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Trotz mancher «Erinnerungslücken»: Olaf ist ein unbescholtener Mann

Liebe Leserinnen und Leser,

eine alte Volksweiheit besagt, dass „eine Krähe der anderen kein Auge aushackt“. Das ist nicht frühstücksfreundlich für meine Leser, aber es fiel mir tatsächlich gerade ein, als ich las, dass
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher, ein Sozi, dass muss immer so sein in der Hafenmetropole, Verständnis für die von Bundeskanzler Olaf Scholz vor dem «Cum-Ex»-Untersuchungsausschuss bekundeten Erinnerungslücken hat. Die Treffen mit den Gesellschaftern der in den «Cum-Ex»-Skandal schwerst verwickelten Warburg Bank seien Jahre her, «da kann man sich nicht an alle Einzelheiten von Gesprächen erinnern», sagte Tschentscher jetzt in einem Gespräch mit der BILD.

Zyniker unter Ihnen, sicher nur einige wenige, werden grinsen. Erinnerungslücken, wenn wir das schon hören, oder?

Ich muss zugeben, als alter weißer Mann, aber noch gut drauf, fällt mir immer mal wieder ein Name nicht sofort ein. Auch bei Leuten, die ich seit vielen Jahren und gut kenne. Bitte, Familienmitglieder und Freunde – das klappt schon noch. Aber letztens fiel mir der Name eines Abgeordneten nicht ein, den ich seit 20 Jahren kenne. Ich musste auf dem Handy kurz googlen, bevor ich ihn anrufen konnte. Die Einschüsse kommen echt näher…, wenn ich in diesem Zusammenhang ein weiteres geläufiges Sprichwort erwähnen darf.

Scholz hatte sich in den Jahren 2016 und 2017 mit den Warburg-Bank-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg getroffen und – was auch immer – vertraulich miteinander besprochen. Zu der Zeit lief gegen Olearius bereits ein Ermittlungsverfahrn wegen Steuerhinterziehung. Die Treffen von Scholz mit den Bank-Gesellschaftern sollen u. a. vom früheren Innensenator Alfons Pawelczyk und dem Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs angebahnt worden sein, natürlich auch Sozis. Gegen beide SPD-Politiker sowie die ehemals für die Warburg Bank zuständige Beamtin aus dem Finanzamt für Großunternehmen ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Begünstigung von Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit «Cum-Ex»-Geschäften.

Und jetzt wird es spannend, denn nach den ersten beiden Treffen hatte das Hamburger Finanzamt für Großunternehmen entgegen seinen ursprünglichen Plänen eine Rückforderung über 47 Millionen Euro zu unrecht erstatteter Steuern gegen die Bank still in die Verjährung gleiten lassen. Ein Jahr später wurden 43 Millionen Euro erst nach Einschreiten des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung zurückgefordert.

Und so fragen wir uns, Sie und ich und viele andere, ob da ein kausaler Zusammenhang bestehen könnte. Nein, ein kausaler Zusammenhang könnte auf jeden Fall bestehen. Aber es gilt ja erstmal die Unschuldsvermutung für alle Beteiligten.

O.k., wären da nicht bei einer Hausdurchsuchung bei Kahrs im heimischen Tresor 200.000 Euros und eine Handvoll US-Dollars entdeckt worden. Hängt da – wieder einmal – alles mit allem zusammen? Oder hat Kahrs im Kasino gezockt und einfach Glück gehabt? Oder hat er das Geld in einem Umschlag auf einer Parkbank gefunden und einfach vergessen, es zum Fundbüro zu bringen? Politiker haben ja so viel zu tun, da kann sowas schonmal passieren.

Haben Scholz, damals Erster Bürgermeister Hamburgs, und seine Genossen, da ein bisschen unerlaubt an der Steuerschraube gedreht? Haben sie gar persönlich profitiert von den einträgichen – aber nicht erlaubten – «Cum-Ex»-Geschäften? Wir wissen es nicht. Die Kölner Staatsanwaltschaft und die Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft werden es schon rausfinden. Und wenn Sie heute einen Umschlag mit 200.000 Euro auf der Parkbank finden, gehen Sie bitte direkt zum Fundbüro, liefern es da ab und lassen sich eine Quittung geben!

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur