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Trumps Zolltarife sind zum Nachteil aller Amerikaner

Donald Trump ist seit einem Jahr US-Präsident: Und doch geht die Sonne jeden Morgen wieder auf

Dr. STEFAN GEHROLD
Trump-Fahnen und Sternenbanner.

Ein Jahr nach dem Wahlsiegs Donald Trumps hat sich die Welt verändert – oder auch nicht

Was war nicht alles geschrieben worden im Land der Teutonen über die amerikanischen Präsidentschaftswahlen 2024… Vor allem vor dem Wahltag am 6. November 2024.

Die Amerikaner würden schon das Richtige wählen! Das Land der Freiheit! Nun hätte man dieses und jenes gelesen, mit Stakeholdern gesprochen, die sozialen Medien durchforstet. Trump hätte keine Chance. Es wäre ja auch nach den Umfragen völlig klar: Kamala Harris läge deutlich vorn. Die Amerika-Versteher, die Amerika-Experten, Soziologen, Politologen, etc. .. sie alle hatten einen Wahlsieg der Demokraten vorhergesagt. Und im übrigen hätte man ja amerikanische Medien verfolgt: CNN, NBC, Washington Post, New York Times, Los Angeles Times. Diese wären sich in ihrer Bewertung auch sicher.

Und dann kam am 6. November 2024 doch alles anders

Das Team Trump gewann nämlich deutlich und überzeugend.

Zumindest in einem waren sich die Beobachter seinerzeit einig: Es kommt auf die sieben sogenannten Swing States an. Einige wenige hatten sich festgelegt, dass es eigentlich nur noch auf Pennsylvania ankäme. Was dann aber passierte, war für viele, wenn nicht für alle, verblüffend. In ALLEN sieben Swing States lag der republikanische Herausforderer Donald Trump aus New York vor der Vizepräsidentin Kamala Harris aus Kalifornien.

Auf den Sendern MSNBC und CNN tröstete man sich mit der Feststellung, es wären ja bislang nur die ländlichen Bezirke ausgezählt. Die großen städtischen, die vermeintlich von den Demokraten gewonnen würden, fehlten noch. Je länger der Abend, desto größer die Gewissheit: Dies war ein Trugschluss. Selbst in den städtischen Wahlbezirken konnte die Vizepräsidentin nicht reüssieren; oder nur so eingeschränkt, dass die Gewinne der Republikaner in den ländlichen Bezirken nicht gut gemacht werden konnten.

Etwa gegen 23.30 Ostküstenzeit trat einer der Wahlkampfmanager von Frau Harris bei der Wahlparty der Demokraten an das Rednerpult. Er teilte den dort ausharrenden Anhängern mit, die Vizepräsidentin wäre nach Hause gefahren. Sie würde erst am folgenden Tag sprechen. Ein letztes Zeichen der Schwäche. Frau Harris‘ Amtszeit war nicht von sonderlichen Erfolgen und von Souveränität geprägt. Und so trat sie dann auch ab. Größe hätte sie gezeigt, wenn sie an dem Abend nach dem gebührenden Dank bei ihren Anhängern ihre Niederlage öffentlich eingestanden hätte. Der wahre Champion beweist sich eben in der Niederlage. Zu dieser Gruppe hatte Kamala Harris nie gehört.

In der Nacht wurde dann deutlich, wie desaströs die Niederlage war

Völlig unerwartet gewann das Lager Trump alle sieben Swing States. Den sogenannten „Sweep“ hatten nicht einmal seine engsten Vertrauten erwartet. Und so ging dann das Mandat Biden/Harris Anfang Januar 2025 zu Ende. Durchschlagenden Erfolg hatte deren Politik nicht. Wo war der erwartete Umschwung? Die groß angekündigte Rücknahme der während des Mandats Trump 1 (2016-2020) erfolgten Gesetzesänderungen fand nur eingeschränkt statt.

Auch außenpolitisch waren keine Erfolge zu verzeichnen. Israel wurde mit dem größten Terrorangriff seiner Geschichte seitens der Hamas überzogen, russische Streitkräfte drangen in die Ostukraine ein, der illegale Grenzübertritt über die mexikanisch-amerikanische Grenze wurde nicht eingedämmt. Die Inflation stieg. Und, wenn auch einige negative Entwicklungen von der Regierung Biden nicht zu vertreten, und möglicherweise auch nicht zu verhindern waren, so entstand doch in weiten Teilen der amerikanischen Bevölkerung der Eindruck, dass Mut- und Kraftlosigkeit das politische Geschehen in Washington prägten.

Ja, und die germanischen Amerika-Expertern und -versteher? Sie mussten erkennen, dass sie weder Versteher noch Experten sind. Zumindest nicht im Bezug auf die USA.

Wer nämlich CNN verfolgt, ggf. noch die New York Times und Washington Post liest, dann nach Washington fliegt und dort mit sog. Stakeholdern spricht, sich allenfalls noch nach New York und Los Angeles bemüht, kennt das Land nicht.

Er gleicht dem internationalen Beobachter, der nach Brüssel reist, dort ein Gesprächsprogramm durchläuft, Politico liest und dann glaubt, er kenne das politische Europa. Die schiere Größe der USA, die Diversität der Einwohner, die kulturellen Unterschiede können so nicht erfasst werden.

Hat sich nun alles im Land der Freiheit verändert?

Alles nicht. Aber doch Einiges. Sicher nicht immer zum Guten. Die von der Administration eingeführten Zolltarife sind zum Nachteil aller. Die Erkenntnisse David Ricardos scheinen den Verantworlichen im Wesentlichen unbekannt. Die Rücknahme der Zuschüsse im Bereich der Krankenversicherung trifft vor allem die Mittelklasse in den USA hart. Die Prämien steigen um das Doppelte, teils das Dreifache.

Den Krieg in der Ukraine wollte der Präsident innerhalb von 24 Stunden beenden. Bekanntlich ist das nicht gelungen. Die Eindämmung der Staatsausgaben lässt auf sich warten. Und das, obwohl die Behörde DOGE sich dem Anliegen mit Eifer widmete, die Ersparnisse dann aber vom Präsidenten gleich wieder für andere Projekte eingeplant wurden.

In anderen Bereichen sind Erfolge zu verzeichnen: Entbürokratisierung, illegale Zuwanderung, und die letzten von der Hamas noch festgehaltenen Gefangenen erhielten ihre Freiheit.

Kehren die Amerikaner nun ihrem Präsidenten den Rücken?

Ja und nein. Bei den kürzlichen Wahlen in Virgina, New Jersey und New York gewannen die Demokraten deutlich. Ein Zeichen, dass es Enttäuschung in Teilen der Bevölkerung gibt. Ist das eine Volksbewegung? Nein. Die harten Trumpbefürworter unter den Republikanern halten eisern zum Präsidenten. Stärker denn je. Und sie sind zahlreich.

Es ist eben nicht nur der zu kurz und in die Jahre gekommene männliche Industriearbeiter. Es ist ein Personenkult um den amerikanischen Präsidenten entstanden. Frauen, Männer, Weiße, Schwarze, Hispanics, Junge, Alte, Gebildete und Ungebildete. In allen Bevölkerungsgruppen hat der Präsident teils kritiklosen Rückhalt. Kürzlich warb ein republikanischer Kandidat für den Kongress in Florida mit dem Slogan: Er wäre als Abgeordneter Trumps stärkster Alliierter. Erstaunlich und auch gefährlich. Für ihn.

Was passiert, wenn der Präsident nicht mehr Donald Trump heißt? Ganz zweifellos war der Kandidat jedoch davon überzeugt, dass diese Aussage ihm Stimmengewinne bringt. Das ist wohl nicht zu bestreiten, es kann aber auch zu Verlusten führen.

In jedem Fall hat der Kult um den Präsidenten das Land weiter gespalten.

Und dennoch fragte ein Freund kürzlich rhetorisch: Und? Geht jetzt die Sonne morgens nicht mehr auf?

Typisch amerikanisch eben.

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Klaus Kelle, Chefredakteur