Bundestagswahl: Nicht wählen oder wen wählen? – Teil 1: Nicht wählen!
von FELIX HONEKAMP
Würden Sie Angela Merkel einen Gebrauchtwagen abkaufen? Oder Martin Schulz? Christian Lindner? Oder ein gebrauchtes Fahrrad von Katrin Göring-Eckardt oder Cem Özdemir? Einen gebrauchten Trabi oder Lada von Sahra Wagenknecht oder Dietmar Bartsch? Oder einen „Volkswagen“ von Frauke Petry oder Alexander Gauland … und von Björn Höcke?
Es sind noch gut sechs Monate bis zu den Bundestagswahlen am 24.September, aber das heißt nicht, dass man sich nicht schon mal Gedanken machen sollte, will man nicht plötzlich in der Wahlkabine eine ad-hoc-Entscheidung treffen. Persönliche Sympathie spielt dabei sicher bei vielen eine Rolle – was auch in Ordnung ist. Schließlich legt man in einer parlamentarischen Demokratie die eigene Macht als Souverän für eine Weile aus der Hand – da sollte schon jemand Vertrauenswürdiges mit der Regierung betraut sein.
Aber was können, neben solchen eher persönlichen Einschätzungen – die nebenbei darüber hinwegtäuschen, dass der Bundestag und nicht der Kanzler gewählt wird – Kriterien zur Wahl sein? Wer sich heute umschaut sieht allenthalben Menschen, die deutlich sagen, dass sie ratlos sind, noch nicht wissen, welche Partei sie wählen könnten und auch wenig Optimismus zeigen, dass sich dieser Zustand bis zum Herbst oder gar zu den noch früher liegenden Landtagswahlen diesen Jahres noch ändern wird.
Da meine Kolumne als „Libertäres“ überschrieben ist, muss ich dazu gleich zwei Punkte klarstellen: Erstens kann man sich der Stimme enthalten und zweitens ist Demokratie systemimmanent ein kollektivistischer Prozess, den man ablehnen kann.
Letzteren Punkt halte ich selbst zwar eher für theoretisch relevant, weil diese Bundesrepublik nun mal eine Demokratie ist und sich nicht innerhalb der nächsten wenigen Jahrzehnte in eine Privatrechtsgesellschaft wandeln wird. Deshalb kommen mir die Puristen – um nicht zu sagen Ideologen – unter den Libertären immer eher als Trotzköpfe vor, die lieber gar keinen Einfluss hin zu mehr Freiheit nehmen, als sich selbst dem Verdacht auszusetzen, ein Anhänger dieser Diktatur der Mehrheit zu sein. Umgekehrt ist für einen Libertären aber natürlich nur eine Partei wählbar, die bestrebt ist, persönliche Freiheiten auszubauen. Das schränkt die Optionen deutlich ein (dazu im in Kürze folgenden zweiten Teil dieses Beitrags mehr).
Das Nicht-Wählen dagegen erscheint heute nicht mehr als die „Geht-gar-nicht-Variante“, die es für viele in den 80er bis 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war. Damals lag das Nichtwählen eher im Desinteresse an Politik begründet, zum Teil auch darin, dass einige Wege bereits eingeschlagen und – je nach Sichtweise – „gesichert“ oder „unabänderlich“ erschienen. In einem solchen Stadium der Politikmüdigkeit gepaart mit der „Eighties-Partywut“ konnte man die Gefahr an die Wand malen, dass „die Rechten“ oder „die Roten“ unverhältnismäßig mehr Stimmenanteil erhielten, wenn die angestammten Wähler der Parteien der Mitte sich der Stimme enthielten. Daher lieber „Augen zu, CDU!“ (oder eben eine andere Partei).
Wer heute aber ähnliches versucht, der nimmt sein Gegenüber offenbar nicht ernst. Eine enthaltene Stimme ist eine Stimme für die „Nazis“? In einer Zeit, in der gerade diejenigen die Stimmenthaltung in Erwägung ziehen, die im Gegenteil ein hohes Interesse an Politik haben, stimmt diese Zuordnung nicht mehr. Was nämlich wird derjenige antworten, dem man beispielsweise als „geborenen CDU-Wähler“ vorwirft, er stärke mit einer Enthaltung die AfD? Er wird sagen: „Mit meiner Nichtwahl strafe ich die Politik der CDU unter Kanzlerin Merkel ab. Und das ist genau das, was ich erreichen will!“
Wer also aus solchen Überlegungen heraus plant, nicht zur Wahl zu gehen, soll sich nicht kirre machen lassen. Das von der etablierten Politik vorgebrachte Argument „Eine fehlende Stimme ist eine Stimme für …“ ist nur das Aufbäumen eines Systems von Machterhalt, dessen Protagonisten versuchen, Ihnen Schuldgefühle einzureden und Sie überreden wollen, doch lieber das kleinere Übel zu wählen – nur um das Ergebnis am Ende des Wahltages als Vertrauensbeweis der Bevölkerung zu interpretieren.
Für alle anderen und die, die noch zweifeln, schreibe ich noch einen zweiten Teil von relevanten Entscheidungsfaktoren zur Wahl – ohne zu versprechen, dass Sie damit ohne schlechtes Gewissen ein Kreuzchen bei einer der etablierten Parteien werden machen können.
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