vorbehaltlos unterstützt. Weil er weiß, dass Armin Laschet politisch tot ist, eine „lame duck“ eben.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur