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Ist weiße Unterwäsche tragen ein Geschäftsmodell auf Dauer?

„Influencer“ als Geschäftsmodell: Was macht curvy Sarina eigentlich beruflich?

Thilo Schneider
Sarina Nowak, Curvy-Model

Beginnen wir das Jahr 2024 mit einer guten Nachricht. Wie mir „msn-news“ beim Aufrufen der Startseite angezeigt hat, lässt Sarina Nowak „in durchsichtiger Spitze“ „tief blicken“. Beim Aufrufen dieser wirklich weltbewegenden und schockierenden Nachricht teilt mir „promipool“ die Fakten in dürren Worten mit:

  • Sarina Nowak teilt neue Bilder (na herzlichen Glückwunsch!)
  • Sie trägt weiße Dessous (Wow, sehr mutig!)
  • Damit raubt sie ihren Fans den Atem (sofern sie dabei auf ihnen liegt, bin ich mir da sicher!)

Jetzt kann es durchaus sein, dass Sie von Sarina Nowak NOCH NIE etwas gehört haben und auch in Zukunft von ihr nichts zu hören (oder zu sehen, weiße Spitze hin oder her) wünschen. Was per se jetzt erst einmal ein zwar wahrlich großer und breiter Verlust wäre, andererseits muss das Leben ja auch weitergehen. Mir ging das ja auch so. Was bitte interessiert mich eine mir völlig fremde Person, und warum bekomme ich das in die Nachrichten?

Damit Ihnen das erspart bleibt, habe ich es übernommen

Also: Sarina Nowak hat einen Instagram-Account, auf dem der barock ausgestatteten Blondine mit einem Leberfleck auf der Backe, entschuldigung, Wange, 652.000 Menschen folgen. 652.000. Das entspricht ungefähr der Einwohnerzahl von Stuttgart. Übersetzt raubt Sarina Nowak ganz Stuttgart den Abend und den Atem, wenn sie weiße Dessous trägt. Da können Sie mal sehen, was Ihnen und mir entgeht, weil wir Instagram für eine Plattform von Halbhirnen hielten, die Essens- und Dessousfotos von sich posten.

Was aber macht curvy Sarina beruflich?

Auf ihrer Seite gibt sie an, sie sei „Künstlerin, Actress, Model“. Ihre Berühmtheit verdankt sie laut der IDMb-Database, neben ihren wunderbar atemraubenden Bildern, der Teilnahme an „Dancing on Ice“ 2019, aber auch Rollen in so bedeutenden Filmen wie die der Serie „Blaumänner“ (eine Folge, 2012) oder sogar „Schloss Einstein“, wo sie 2012 in einer Folge als Bibliothekarin „Jasmin“ nicht nur die Zuschauer, sondern auch nationale und internationale Kritiker nicht von sich überzeugen konnte. Es geht niemand freiwillig zu Instagram in weißer Unterwäsche.

Ihre steile Karriere setzt sie nach „Blaumänner“ jedoch unbarmherzig und gnadenlos fort. So ist sie schon überraschend im Frühstücksfernsehen (2013), bei „taff“ (drei Folgen), bei „Hollywood-Madness“ (eine Folge, 2017), bei „Volle Kanne“ (2018), bei „red“ (in zwei Folgen, irgendwann 2019) und bei „Lets face reality“ (in drei Folgen, 2019) aufgeschlagen, jeweils als sie selbst, völlig ungedoubelt, hat sich dort aber sehr gut selbst dargestellt.

Der Höhepunkt ihrer kometenartigen und eigenartigen Karriere aber war die Teilnahme bei „Germanys next Moppel“ 2022 oder so ähnlich. Sarina ist jedoch beim „Walk“ oder beim „Editorial-Shooting“ oder beim „Brötchen-Shopping“ oder was weiß ich rausgeflogen und befindet sich seitdem in der Notverwurstung der Privatsender. So steht es in der IMDb-Database. Dafür gibt es aber keinen Wikipedia-Eintrag, den sie meiner Ansicht nach durchaus verdient hätte, immerhin hat sie schon von Heidi Klum heute kein Foto bekommen. Wer erbarmt sich?

Ich weiß, Sie brennen jetzt sicher darauf, sich bei Instagram einzuloggen und sich von Sarina Nowak den Atem nehmen zu lassen, aber halt: Sie finden jede Menge Sarinas auch an Orten wie der Supermarkt-Kasse, der Antragsstelle für Bürgergeld oder auch sonst an Lokalitäten, an denen hungrige Menschen sich einen üppigen Körper antrainieren, der als Hose nur noch Leggins oder Beinkleider mit Gummizug zulässt, vorzugsweise lässige Sportkleidung. Oder eben weiße Damenunterbekleidung.

Ich wollte Ihnen das nur mitteilen, bevor Sie jetzt Instagram stürmen. Sie finden sie nämlich auch auf X, aber da folgen einer merkwürdig schlanken Frau nur 245 Leute und da hat sich seit 2015 auch nichts mehr getan, einen weiteren Account, bei dem seit 2020 Schicht im Schacht ist, hat es auch, aber da sind nur drei Leute am Verfolgen. Fliesen-Bär in Germersbach hat da auf X mehr Betrieb.

Aber das ist vielleicht auch gar nicht so schlecht. Es gibt sehr viele Menschen, bei denen es reicht, wenn man sie einfach nur sieht. Dann sind sie hübsch, solange sie den Schnabel halten und das genügt normalerweise. Auf gefühlt 99 Prozent ihrer wirklich guten 621 Bilder auf Instagram hat Sarina Nowak zwar den Mund offen („…und jetzt sinnlich geöffnete Lippen, okay, danke, Du machst das super!“), aber es kommt nichts raus und das ist auch gut so.

Spannend wird es, wenn Sie Sarinas sanfte Seite ganz nach unten scrollen, denn da finden sich die alten Fotos und die Entwicklung zu einem „Curvy Model“, das mehr Serpentinen als die Felbertauernstrasse hat, ist ganz gut dokumentiert. Wäre ich ein Bigbacondoublecheeseburger, so wollte ich mit Sarina Nowak nicht allein in einem Raum sein.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: In diesem Artikel eines kleinen Schmierfinken geht es gar nicht um Sarina Nowak. Es geht um all die, die glauben, sie könnten ein relativ leistungsloses Einkommen generieren, indem sie Bilder von sich in knapper Wäsche ins Internet würgen und so ihren Lebensunterhalt zu bestreiten versuchen.

„Influenzer“ oder „Artist“ sind keine Berufe, es sind Chimären mit einer Halbwertszeit von etwa zehn Jahren, in denen sich eventuell Einkommen oberhalb einer Kassiererin bei Lidl generieren lassen, bevor Cellulite und die Gravitation zuschlagen. Hollywood wird nicht anrufen – bestenfalls Produzenten für „Liebesfilme“, die Rubellos-Besitzer dann gratis herunterladen können. Und es gibt derer Tausende, die dann in 2030 Schlagzeilen wie „so lebt sie heute vom Bürgergeld“ generieren werden, während sich deren Töchter für Likes halbnackig machen. Für einen Fünfziger pro Interview mit der „Goldenen Frau im Spiegel am Herd“. Das ist die eigentliche Tragik – und das, was wir unseren Kindern beigebracht haben. Irgendwie traurig. Am Ende wäre die Ausbildung zur Zahnarzthelferin sinnvoller gewesen. Denn die werden immer gesucht. Auch, wenn sie 45 sind und zwei Kinder haben.

(Weitere curvy Artikel des Autors unter www.politticker.de

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, 

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Klaus Kelle, Chefredakteur