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Anfangsverdacht

Liebe Leserinnen und Leser,

seien wir fair! Auch wenn Bundeskanzler Olaf Scholz im Amt bisher eine eher schwache Figur abgibt, ist hier Rechtsstaat, und es gilt auch für ihn die Unschuldsvermutung.

Die Überlegenheit des westlichen Gesellschaftsmodells beruht neben der Möglichkeit zur freien Wahl und der Meinungsfreiheit – da fängt’s aber schon an – im Wesentlichen darauf, dass vor dem Gesetz alle gleich sind. Und das ist tatsächlich so, wie wir in vielen Fällen gesehen haben. Etwa, als der sozialistische Senat in Berlin Querdenker-Demos während der Pandemie verboten hat und Gerichte die Verbotsentscheidungen kassierten. Oder als vor vielen Jahren zwei Studenten in Münster die bundesweit vorbereitete Volkszählung kippten.

Nein, unsere Gerichte funktionieren schon, fragwürdige Entscheidungen gibt es natürlich immer.

So, und jetzt Scholz, der in seiner Zeit als Erster Bürgermeister von Hamburg beim Cum-Ex-Skandal durch Handeln oder Dulden mit dazu beigetragen haben soll, dass die private Hamburger Warburg-Bank illegale Millionen-Gewinne nicht versteuern musste. Wenn Sie oder ich Millionen am Fiskus vorbeischleusen und erwischt werden, wandern wir in den Knast.

Aber Scholz soll ja nicht kassiert, sondern geduldet haben – was er natürlich bestreitet.

Ich finde gut, in einem Staat zu leben, wo sich auch der Regierungschef verantworten muss, wenn es einen Anfangsverdacht auf ungesetzliches Handeln gibt. Hier gibt es kein Nervengas in den Tee wie anderswo, hier gibt es einen Untersuchungsausschuss oder ein Ermittlungsverfahren, und Kaffee und Kekse kann man in Deutschland beim Verhör bedenkenlos zu sich nehmen.

Wenn Scholz gegen Gesetze verstoßen hat bei Cum-Ex, dann muss das Konsequenzen haben. Juristische ebenso wie politische. Aber solange das nicht nachgewiesen ist, bleibt er ein unschuldiger Mann. Und das ist auch gut so, selbst wenn er ein schwacher Kanzler ist. Gleiches Recht für alle.

Viel interessanter finde ich persönlich, woher die 200.000 Euro stammen, die der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs, einst Vertrauter von Scholz, im Safe zu Hause hatte. Diese Frage ist immer noch nicht geklärt.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur