„Newspeak“ und Schulungen: Wie „feministische Außenpolitik“ das Auswärtige Amt auf Linie bringt

Als Annalena Baerbock vor zwei Jahren das Amt des Bundesministers des Auswärtigen antrat, konnte sie ihre programmatischen Blütenträume nicht gleich umsetzen; weder in Sachen grüne Klimapolitik, noch bei ihrem Steckenpferd, der „feministischen Außenpolitik“. Für so etwas war erst einmal keine Zeit. Es galt, sich der Realität zu stellen. Schließlich war ein echter Krieg in Europa ausgebrochen, und es standen „Hard Power“-Themen auf der Tagesordnung. So konnte sich das Feministische zunächst nur durch einen massiven Schub in der Einstellungs- und Beförderungspolitik des Auswärtigen Amtes auswirken. Seit fast genau einem Jahr geht es nun richtig zur Sache.
„Feministische Außenpolitik“ ist ein Reizwort
Es ist sogar ausdrücklich so konzipiert. Aber wenn man einmal nur die Sache betrachtet, die mit diesem ungefügen Ausdruck gemeint ist, dann hat das Thema im Auswärtigen Amt schon eine lange Geschichte. Unter dem ebenfalls „grünen“ Außenminister Joschka Fischer war vor über 20 Jahren die erste Stelle für „Gender Mainstreaming“ im „AA“ eingeführt worden; damals eine einzelne Person im Planungsstab. Seinerzeit wurde noch Wert darauf gelegt, das sei nicht mit „Gleichstellung“ zu verwechseln oder zu vermischen; vielmehr gehe es darum, „Gender“-Aspekte in alle Politikbereiche einzubringen. Mittlerweile ist das alles in einem großen ideologischen Gesamt-Ansatz zusammengeflossen.
Liest man das wortreiche Konzept der „feministischen Außenpolitik“, dann bildet sich zunächst kein klares Bild. Es ist ein Sammelsurium all dessen, was das AA ohnehin schon immer machte oder machen wollte, nun aber systematisiert und mit dem Etikett „feministisch“ versehen. In der Menschenrechtspolitik war es immer schon besonders um den Schutz von „vulnerablen“ Gruppen und Minderheiten gegangen, und selbstverständlich um Frauenrechte. Aber alles wird nun feministisch „gelesen“.
Das könnte leicht so klingen, als gehe es nur um „Window Dressing“, um Etiketten für das, was ohnehin geschieht. Aber das täuscht. Es dauert nun mal eine Weile, bis man aus Feminismus und Außenpolitik – zwei Themen die sich so schlecht vermischen lassen wie Wasser und Öl – etwas Neues, Eigenes angerührt hat. Aber man kommt voran. Ganz leise und konsequent wird aus der Feministischen Außenpolitik so etwas wie eine Haltung, die man zeigen muss, eine Sprache die man zu sprechen hat, eine Wertung, die in alles einzugehen hat. Es ist wie ein monströs aufgeblasenes Gender Mainstreaming, das ausdrücklich auch für die Binnenkommunikation gilt; und man muss schon sehr aufpassen, um nicht gegen den neuen Comment zu verstoßen.
Da gibt es zum Beispiel eine 25-seitige Handreichung zum Sprachgebrauch
Darin werden gewünschte Formulierungen in amtlichen Äußerungen neben solche gestellt, die gerade noch zulässig sind und durch „rote Linien“ abgegrenzt gegen solche, die auf gar keinen Fall benutzt werden dürfen. Als Grundlage für die Arbeit im multilateralen Bereich, in EU, UNO oder ihren zahlreichen Unterorganisationen ist das nicht überraschend. Wo ständig Texte konsentiert und Sprachregelungen abgeglichen werden müssen, da kommt es in der Tat auf jedes Wort an. Aber als Handreichung für alle Auslandsvertretungen?
Natürlich wurde der Newspeak zuerst in der Zentrale des Amtes in Berlin eingeführt; mehr via facti, als per schriftlicher Weisung. Aber schon vor einem Jahr waren dann die Auslandsvertretungen dran. An einer jeden – egal ob Botschaft, Konsulat oder Ständige Vertretung – waren verpflichtend Beauftragte für feministische Außenpolitik zu benennen. Soweit nicht im Einzelfall anders geregelt, hat das die „Nummer zwei“ der Botschaft oder des Konsulates zu sein (damit niemand das Thema dilatorisch behandeln kann). Die Nachricht wurde verstanden. Und nicht wenige Botschafter lassen es sich nicht nehmen, dieses der Amtsleitung so wichtige Thema selbst an sich zu ziehen.
Es gibt nun aber noch etwas, das für das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland gänzlich neu ist, eine echte grüne Innovation: Regelrechte politische Schulungen, die natürlich nicht so heißen, aber erkennbar den Zweck haben, alle Mitarbeiter, entsandte und lokal beschäftigte, politisch auf Linie zu bringen – und in einen Wettbewerb um den schönsten Erfolg bei der „Umsetzung“ feministischer Außenpolitik! Als Ergebnis wird dann z.B. eine Matrix erstellt, in der „Best Practise“- Beispiele aufgelistet werden. Der reinste Schönheitswettbewerb der politischen Korrektheit. Was jenseits der roten Linien liegt, wird konsequent ausgeschlossen.
DIe Amtsspitze verstößt gegen eigene, amtliche Vorgaben
Es versteht sich von selbst, dass auch die verbiesterte „Gendersprache“ durchgedrückt wird; wiederum – durchaus typisch für das Haus am Werderschen Markt – en passant und mehr durch das „gute Beispiel“ der Amtsleitung, als durch papierene Regeln. So geht das auch viel besser, sogar gegen die schriftliche Weisungslage. Enthält doch der Fünfte Gleichstellungsplan des Auswärtigen Amts zum Thema „Gendersprache“ den ausdrücklichen Hinweis, dass diese zum amtlichen Gebrauch „nicht empfohlen“ werde – mangels Barrierefreiheit dieser unschönen Sprech- und Schreibweise.
Und was ist mit den Inhalten? Auch die kommen nicht zu kurz! So ist die deutsche Außenpolitik inzwischen darauf verpflichtet, überall für sog. „sexuelle und reproduktive Rechte“ einzutreten. Das ist ein typischer Fall beschönigender Redeweise und bedeutet in 90 Prozent der Fälle nichts anderes als Förderung von Abtreibung. Und das nicht mehr nur bei multilateralen Verhandlungen zum Thema, sondern grundsätzlich auch in den bilateralen Beziehungen mit Partnerländern.
Kindstötung als „reproduktive Gesundheit“? Aus einem Bundesministerium?
In dieser Hinsicht feierte die feministische Außenpolitik Ende Mai dieses Jahres beim G7-Gipfel in Hiroshima einen ersten (fragwürdigen) Höhepunkt, wenn auch außerhalb der Wahrnehmung der deutschen Öffentlichkeit. In der Schlusserklärung der Staats- und Regierungschefs findet sich unter dem Punkt „Gleichstellung der Geschlechter“ (!) folgender Passus:
„Wir bekräftigen unser uneingeschränktes Engagement für die Verwirklichung umfassender sexueller und reproduktiver Gesundheit und damit verbundener Rechte für alle Menschen, einschließlich der Frage des Zugangs zu sicherer und legaler Abtreibung und der Versorgung nach der Abtreibung“.
Bundeskanzler Scholz hat das unterschrieben. Umsetzen darf es seine Regierung aber nicht, denn es widerspricht unserer Rechtsordnung, umfassend dokumentiert in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
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Klaus Kelle, Chefredakteur