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„Ich wünsche mir mehr Trump“

INTERVIEW Sylvia Pantel (WU): „Ich bedauere nicht, dass ich nicht mehr in der CDU bin“

KLAUS KELLE
Sylvia Pantel, stev. Vorsitzende der konservativen WerteUnion

Nachdem kürzlich die konservative WerteUnion ihren Bundessparteitag in Berlin veranstaltet hat, beginnt morgen in Eisenach der Bundesparteitag des Bündnis Deutschland. Zwei Kehrseiten einer einzigen, viele meinen notwendigen, Medaille. Eine Verbindung, die zusammengehört wie Top auf Deckel, zwei so gleiche Partner, die wie die Königskinder im Volkslied aber nicht zuammenkommen:

„Es waren zwei Königskinder,
die hatten einander so lieb,
sie konnten beisammen nicht kommen,
das Wasser war viel zu tief“

Eine der markantesten Figuren bei der WerteUnion ist die langjährige frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel, einst Sprecherin des „Berliner Kreises“ in der Bundestagsfraktion, heute stellvertretende Bundesvorsitzende neben Hans-Georg Maaßen.

Frau Pantel, sie waren acht Jahre für die CDU im Bundestag, direkt gewählt. Sie waren Sprecherin des Berliner Kreises in der Bundestagsfraktion. Dann hat es Ihnen gereicht.Heute sind Sie stellvertretende Bundesvorsitzende der konservativen WerteUnion, die bei den Ost-Landtagswahlen gescheitert ist. Gleichzeitig befindet sich die Union derzeit unter Merz auf einem Höhenflug. Bedauern Sie schon, dass Sie da nicht mehr dabei sind?

Nein, ich bedauere nicht, dass ich nicht mehr dabei bin. Ich würde mich heute schämen, ein Mitglied dieser Bundestagsfraktion zu sein. Derzeit könnte Politik gemacht werden, und leider ist ganz klar zu erkennen, dass Friedrich Merz sich selbst am wichtigsten nimmt und dann die Partei und erst danach unser Land kommt. Bei mir stand und steht immer das Land an erster Stelle. 

Am Wochenende findet in Eisenach der Bundesparteitag vom Bündnis Deutschland statt. Vor eineinhalb Jahren schien klar, dass WerteUnion und Bündnis Deutschland fusionieren und die sogenannte Repräsentationslücke zwischen Union und AfD füllen. Davon ist nichts geblieben. Strategische Fehler, Intrigen, persönliche Animositäten. Wie man hört, hat sich bis heute nichts geändert. Der einflussreiche Markus Krall hat per X mitgeteilt, dass Pläne für ein Zusammengehen beider Parteien nun definitiv begraben seien. Sehen Sie das auch so?

Auch hier bin ich anderer Ansicht. Ich bin erst seit circa zwei Monaten in die Gespräche involviert. Es sind ganz viele offene Fragen, die beantwortet werden müssen, bevor man eine solche Fusion eingehen kann. Wir sind unseren Mitgliedern verpflichtet, genau hinzusehen und auch das Kleingedruckte zu lesen, bevor wir eine solche Entscheidung treffen. Die Gespräche sind ausgesetzt, sie sind nicht beendet.

Eine Fusion macht prinzipiell Sinn, weil unsere Programme nahezu deckungsgleich sind. Wir sollten uns nicht gegenseitig Konkurrenz machen, sondern lieber gemeinsam eine Politikwende vorantreiben .

Als Betrachter von außen hat man den Eindruck, das Haupthindernis für ein Zusammengehen sind Eitelkeiten, persönliche Enttäuschungen bis hin zu tiefer Abneigung unter den entscheidenden handelnden Personen. Selbst wenn es programmatisch passt – wie soll das denn funktionieren mit all den Alphatieren auf beiden Seiten?

Eitelkeiten spielen auf unserer Seite keine Rolle. Allerdings sind wir die größere Partei mit höherem Bekanntheitsgrad, das muss sich auch beim Zusammengehen widerspiegeln.

Ende Februar wird ein neuer Bundesstag gewählt. Die Fristen dafür sind mörderisch für kleine Parteien wie die WerteUnion, allein um die 27.000 Unterschriften zusammenzubekommen, eine Kampagne auf die Beine zu stellen, überall sichtbar zu sein und das Geld dafür zusammenzukratzen. Müsste der Startschuss schon heute gegeben werden. Treten Sie an?

Wir sind gerade noch in der Beratung und überlegen, ob wir die Voraussetzungen erbringen könnten. Da die Situation in unserem Land so ernst ist, dürften wir eigentlich keine Gelegenheit verstreichen lassen, um einen Politikwechsel zu erreichen  – auch wenn die Risiken hoch sind

Gäbe es jetzt noch die Chance, dass WU und Bündnis Deutschland eine gemeinsame Liste zur Wahl einzureichen?

Da Bündnis Deutschland bereits Aufstellversammlungen terminiert hat, und wir auch für eine Fusion strenge Regeln einhalten müssen, ist das wohl für die jetzige vorgezogene Bundestagswahl kaum noch möglich. Aber bei anderen Wahlen ist es denkbar.

Bei den Wahlkämpfen in Ostdeutschland war unübersehbar, dass zwar die Basis mit viel Herzblut an die Sache heranging, dass es aber an jeglicher Professionalität mangelte. Wie wollen Sie das in den nächsten dreieinhalb Monaten hinbekommen?

Wir sind ein politisches Start-Up, nicht mal neun Monate alt – und ja, wir haben Fehler gemacht, aus denen wir lernen. Wir sind derzeit in 13 Bundesländen mit Landesverbänden vertreten. Hamburg wird am 8. Dezember gegründet, dann fehlen nur noch Bremen und das Saarland. Auch weitere Strukturen sind im Aufbau. Wir bauen unsere Basis mit großem Engagement, haben ein hervorragendes Programm und engagierte Kandidaten unter unseren Mitgliedern, von denen übrigens mehr als zehn Prozent Unternehmer sind. Wir glauben an eine bessere Politik und dass wir zum Wandel beitragen können: gegen Wokeness und jegliche Ideologie. Es freut mich, dass  unsere Partei die Themen Freiheit, Familie, Wirtschaft sowie innere und äußere Sicherheit zu Hauptthemen gemacht hat. 

Kommen wir nochmal zurück zu Ihrer früheren Partei, der CDU. Die hat derzeit die Nase vorn, hat alle Optionen im Bundestag und agiert dennoch hasenfüßig, wenn sie zum Beispiel an die dringend gebotene Begrenzung der Massenmigration denken. Warum stellen die nicht einfach einen vernünftigen Antrag mit ihren Überzeugungen zur Diskussion, und dann schauen wir mal, wie das Hohe Haus abstimmt?

Die Argumentation von Friedrich Merz, dass er keine zufälligen Mehrheiten haben möchte, hat mich bestürzt. Deutschland hat keine Zeit für Spielchen. Deutschland braucht dringend die sofortige Grenzkontrolle mit Zurückweisung, Ausweisung straffälliger Asylanten, Entbürokratisierung und eine preiswerte und verlässliche Energieversorgung. Nicht vergessen: Die CDU war in der letzten Legislaturperiode maßgeblich an den belastenden Gesetzen für Deutschland beteiligt. Nun sollte Herr Merz zeigen, dass es ihm ernst ist mit einer Politikwende. Ich wünsche mir ein bisschen mehr „Trump“. Der zeigt gerade wie Disruption geht. Merz dagegen scheint mir zu taktieren, damit es zwischen Schwarz und Rot oder Grün nach den Wahlen passt. Den Schaden für den dann eintretenden Stillstand müssen die Wähler ertragen. Die Brandmauer zur AfD sehe ich als undemokratisch an.

 

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Klaus Kelle, Chefredakteur