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Sprüche klopfen ist die eine Seite, Akten lesen und Kompromisse schließen die wichtigere

von KLAUS KELLE

Obamacare wird bleiben, Trump ist mit seinem ersten großen Reformvorhaben zunächst gescheitert. Das sind die beiden aktuellen Nachrichten aus Washington DC. Kein Zweifel, die Republikaner werden einen weiteren Anlauf starten. In einigen Monaten, besser vorbereitet (die Vorbereitung von Gesetzesvorhaben scheint ja nicht die besondere Stärke dieser Administration zu sein), mit einer vorher sicher stehenden Mehrheit. Der neue Präsident kann und wird die Schlappe nicht hinnehmen, war doch die Abschaffung von Obamacare ein zentrales Wahlversprechen. Und – nur um daran wieder einmal zu erinnern – Obamas Gesundheitsreform ist bei vielen Amerikanern durchaus unbeliebt wegen handwerklicher Fehler, wegen zu viel Sozialismus und Bürokratie. Aber dass 14 Millionen Menschen jetzt eine Krankenversicherung haben, die vor Obama keine hatten, ist zweifellos erst einmal gut und richtig.

Was lehrt uns Trumps Scheitern gestern? Sprüche klopfen ist das eine, reale Politik gestalten ist etwas anderes. Trump ist nicht der erste, der das lernen muss. Politik gestalten, das heißt sorgfältig zu arbeiten, Kompromisse zu schließen, erst denken, dann reden. Politik ist eben nicht, auf den Tisch zu hauen, und „Deals“ zu machen. Politik ist ein durchaus ernstes Geschäft. Akten lesen und Experten zuhören ist wichtiger als Tweets verfassen. Hoffen wir, dass der mächstigste Mann der Welt das in den ersten Wochen im Amt gelernt hat.

Aktuelle Umfragen zeigen, dass nur noch 37 Prozent der Amerikaner mit ihm zufrieden sind. Ein wirklich schlechter Wert. Und übrigens: bei meinen privaten Freunden gibt es viele, die in den ersten Wochen Spaß hatten am unkonventionellen neuen Präsidenten, am Raubein, der sich an keine Regeln hält. Aber in den vergangenen Tagen höre ich immer häufiger Enttäuschung bei Gesprächen heraus – klar, eine subjektive Momentaufnahme. Aber man sagt: jetzt muss er doch mal langsam anfangen, ernsthaft zu regieren. Und das finde ich auch.

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Klaus Kelle, Chefredakteur