JULIANS WOCHE: Unattraktive Bahn – Preis für Boris – Beifall für unsere Soldaten – und Atomkraft? Ja, bitte!
Liebe Leserinnen und Leser,
wir leben in Zeiten des exponentiellen Wahnsinns. Daher habe ich mir zur Aufgabe gemacht, Ihnen eine Übersicht der vergangenen Woche zu verschaffen. Freilich völlig subjektiv, dafür um so polemischer. „Warum sachlich, wenn es auch persönlich geht“ heißt es doch. Na dann, los!
*Am 1. Juni startete das sogenannte 9 Euro-Ticket.
Damit kann jeder einen Monat öffentlichen Nahverkehr so wie alle Regionalzüge der Deutschen Bahn nutzen. Das Ganze soll drei Monate dauern. Die Politik hofft, dass sich dadurch auch über den Sommer hinaus Bürger für Angebote der Bahn entscheiden. Meine Prognose: Das wird ein Schlag ins Wasser. Nach diesen drei Monaten wird kein Mensch mehr, der die Wahl hat, freiwillig den ÖPNV nutzen. Manchmal schaut man den geschenkten Gaul noch nicht mal mit dem Allerwertesten an.
Denn das „Erlebnis Bahnfahren“ entwickelt sich zum Alptraum auf Schienen. Versiffte Toiletten, falls überhaupt welche vorhanden, überfüllte Abteile, übel gelauntes Personal – das ganze bei 30 Grad und mit Mundkappe. Maske tragen, so wichtig! Jeder Mensch, der im Besitz eines Automobils ist und noch alle beisammen hat, würde auf die Bahn verzichten und lieber den Stau wählen. Unangenehm, aber alles ist besser als…siehe oben!
In einem Punkt hatte ich jedoch unrecht. Nicht nach drei Monaten, sondern nach drei Tagen merkten die Fahrgäste bereits, wie überfordert die Deutsche Bahn ist. Traumschön. Statt: Die Bahn macht mobil, ein ehemaliger Slogan der DB, passt hier wesentlich besser: Die Bahn macht debil.
*Preis für Empathie und Herz an Boris Johnson!
Boris Johnson konnte indes seinen Kopf aus der Schlinge ziehen. Der britische Premierminister hat ein Misstrauensvotum in seiner konservativen Fraktion erfolgreich überstanden. 211 seiner Fraktionskollegen sprachen dem Premier am Montagabend in London ihr Vertrauen aus. 148 Tory-Abgeordnete votierten für eine Abwahl Johnsons als Parteichef und damit auch als Premierminister. Doch was hat er Schlimmes getan? Sex mit der Praktikantin? Wurde ein russischer Spion im Kreis seiner Berater entdeckt? Beleidigte er die Queen?!
Nichts dergleichen. Er wagte es, zu feiern. Genauer gesagt ließ er zu, dass in den irren Lockdowns „exzessiv“, was immer das für Leute ab 60 bedeutet, gefeiert wurde. Ich kann dazu nur sagen: Danke, Boris! Danke, dass du menschliche Regungen zeigst. Danke, dass du deinen Mitarbeitern in Zeiten größter mentaler Herausforderungen ein Ventil gegeben hast.
In den Zeiten von „Kontaktbeschränkungen“, was für ein bitterkaltes Wort von soziopathischen Virologen, waren solche Events Gold wert. Man hätte Johnson nicht abwatschen, sondern ihm einen Preis verleihen sollen. Ganz im Ernst und auch auf die Gefahr hin, dass es pathetisch klingt: Der Premierminister hat mit dieser Aktion mehr Empathie und Herz gezeigt, als die ganze deutsche Politik in der Coronazeit zusammen.
*Mehr Respekt für die Bundeswehr!
Auch nach mehr als 100 Tagen dauert der Krieg in der Ukraine an. Trotz Überlegenheit an Menschen und Material haben die russischen Truppen bisher keinen Durchbruch erzielt.«Die Situation an der Front hat in den letzten 24 Stunden keine wesentlichen Änderungen erfahren», sagte Präsident Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. «Die äußerst heldenhafte Verteidigung des Donbass wird fortgesetzt.»
Das richtige Wort ist bereits gefallen: Heldenhaft. Wie aufopfernd und nur ihrem Land und ihren Familien verpflichtet die Ukrainer kämpfen, bewegt mich zutiefst. Und es macht mich gleichzeitig nachdenklich. Wäre ein solcher Einsatz der Deutschen für ihr Land vorstellbar? Die Antwort kann sich jeder Leser selbst geben: Nein.
Die Deutschen mögen ihr Land nicht. Sie mögen auch nicht die Leute, die es verteidigen. Die Bundeswehr wird regelmäßig aus Universitäten geekelt, als seien sie die Teufelsbrigarde. Bei allem Respekt vor Lehrern, Sozialarbeitern, Kaufleuten und Gender-Studies-Professorinnen – okay, das geht zu weit – aber bei aller nötigen Anerkennung anderer Berufe: Sie sind nicht diejenigen, die Deutschland bei einem Angriffsfall verteidigen. Es sind die Jungs und Mädels unserer Bundeswehr, die endlich die Anerkennung erhalten sollten, sie sie verdienen.
*Atomkraft, ja bitte!
Finanzminister Christian Lindner (FDP) möchte Energiegewinnung durch Kernkraft diskutieren. „Menschen erwarten, dass wegen des Klimaschutzes, der Abhängigkeit von Putin und der Inflation alle Möglichkeiten erwogen werden», sagte der Bundesfinanzminister der «Bild». Endlich sagt es mal einer! Deutschland leistet sich als einziges Land den Wahnsinn, aus Kohle und Atomenergie auszusteigen. Andere Staaten haben weder die eine, noch die andere und würden dem Herrgott täglich für eines von beiden Energiequellen danken. Und während in Deutschland aufgrund dieser ideologischen Politik völlig überraschend die höchsten Energiepreise der Welt haben, fordert Linder das einzig richtige.
Robert Habeck, bekanntermaßen nicht der Erfinder des tiefen Tellers, sieht das – oh Wunder – anders. «Zur Atomenergie ist nicht mehr viel zu sagen. Ideologiefrei fachlich wurde das Thema Anfang der Legislatur nochmal durchgeprüft. Das ist aus den Fachministerien heraus entschieden – und politisch auch. Das ist kein Weg, den Deutschland weiter gehen wird.»
Habeck hat tatsächlich die Chuzpe von „Ideologie“ zu sprechen, während seine Partei nichts anderes als ein Club der Utopisten ist. Übrigens: Die Mehrheit der Bürger sind inzwischen für Atomstrom.
Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende und einen geruhsamen Sonntag! Lassen Sie sich nicht ärgern!
Ihr Julian Marius Plutz
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Klaus Kelle, Chefredakteur