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Schlechte Nachrichten für Putin: Gefangene Russen in Kursk und ein widerspenstiger Oligarch

KLAUS KELLE
Der russische Milliadär Oleg Deripaska wagt offene Kritik an Präsident Putin wegen des Ukraine-Krieges.

»Russland hat den Krieg in unser Land gebracht und soll nun spüren, was es getan hat.« So begründete der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den überraschenden Vorstoß seiner Armee am Dienstag auf russisches Gebiet im Raum Kursk. Im Internet kursieren seit gestern Abend Videos, die die Gefangennahme zahlreicher russischer Soldaten durch ukrainische Kräfte zeigen. Heute früh, für uns noch nicht zu verifizieren, gibt es Meldungen, nach denen der Versuch der russischen Armee, militärischen Nachschub nach Kursk zu bringen, durch Luftangriffe ukrainischer F 16-Kampfflugzeuge in einem Desaster endete.

Als ob das alles nicht genug schlechte Nachrichten für Russlands Präsidenten Wladimir Putin wären: Nun hat sich mit dem russischen Milliardär Oleg Deripaska erstmals ein mächtiger Oligarch aus dem persönlichen Umfeld Putins zu dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine in unerwarteter Deutlichkeit geäußert.

In einem Interview der japanischen Zeitung „Nikkei Asia“ forderte Deripaska gestern einen „sofortigen, bedingungslosen Waffenstillstand“. Und weiter: „Wenn man den Krieg beenden will, muss man zuerst den Beschuss stoppen.“ Deripaska ist als offizieller Repräsentant Russlands bei einer Konferenz in Japan und bezeichnete den Krieg gegen die Ukraine als „verrückt“.

Deripaska zählt zu den reichsten und einflussreichsten Unternehmern in Russland. Er hat sein Vermögen bei der Privatisierung von Aluminium- und Bergbaukonzernen nach dem Zerfall der Sowjetunion erworben. Das US-Wirtschaftsmagazin schätzt ihn auf 2,8 Milliarden Dollar Vermögen.

Wegen seiner Nähe zu Präsident Wladimir Putin wird Deripaska von westlichen Ländern mit Sanktionen belegt. Im Gegensatz zu anderen im Land gebliebenen Prominenten hat Deripaska sich wiederholt kritisch über die russische Politik geäußert, allerdings noch nie so deutlich wie in diesem Interview.

Vor dem Hintergrund des Schicksals anderer mächtiger Oligarchen, die es früher gewagt hatten, Putin offen zu kritisieren, ist dieser Affront gegen den Präsidenten mutig, waghalsig oder einfach irre in einer Zeit, wo ständig Putin-Kritiker versehentlich aus Hotel- und Krankenhausfenstern stürzen und ums Leben kommen. Oder es ist der überfällige erste Schritt mächtiger Russen, den Putin-Irrsinn endlich zu beenden, der Russland schadet wie nichts anderes in den vergangenen Jahrzehnten.

Der russische Putin-Stratege Alexander Dugin, der gern von einem „Eurasien“ ohne Amerikaner in Europa schwurbelt, hyperventilierte jedenfalls gestern nach Deripaskas Interview in Japan. Er schäumte: „Das ist ein Dolchstoß in den Rücken unserer Streitkräfte und eine Unterstützung für die Terroristen der ukrainischen Armee, die in die Region Kursk eingedrungen sind.“

 

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Klaus Kelle, Chefredakteur