Donald Trump auch in New Hampshire vorn
Nach Auszählung von 32 Prozent der Stimmen verfestigten sich die Hochrechnungen: Donald Trump lag je nach Institut zwischen 52 und 54% Prozent der Stimmen, seine einzige verbliebene Konkurrentin, Nikki Haley aus South Carolina, zwischen 44 und 46%. Richtig ist, dass New Hampshire einer der kleinsten Staaten der USA ist. Es war daher nur eine kleine Anzahl von Delegierten am Dienstag zu gewinnen. Aber die ersten drei Vorwahlen sind in ihrer Indikatorfunktion nicht zu unterschätzen.
Ron DeSantis schon vor den Wahlen ausgestiegen
Nach den republikanischen Vorwahlen in Iowa hatten sich die letzten drei Mitbewerber aus dem Rennen verabschiedet. Bei dem ehemaligen Gouverneur aus Arkansas Asa Hutchinson war es erwartet worden. Auch der self-made Milliardär Vivek Ramamswamy konnte sich nicht wirklich durchsetzen. Die Zustimmungsraten sanken beständig. Der Sohn indischer Immigranten war der Einzige, der sich durchgehend hinter den ehemaligen Präsidenten Donald Trump gestellt hatte. Zuletzt hatte sich vor drei Tagen der floridianische Gouverneur Ron DeSantis zurückgezogen. Er war zwar in Iowa zweiter geworden, aber der Rückstand zu Trump war wohl zu groß.
Zudem waren dem italienischstämmigen Katholiken in New Hampshire keine Chancen eingeräumt worden. Und die nächsten Vorwahlen finden in South Carolina statt, also in dem Staat, deren Gouverneurin Nikki Haley für mehrere Jahre war. Und so gab der Harvard-Absolvent dann seinen Rückzug bekannt. Zur Überraschung aller forderte er seine Anhänger auf, jetzt den ehemaligen Präsidenten Trump zu unterstützen. Der hatte während des Wahlkamps keine Gelegenheit ausgelassen, seine Gegner unter der Gürtellinie anzugreifen. Dazu zählten insbesondere seine radikalen Gegner Christie und Hutchinson, aber eben auch Ron DeSantis und Nikki Haley. Dafür gibt es nur eine Erklärung: DeSantis‘ Abneigung gegen die Tochter aus Indien eingewanderter Akademiker war noch größer als diejenige gegen den Unternehmer aus New York. Diese hatte sich in den vergangenen Monaten derart aggressiv an ihrem Konkurrenten abgearbeitet, dass der sich jetzt an ihr rächte. Unklar, warum sie diesen Weg einschlug. Unklar, warum er seinen Anhängern überhaupt jemanden anempfahl.
Hat Nikki Haley noch eine Chance?
FOX News Kommentator Charles Hurt sprach richtigerweise von einem „großen Sieg“ des New Yorkers. Der schwarze floridianische Abgeordnete Byron Donalds legte sich am Abend fest: „Es ist vorbei.“ Und selbst der beliebte Senator Tim Scott aus South Carolina tauchte völlig unerwartet bei Trumps Siegesparty in Nashua auf und ergriff zugunsten des ehemaligen Präsidenten das Wort: „In South Carolina sind die Vorwahlen vorbei.“ Scott war einer der republikanischen Bewerber und von Nikki Haley bei seiner Wahl zum Senator unterstützt worden.
Nikki Haley konterte in ihrer Ansprache in der Hauptstadt Concord: „Dieses Rennen ist weit davon entfernt, vorbei zu sein. Ich bin eine Kämpferin und wir machen weiter.“
Haley rechnet mit einem klaren Sieg in South Carolina, ihrer Heimat. Denn das Ergebnis in New Hampshire ist auf den ersten Blick für sie ermutigend. In Iowa lag sie noch unter 20 Prozent, Trump bei 49. Ramaswamy hatte in Iowa noch 4 %, DeSantis 21. Es sieht also so aus, als wenn es Donald Trump nur gelungen wäre, die Anhänger Ramaswamys hinter sich zu scharen. Die restlichen Republikaner (im Fall DeSantis‘ entgegen seinem Aufruf) unterstützten die 53jährige. Nun liegt sie nur 10 Punkte zurück. Uneinholbar? Wohl ja, denn in New Hampshire waren die Umstände für die ehemalige Botschafterin außergewöhnlich günstig.
Zunächst hatte die Betriebswirtin in New Hampshire besonders intensiv Wahlkampf betrieben, der aktuelle Gouverneur Chris Sununu hatte sich hinter sie gestellt, und zu guter Letzt ist das Wahlrecht in New Hampshire ungewöhnlich. Es lässt nämlich bei den Vorwahlen die Teilnahme von Bürgern zu, die entweder gar nicht oder sogar als demokratische Wähler registriert sind. In seiner Ansprache wies Trump zu Recht darauf hin, dass diese fast ausnahmslos Nikki Haley wählten. Nur 25 Prozent der Republikaner hätten tatsächlich für sie gestimmt.
Und weiter: „Wir haben Iowa und New Hampshire gewonnen. Das ist seit 1976 noch niemandem gelungen.“ Damals waren erstmals diese beiden Staaten als erste in den Vorwahlen festgelegt worden.
Was ist sein Geheimnis?
Der mittlerweile pensionierte Kommentator Brit Hume ergriff in einer Diskussionsrunde das Wort und kritisierte Trumps herablassende Wortmeldung zu seiner Konkurrentin am selben Abend: „So agiert kein Sieger.“ Er hat Recht. Und dennoch schadet es Trump nicht. Der demokratische Analyst und Demoskop Mark Penn und FOX-Kommentator Sean Hannity waren sich am Wahlabend einig: Trump hat die republikanische Basis fest im Griff. Er ist einzigartig. Er trotzt den klassischen politischen Gesetzen; und ist vielleicht gerade deshalb erfolgreich. Seine Sprache und sein Verhalten sind konfrontativ. Seine Gegner (in allen Parteien) sind empört über die Verhärtung der politischen Sprache und Kultur.
Sollte Nikki Haley ihre Kandidatur beenden, so wäre das vermutlich auch das Ende der letzten klassischen Neocons, die die Politik der Republikanischen Partei (GOP) seit der Präsidentschaft Ronald Reagans bestimmt hatten. Dafür standen sicher die ehemaligen Gouverneure Asa Hutchinson, Mike Pence und Chris Christie sowie im Grunde auch Tim Scott. Aber deren Kandidaturen sind bereits Geschichte.
Biden gewinnt ohne Wahlkampf zu machen
Der ehemalige Gouverneur Mike Huckabee prophezeite jetzt einen Erdrutschsieg Donald Trumps nicht nur in den Vorwahlen, sondern auch in den Präsidentschaftswahlen im Herbst.
Vorsicht: So schnell schießen die Preußen auch nicht. George Bushs stellvertretender Stabschef Karl Rove wies drauf hin, dass es in der GOP eine massive Spaltung gäbe: 60 Prozent der Trump-Wähler in New Hampshire hatten angegeben, sie würden bei einer Niederlage Trumps in keinem Fall Nikki Haley wählen. Sogar 80 Prozent der Haley-Wähler würden im Falle ihrer Niederlage in keinem Fall Trump wählen. Und eine demokratische Abgeordnete: „Trump gewinnt für sich selbst und gegen den Republikaner.“ Die Basis der Republikaner hat sich geändert. Die klassischen Republikaner mögen zunehmend in der Minderheit sein; verschwunden sind sie deshalb nicht. Ohne eine starke Säule, die für sie steht, wird es wohl nichts mit einem Wahlsieg bei den Präsidentschaftswahlen. Hannitys und Humes Petitum, Trump möge zumindest einen moderaten running mate (pot. Vizepräsidenten) benennen, wird vermutlich ungehört verhallen. Zu groß das Ego des deutschstämmigen Milliardärs.
Und was macht der Präsident? Kaum beachtet gewann Joe Biden gestern locker (60%) die demokratischen Vorwahlen in New Hampshire. Wahlkampf hatte er keinen gemacht. Warum auch? Etwas Besseres als ein Durchmarsch seines Vorgängers im Amt bei der GOP kann ihm kaum geschehen.
Nikki Haley rief am Wahlabend ihren Anhängern zu: „Die Demokraten wünschen sich nichts sehnlicher, als im Herbst gegen Donald Trump anzutreten.“ Hume sekundierte: „Die Republikaner sind schwach. Niemand wird die Demokraten so motivieren wie Donald Trump.“
Dem Land und seinen Alliierten hilft allerdings ein Präsident aus Mangel an Alternativen wenig.
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Klaus Kelle, Chefredakteur