Das Problem ist nicht „der Westen“, das Problem sind die Amateure auf der Kommandobrücke
Liebe Leserinnen und Leser,
die dramatischen Ereignisse in Afghanistan und insbesondere jetzt gerade in der Hauptstadt Kabul werfen neben der Tagesaktualität eine weit darüber hinausgehende Frage auf: Ist mit dem Fotos des CH-47 Chinook-Hubschraubers auf dem Dach der amerikanischen Botschaft in Kabul, der amerikanische Staatsbürger aus dem Hexenkessel heraus schaft, endgültig das Zeitalter des global dominierenden Westens und des ihn anführenden Amerikas eingeläutet?
Haben wir abgedankt, ist das Modell Demokratie und Menschenrechte ein Ladenhüter? Aber kommen jetzt die dynamischen Megastaaten wie China und Indien an die Reihe?
Ganz ehrlich: Ich glaube das nicht. Demokratie und Menschenrechte sind immer gut und immer allen anderen Systemen vorzuziehen, wo man politischen Gegnern heimlich auch mal Nervengift in den schwarzen Tee träufelt und die Menschen bis in den kleinsten Privatbereich überwacht, wo die gesellschaftliche Realität allen Albträumen eines George Orwell längst den Rang abgelaufen hat.
Beim Wein im Urlaub mit einem kroatischen Unternehmer vergangene Woche, fragte ich ihn, ob man sich in seinem Land heute zum Westen gehörig fühle oder noch so eine Nostalgie verspürt, wenn man an früher denke, war sein Standpunkt 100 Prozent klar, so deutlich, wie selbst unsereins es heutzutage nicht mehr so einfach zu formulieren wagt. Die EU ist unsere Zukunft, und die NATO sorgt für die Sicherheit von uns vor den Gefahren, die da draußen lauern. Sagt er. Dabei möchte ich nebenbei anmerken, dass Kroatien im kommenden Jahr seine Währung Kuna abschaffen und den Euro einführen wird.
Ob das wirklich das Modell der Zukunft ist, will ich mal dahingestellt lassen, ich habe Vorträge und Bücher von Freunden wie Markus Krall und Max Otte aufgesogen, die den Crash vorhersagen und bestens begründen, warum es so auf Dauer mit dem internationalen Finanzsystem kein gutes Ende nehmen wird. Und Markus und Max sind brillante Köpfe. Aber auch sie konstatieren in Diskussionen, dass es wohl noch eine Weile so weitergehen wird, dass man Geld druckt, wenn man es braucht, dass Brüssel bereit ist, internationale Verträge zu brechen und sich über die Belange der Mitgliedsstaaten hinwegzusetzen, ohne mit der Wimper zu zucken.
Aber stehen wir, steht der Westen vor dem Zusammenbruch? Ich kann das nicht erkennen, trotz der jämmerlichen Vorstellung der westlichen Staatengemeinschaft am Hindukusch. Alle Leute, die ich kenne, und die China toll finden, sind Menschen, die irgendwie geschäftlich von dem aufsteigenden Riesen profitieren. Und mit fällt auf, dass alle, die Herrn Putin preisen, im Westen leben und froh sind, dass sie ihr Gehalt am Monatsende in Euro und nicht in Rubel überwiesen bekommen.
Als unsere erste Tochter vor sechs Jahren zum Schüleraustausch geschickt werden sollte (und wollte), waren meine Frau und ich bei mehreren Austauschorganisationen und -Unternehmen, die so etwas professionell organisieren. Klar, die Tendenz ging von Anfang an in Richtung Vereinigte Staaten, Kanada oder Australien, aber wir sind nicht beratungsresistent. Ich werde nie vergessen, wie mir einer dieser Berater den Hinweis gab, dass wir die Kosten für ein solches Jahr deutlich minimieren könnten, wenn wir unsere Tochter in die Türkei oder nach Russland schickten. Da gäbe es sogar staatliche Förderprogramme, die ein solches Austauschjahr wesentlich preisgünstiger machten als die 12.000 Euro für die USA oder die 16.000 für ein Jahr Australien. Und auf meine Frage, warum das so sei, antwortete uns der Mann mit entwaffnender Direktheit: „Weil da kaum jemand seine Kinder hinschicken will.“ Das ist so wie grüne Gutmenschen, die mit dem SUV zum Bioladen fahren, um ehrliche Zuccinis zu erwerben oder Spitzensozis, die uns allen die Gesamtschulen reindrücken wollen, aber ihre eigenen Kinder in teuren Privatschulen anmelden.
Ich weiß, jetzt bekomme ich wieder Mails, dass ich ja islamophob sei und es in Russland auch glitzernde Großstädte und Supermärkte mit süßen Orangen gäbe. Ja, klar, dass weiß ich doch, aber ich referiere hier einfach nur die Fakten. Wenn Sie Ihrem Kind die Auswahl vorlegen, ob es lieber nach Russland, in die Türkei oder in die USA will, dann bekommen Sie ein sehr eindeutiges Ergebnis. Nicht, weil ich von Herrn Soros ferngesteuert werde, sondern weil im Grunde jeder weiß, dass das Leben in westlichen Gesellschaften für jeden Einzelnen von uns viel mehr Verheißungen verspricht, als bei den anderen Modellen. Oder, wie es der große Winston Churchill einst formulierte:
„Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.“
Gerade in dieser Zeit wissen wir, was alles auch in unserem Deutschland furchtbar schief läuft. Und auch in Amerika ist nicht alles Gold, was glänzt. Aber ich sehe kein System auf diesem Planeten, in dem ich lieber leben möchte, als in einer Demokratie mit Gewaltenteilung, Rechtsstaat, Meinungsvielfalt. Ja, werden Sie sagen, wo ist denn die Gewaltenteilung, wenn die höchsten Richter unseres Landes Schweinelendchen im Kanzleramt zusammen mit der Bundeskanzlerin genießen, wenn sie ein paar Tage später in einem Prozess über Frau Merkels Politik entscheiden müssen? Das ist eine wirklich gute Frage. Wo ist die Demokratie, wenn Frau Merkel ohne Debatte und ohne das Parlament zu fragen, am Telefon anordnet, die Kernkraftwerke abzuschalten oder mal eben 1,6 Millionen „junge Männer“ mit Islam-Hintergrund an unseren Grenzen durchzuwinken. Da fällt es auch mir schwer, darauf locker zu antworten. Aber dieses System bietet wenigstens die Chance auf eine Veränderung. Viele der alternativen Medienmacher in Deutschland säßen in China längst im Umerziehungslager oder würden wie der Blogger Roman Protassewitsch in Belarus nachts aus dem Verkehrsflugzeug gezerrt, misshandelt, eingesperrt und dem eigenen Volk als Sprechpuppe vorgeführt. Oder wunderten sich beim Schwarztee in Russland über so ein merkwürdiges stärker werdendes Kribbeln in den Unterarmen.
Nein, ich bin weit entfernt davon, die Merkel-Republik schönzureden. Und die 20 Jahre Krieg in Afghanistan waren eine schlechte Idee, und wenn wir uns anschauen, wie handwerklich erbärmlich nicht nur der Abzug der NATO-Staaten, sondern jetzt offenkundig auch die Evakuierung läuft, möchte man verzweifeln. Oder können Sie mir erklären, warum die Bundeswehr-Airbusse erst heute aufgestiegen sind und nicht schon gestern? Gab es da ein Nachtstartverbot? Oder verbieten Manteltarifverträge, dass unsere Soldaten am Wochenende arbeiten dürfen? Und warum werden die ersten paar Dutzend Deutsche aus Kabul nicht von uns ausgeflogen, sondern von einem amerikanischen Flieger? Alles Fragen, die noch zu klären sein werden.
Aber wir alle, der Westen, haben noch eine Chance, die Dinge in die richtige Richtung zu drehen. Es fehlt nicht am Wissen, an klugen Köpfen, an technologischer Überlegenheit oder an Wirtschaftskraft und militärischer Schlagkraft. Das ist alles noch da. Es fehlt an einer gemeinsamen Strategie für die Zukunft, es fehlt am Handbuch für den Krisenfall, vor allem aber fehlt es an Anführern, die den Namen verdienen.
In Berlin sind alle ganz überrascht, dass die Taliban nach dem Abzug der NATO durchmarschieren. Wieso eigentlich? Ich bin nicht überrascht, Sie sind nicht überrascht, aber unsere Regierenden sind überrascht. Und genau da ist das Problem. Wir müssen uns kompetente Anführer suchen und wählen, wir müssen Gesetze verändern, Schwerpunkte neu definieren. Nicht Kampfanzüge in Regenborgenfarben sind wichtig, sondern Flugzeuge, die dann starten, wenn sie gebraucht werden. Und Annalena Baerbock würde ich jederzeit wählen, wenn es um „Deutschland sucht den Grundschullehrer-Superstar“ ginge. Aber dass immer noch zwischen 15 und 20 Prozent der Deutschen ernsthaft überlegen, dieser…unbedarften… Frau und ihrer grünen Partei das deutsche Kanzleramt anzuvertrauen, damit sie uns sicher durch Krisen, Katastrophen und Kriege führen, genau das ist das eigentliche Problem. Wir müssen uns besinnen auf die alten deutschen Tugenden. Und wir müssen Politiker wählen, die ihrem Land dienen wollen. Und die konservativ sind.
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Klaus Kelle
Neueste Früher Vogel
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Klaus Kelle, Chefredakteur